Schwerarbeit für neuen SPÖ-Chef Doskozil
Hans Peter Doskozil hat den Kampf um den Parteivorsitz für sich entschieden. Die vielen Genossinnen und Genossen, die ihn nicht auf diesem haben wollten, muss er aber erst von seinem Tun überzeugen.
Wien – Nach der internen Wahl ist vor der internen Schwerarbeit. Hans Peter Doskozil hat das Match gegen Andreas Babler formal mit 53,02 zu 46,8 Prozent Zuspruch beim Sonderparteitag für sich entschieden. Trotz Mehrheit stehen damit vorerst viele Genossinnen und Genossen nicht hinter ihm. Die muss er davon überzeugen, dass er der Richtige als SPÖ-Chef und Spitzenkandidat für die Nationalratswahl ist. Und die könnte es schon vor dem regulären Termin im Herbst 2024 geben.
Eine schwierige Aufgabe für den burgenländischen Roten. Seit gestern laufen Gespräche, wie die Anhänger des Traiskirchner Bürgermeisters Andreas Babler „eingebunden“ werden können. Von solchen ist zu hören, dass sie die Partei, der sie wegen ihm beigetreten sind – es waren 10.000 –, wieder verlassen wollen. Und dass eine Chuzpe sei, dass just jener, der mit seinen verbalen Querschüssen zum Zustand der SPÖ beigetragen habe, diese nun führe – und Einigkeit postuliere. Doskozil habe ein Glaubwürdigkeitsproblem.
Wie will Doskozil diese Leute für sich gewinnen? Babler öffentlich die Hand zu reichen wie am Samstag in Linz, reicht nicht. Werden Babler und/oder Proponenten Posten von Doskozil geboten? Oder wird inhaltliche Mitsprache offeriert? Nach dem Abgang von Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch, er war an der Seite von Doskozils Vorgängerin Pamela Rendi-Wagner, ist seine Stelle zu besetzen. Und ein neuer Klubchef im Parlament ist zu küren. Dessen Wahl steht in der SPÖ-Fraktionssitzung vor der Nationalratstagung Mitte Juni an. Bei einem Parteipräsidium und einem Parteivorstand am Dienstag ist nicht nur das auf der Agenda, wie der burgenländische Geschäftsführer Roland Fürst der Tiroler Tageszeitung sagte: „Wir analysieren den Prozess der vergangenen Monate, den Parteitag – und dann setzen wir die nötigen Schritte für die Parteizentrale und den Parlamentsklub.“ Bemerkenswertes Detail am Rande: Doskozil war Präsidium und Vorstand stets ferngeblieben, nun leitet er beide Gremien.
Fürst sagt erwartungsgemäß noch nicht, was Doskozil personell vorhat, auch nicht, ob dieser ein „Schattenkabinett“ bilden will. „Es geht nicht in erster Linie um Posten.“ Auch Babler – der im Bundesrat ist – habe wissen lassen, dass es ihm nicht um Funktionen gehe. Fürst sagt nur so viel: „Die Partei wird nicht weitergeführt wie bisher. Sie wird organisatorisch, personell und strategisch so aufgestellt, dass Wahlen zu gewinnen sind. Ein Paradigmenwechsel ist notwendig.“
Doskozil wird wohl einen Intimus als Parteimanager installieren, etwa Max Lercher, der die Kampagne für Doskozil als Vorsitzkandidat koordiniert hat. Lercher war schon unter Christian Kern, der nun im Doskozil-Lager ist, Bundesgeschäftsführer gewesen. Dass Babler zu diesem Job kommen könnte, gilt als unwahrscheinlich. Erstens, weil Geschäftsführer Vertrauensleute des Parteichefs sind und sein müssen. Zweitens, weil sich Babler wohl nicht in der Form einbinden und damit an Doskozil binden wolle, wie es heißt.
Auch im Parlamentsklub braucht Doskozil eine Vertraute oder einen Vertrauten an der Spitze. Und so kommt Lercher auch dafür in Frage. Ihn oder einen anderen seiner Fürsprecher unter den Mandataren zum Klubchef machen kann Doskozil nicht. Der Fraktionschef wird gewählt – und das geheim. Eine Mini-Mehrheit für seinen Anwärter oder gar keine wäre eine erste Niederlage für den neuen Chef der Sozialdemokraten.
Ergo könnte die Nationalratsabgeordnete und Ex-SJ-Chefin Julia Herr, die sich für Babler starkgemacht hat, zum Zug kommen. Sie zeigte sich nach dem Parteitag nicht abgeneigt – sofern Doskozil auf Babler und Co. zugeht. Herr wird alternativ auch als Bundesgeschäftsführerin gehandelt. Nur Männer in sein Team zu holen, kann sich Doskozil politisch nicht leisten. SPÖlerinnen sind auf ihn ohnehin nicht gut zu sprechen. Wegen seines Umgangs mit Rendi-Wagner – und weil er gegen eine Quote ist.
Weiters schwierig für Doskozil: Er hat kein Mandat im Hohen Haus. In diesem selbst nicht auf der Bühne zu stehen, ist primär für einen Oppositionschef ein Handicap, ein noch größeres vor einer Nationalratswahl.
Auch Doskozils Festlegung für die Zeit nach der Wahl – kein Pakt mit der FPÖ, keiner mit der ÖVP, sondern einer mit Grünen und NEOS – missfällt manchen in der Partei. So auch dem Wiener Bürgermeister Michael Ludwig. Dieser wertet Doskozils Ansage nur als Vorschlag. „Wie das dann in der weiteren Diskussion ausschaut, wird man noch sehen.“ Andere Wiener Rote können Doskozils Festlegung ebenfalls „nicht nachvollziehen“, wie sie der TT sagten. Zu glauben, damit die Babler-Fans zu befrieden, sei naiv. Dazu bedürfe es mehr.
Eva-Maria Holzleitner, SPÖ-Frauenchefin und Nationalratsabgeordnete aus Oberösterreich, findet Doskozils Koalitionspositionierung aber gut. In den schwarz-blau geführten Bundesländern – Oberösterreich, Niederösterreich und Salzburg – gebe es sogar Rückschritte in der Frauenpolitik. Etwa eine „Herdprämie“ in Salzburg. „Von dem her kann ich diese Ankündigung durchaus nachvollziehen und auch unterstützen“, sagte Holzleitner in der ORF-Sendung „Hohes Haus“. Ziel müsse „eine progressive Mehrheit“ nach der kommenden Wahl sein.