Osttiroler Volksschüler im Erste-Hilfe-Kurs: „Wir würden uns das auch in echt trauen“
Viertklassler machen in Osttirol nicht nur die Fahrradprüfung, sondern parallel dazu auch einen Erste-Hilfe-Kurs. Das Pilotprojekt dient als Vorbild für ganz Tirol.
Lienz – Jonas und sein Klassenkamerad Jonas aus der Volksschule Lienz-Süd üben gerade, eine Kniewunde zu verbinden. Erst kommt ein Bub dran, dann der andere. Es ist gar nicht so schwer, sagen sie. „Man muss nur gut zuhören, wenn es erklärt wird.“ Erste Hilfe zu trainieren ist für die zwei Viertklassler eine gute Sache, im Ernstfall wüssten sie sich zu helfen. „Wir würden uns das auch in echt trauen“, sagen sie.
Neben Jonas und Jonas finden sich etwa 270 weitere Kinder in der Lienzer Tennishalle, sie besuchen alle eine vierte Klasse an einer Osttiroler Volksschule. Die Radfahrprüfung gehört im vierten Schuljahr zum Programm, damit die Buben und Mädchen sicher unterwegs sind. Parallel dazu läuft ein Erste-Hilfe-Kurs, den die Schulen gemeinsam mit dem Jugendrotkreuz und den Blaulichtorganisationen durchführen. Diese Kombi-Ausbildung gibt es bisher noch nirgends. Sie soll aber in Zukunft auch in anderen Tiroler Bezirken umgesetzt werden.
Lehrerin Conny Schroffenegger-Bodner und die Lienzer Volksschuldirektorin Maria Bürgler bilden das Leitungsteam des Osttiroler Jugendrotkreuzes. „Es ist sinnvoll, zur Radprüfung auch Erste Hilfe zu lernen. Da wissen die Kinder gleich, was bei einem Radunfall zu tun ist“, erklären die beiden. Das kann ein Sturz in der eigenen Freundesgruppe sein oder eine verletzte Person, die man unterwegs antrifft. Nach dem dreistündigen Training sind die Viertklassler in der Lage, eine Unfallstelle abzusichern, die Einsatzkräfte richtig zu alarmieren und einiges mehr.
Samantha und Ilyas trainieren an der Übungsstation die stabile Seitenlage. Ilyas ist das bewusstlose Unfallopfer, Samantha die Ersthelferin. Erst muss sie ganz vorsichtig den Fahrradhelm abnehmen, dann den Arm von Ilyas waagrecht zur Seite legen. Am Ende gibt es Applaus für beide. Samantha erklärt, wie sie die Einsatzkräfte alarmieren würde: „Ich rufe bei 144 an, dann sage ich wo ich bin, wer bewusstlos ist, wenn ich das weiß, und wer ich selbst bin.“
📽️ Video | Erste-Hilfe-Kurs für Kinder in Osttirol
Eines der Ziele ist, dass die Kinder die Blaulichtorganisationen besser kennen lernen und keine Scheu haben, mit den Einsatzkräften zu sprechen – ob Polizei, Rotes Kreuz oder Bergrettung. Michael aus St. Jakob probiert, wie es sich anfühlt, einen Alkoholtest zu machen, und seine Schulkollegin Laura setzt sich ins Polizeiauto und schaltet das Blaulicht ein. „Das ist cool“, sagt sie. „Da erkennt man gleich, dass das ein Polizeiauto ist.“ In der Zwischenzeit versorgt Elias von der VS Lienz-Süd eine Radfahrerin, die neben ihrem Rad auf dem Boden liegt. Er hat sie vorsorglich zugedeckt und wartet mit ihr, dass die Rettung kommt.
Unter den Übungsleiterinnen sind auch Leah Steiner aus Prägraten und Marie Gasser aus Virgen. Die beiden Schülerinnen der Polytechnischen Schule in Matrei i. O. sind selbst noch sehr jung, kennen sich aber in Erster Hilfe blendend aus. Sie gehören zu einem Bewerbsteam, das Tirol ab Dienstag bei den Bundesmeisterschaften in Kärnten vertreten wird.