Rammstein spielten in München vor vollem Stadion und hielten still
Die Rockband Rammstein sieht sich Vorwürfen wegen des Umgangs mit weiblichen Fans ausgesetzt. Mit Spannung wurde nun das erste Deutschland-Konzert ihrer aktuellen Europatour erwartet.
München, Wien – Vor dem vollen Münchner Olympiastadion hat die Rockband Rammstein am Mittwoch das erste Deutschlandkonzert ihrer aktuellen Europatournee gespielt. Auf die zuletzt von Frauen erhobenen Vorwürfe der sexuellen Übergriffigkeit gegen Frontmann Till Lindemann ging die Band bei ihrem Auftritt nicht ein. Sänger Lindemann gab sich zwischen den Songs wie gewohnt wortkarg. Das Publikum verabschiedete er mit den Worten: „München, danke, dass ihr hier seid. Danke, dass ihr bei uns seid."
Aufgrund der Vorwürfe hatten vor dem Konzert rund 60 Menschen gegen den Auftritt der Band protestiert und Ankommende zum Boykott aufgefordert mit Transparenten wie „Das Opfer ist nie schuld" oder „Keine Show für Täter". Die Polizei musste einzelne aggressiv auftretende Fans von den Protestierenden fernhalten. Nach Angaben eines Sprechers der Polizei verlief die Versammlung ohne größere Zwischenfälle.
📸 Bildergalerie | Proteste vor Rammstein-Konzert
Konzept für Aftershowpartys geändert
Für das Münchner Konzert gab es jedenfalls bereits Konsequenzen. Eine Fanreihe im Sicherheitsbereich unmittelbar vor der Bühne, die sogenannte Reihe Null, wurde verboten. Das Konzept für die Aftershowpartys sei ebenfalls geändert worden, hieß es im Umfeld der Berliner Band. Die Stadt Berlin indes hatte am Mittwoch angekündigt, für die Auftritte der Band in der deutschen Hauptstadt die Aftershowpartys überhaupt zu verbieten.
Dazu meldete sich nun auch ÖVP-Frauenministerin Susanne Raab via Twitter zu Wort: „Die Videos und Berichte vieler Frauen über sexuelle Gewalt bei Rammstein-Konzerten schockieren und machen mich sehr betroffen. Ich halte die Debatte in Deutschland über Möglichkeiten zum besseren Schutz von Frauen bei den Konzerten für richtig. Die Veranstalter und die Stadt Wien sind im Hinblick auf die geplanten Rammstein-Konzerte im Juli gefordert, geeignete Schutz-Konzepte zu erstellen." In Wien werden Rammstein am 26. und 27. Juli im Happel-Stadion erwartet.
Bei ihrem gestrigen Auftritt in München verzichtete die Kultband jedenfalls auf das Lied „Pussy", zu dem Lindemann sonst das Publikum seit Jahren mit einer riesigen, penis-förmigen Schaumkanone bespritzte. Mehrere Frauen haben in den vergangenen Tagen – teilweise anonym – den Vorwurf des sexuellen Übergriffs gegen Rammstein-Frontmann Lindemann erhoben. Die Frauen schildern Situationen, die sie teils als beängstigend empfunden hätten. Junge Frauen seien während Konzerten ausgewählt und gefragt worden, ob sie zur Aftershowparty kommen wollen. Dabei soll es nach Schilderungen einiger Frauen auch zu sexuellen Handlungen gekommen sein. Teils wurde über die Verwendung von K. O.-Tropfen und anderen Substanzen spekuliert.
Stellungnahme veröffentlicht
Rammstein in „Schockstarre“: Das sagt die Band zu den Vorwürfen gegen Sänger Lindemann
YouTuberin mit Anschuldigungen
Junge Frau berichtet über Erfahrungen bei Rammstein-Konzert, Band geht Vorwürfen nach
Rammstein lässt Vorwürfe untersuchen
Zu den Vorwürfen gab Rammstein nun eine eigene Untersuchung in Auftrag. Dazu sollen schon Zeugenaussagen vorliegen. Eine Anwaltskanzlei befragt Mitarbeiter der Crew, das Sicherheitsteam, die Band. Auch möglicherweise betroffene Frauen sollen befragt werden. Und Rammstein trennte sich von einer bis dato in die Backstageaktivitäten eingebundenen Frau. In einer Stellungnahme von Rammstein hieß es, die Vorwürfe hätten sie sehr getroffen und man nehme sie außerordentlich ernst. „Unseren Fans sagen wir: Es ist uns wichtig, dass Ihr euch bei unseren Shows wohl und sicher fühlt – vor und hinter der Bühne."
Weiter hieß es in dem Schreiben vom Samstagabend: „Wir verurteilen jede Art von Übergriffigkeit und bitten euch: beteiligt euch nicht an öffentlichen Vorverurteilungen jeglicher Art denen gegenüber, die Anschuldigungen erhoben haben. Sie haben ein Recht auf ihre Sicht der Dinge." Auch die Band habe aber ein Recht – nämlich ebenfalls nicht vorverurteilt zu werden. Aus dem Umfeld der Band wird von gedrückter Stimmung, Nachdenklichkeit, ja „Schockstarre" berichtet. (APA, dpa, TT.com)