Experten sehen lokale Erfolge für Kiew bei Offensive
Insgesamt gebe es ukrainische Offensivhandlungen an vier Abschnitten der Front, so ein Bericht. Dagegen hatte das russische Militär mitgeteilt, die Angriffe dort und im Gebiet Donezk um die Stadt Bachmut erfolgreich abgewehrt zu haben.
Kaluga, Belgorod – Die ukrainischen Streitkräfte haben bei ihrer Offensive gegen die russische Armee im Gebiet Saporischschja im Süden des Landes nach Einschätzung westlicher Experten lokale Erfolge erzielt. Die Gewinne gebe es im Westen des Gebiets Saporischschja und dort im Südwesten und Südosten der Stadt Orichiw, teilte das US-Institut für Kriegsstudien (ISW) in Washington mit. Russische Angaben zufolge wurden die Angriffe aber zurückgeschlagen.
Insgesamt gebe es ukrainische Offensivhandlungen an vier Abschnitten der Front, hieß es seitens des ISW. Dagegen hatte das russische Militär mitgeteilt, die Angriffe dort und im Gebiet Donezk um die Stadt Bachmut erfolgreich abgewehrt zu haben.
Drohnen von beiden Seiten abgeschossen
Die ukrainischen Luftstreitkräfte informierten am Sonntag auch über den erneuten Abschuss von sechs Drohnen im Gebiet Charkiw und Sumy an der Grenze zu Russland. Am Samstag hatte die ukrainische Luftabwehr mitgeteilt, dass 2 Marschflugkörper und 20 Drohnen abgeschossen worden seien. Demnach hatte Russland 35 Drohnen und 8 Raketen auf Ziele in der Ukraine abgefeuert – auf militärische und wichtige Infrastruktur-Objekte. Die russischen Angriffe richteten sich demnach neben Odessa auch gegen Ziele in der Region Poltawa und in Charkiw.
Auch russische Regionen meldeten erneut Beschuss von ukrainischer Seite. In der Region Kaluga schlugen laut Behörden zwei Drohnen ein. Über Verletzte oder größere Schäden war zunächst nichts bekannt. Im an die Ukraine grenzenden Gebiet Belgorod, das seit Tagen beschossen wird, teilte Gouverneur Wjatscheslaw Gladkow am Sonntag mit, dass ein Güterzug mit 15 leeren Waggons entgleist sei. Verletzte gab es demnach nicht, der regionale Zugverkehr musste vorübergehend eingestellt werden. Die Hintergründe waren zunächst unklar. In Russland verüben immer wieder Schienenpartisanen Sabotageakte gegen Bahnanlagen, um militärischen Nachschub zu stoppen.
In den vergangenen Wochen hat es immer wieder Explosionen und Angriffe in der Region Belgorod gegeben, für die die Behörden die Ukraine oder pro-ukrainische Saboteure verantwortlich machen. Die Ukraine hat sich bisher nicht zu Angriffen innerhalb Russlands bekannt.
Nach Zerstörung von Kachowka-Damm läuft Vermisstensuche weiter
Nach der Zerstörung des Kachowka-Staudamms im Kriegsgebiet im Süden der Ukraine im Gebiet Cherson ging am Sonntag die Suche nach Vermissten weiter. Das ukrainische Innenministerium teilte am Sonntag mit, dass auf der von Kiew kontrollierten rechten Seite des Dnipro-Ufers noch 32 Ortschaften mit 3784 Häusern überschwemmt seien. 29 Menschen würden vermisst, hatte die Behörde am Vorabend mitgeteilt.
1400 Einsatzkräften seien beteiligt daran, die Folgen der Flut nach dem Bruch des Staudamms zu beseitigen, hieß es. Auch auf der von Russland besetzten Seite des Ufers dauerte die Evakuierung von Ortschaften an. Tausende Menschen wurden auf beiden Seiten des Flusses in dem umkämpften Gebiet in Sicherheit gebracht.
Die ukrainischen Behörden meldeten indes sinkende Wasserstände. Demnach stand der Hochwasserpegel des Dnipro in Cherson am Sonntagmorgen bei 4,18 Meter, gut einen halben Meter weniger als am Vortag. Das Wasser fließt ins Schwarze Meer ab. Der Betreiber des zerstörten Kachowka-Kraftwerks teilte mit, dass der Wasserstand im Stausee ebenfalls weiter sinke. Er lag demnach bei 9,35 Meter, das waren mehr als sieben Meter weniger als am Dienstag. Die weitere Entwicklung der Lage dort sei schwer vorhersehbar, hieß es.
Der Staudamm war in der Nacht zum Dienstag gebrochen. Die Ukraine wirft russischen Truppen vor, den Damm und das Kraftwerk vermint und gesprengt zu haben. Dagegen behauptet Russland, ukrainische Truppen hätten den Damm mit Raketenwerfern beschossen. Dutzende Ortschaften wurden überflutet. Experten sprechen von einer schweren Umweltkatastrophe. Bisher ist von insgesamt 13 Toten die Rede auf beiden Seiten des Gebiets, in dem auch die Kampfhandlungen weiter liefen.
Die Ukraine verteidigt sich seit mehr als 15 Monaten gegen den russischen Angriffskrieg, der am 24. Februar 2022 begonnen hatte. Das mit westlichen Waffen ausgestattete Land will sich im Zuge einer Gegenoffensive die von Russland besetzten Gebiete zurückholen. Dazu hatte Kiew zuletzt auch breite Offensivhandlungen und Angriffe seiner Truppen bestätigt. Es gab allerdings weiter keine klare Bestätigung, dass die seit Monaten angekündigte Großoffensive begonnen hat. Kremlchef Wladimir Putin hatte am Freitag gesagt, diese Offensive der Ukraine habe bereits begonnen.
Auswirkungen auf die Trinkwasserversorgung
Die Zerstörung des Kachowka-Staudamms dürfte nach britischen Erkenntnissen Auswirkungen auf die Trinkwasserversorgung der russisch besetzten Krim-Halbinsel haben. Der Dammbruch habe mit ziemlicher Sicherheit schwere Beeinträchtigungen der wichtigsten Frischwasserquelle der Krim, dem Nord-Krim-Kanal, verursacht, teilte das britische Verteidigungsministerium am Sonntag mit.
Das Wasser aus dem Kachowka-Reservoir werde bald aufhören, über den Kanal Richtung Krim zu fließen. Dies werde die Verfügbarkeit von Süßwasser im Süden des Gebietes Cherson und im Norden der Krim verringern, schrieben die Briten in ihrem täglichen Geheimdienst-Update. Russland werde den unmittelbaren Wasserbedarf der Bevölkerung jedoch vermutlich unter anderem mit Hilfe von Reservoirs, Wasserrationierungen und der Lieferung von russischem Flaschenwasser auffangen.
Die ukrainische Regierung bekräftigte am Sonntag ihre Vorwürfe, dass Russland den Kachowka-Staudamm gezielt zerstört hat, um die ukrainischen Streitkräfte im Süden des Landes am Vormarsch zu hindern. Die Sprengung des Damms aus dem Inneren des zugehörigen Wasserkraftwerks sei offenbar mit der Absicht durchgeführt, die ukrainischen Verteidigungskräfte daran zu hindern, eine Offensive in der Region Cherson zu starten, sagt Vize-Verteidigungsministerin Hanna Maljar. Zudem habe Russland damit die Entsendung von Reserven in die Gebiete Saporischschja und Bachmut ermöglichen wollen. (APA, Reuters, dpa)
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