Rat der EU-Energieminister

Gewessler: „Brauchen Strommarkt für Zukunft, nicht für Vergangenheit"

Österreichs Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) hat kein Verständnis für weitere Diskussionen über Atomenergie.
© APA/Hochmuth

Rat der EU-Energieminister in Luxemburg sucht „allgemeine Ausrichtung" zur EU-Strommarktreform. Österreich ist gegen die Positionen Frankreichs und Polens bei Atom- und Kohlekraftwerken.

Luxemburg – Die Ziele der von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen EU-Strommarktreform sind mehr umweltfreundlichere Energiequellen und stabilere Preise. Die Positionen der EU-Energieminister liegen jedoch vor ihrem Treffen am Montag weit auseinander. Streitpunkt ist wieder einmal die Atomenergie. „Wir brauchen einen Strommarkt für die Zukunft, nicht für die Vergangenheit", betonte Österreichs Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) vor dem Treffen in Luxemburg.

Sie habe „wirklich kein Verständnis, dass wir in Diskussionen über erneuerbare Energien immer wieder diskutieren, ob wir die teure und gefährliche Atomenergie subventionieren", sagte sie vor Journalisten. Gerade für Länder wie Österreich sei es wichtig, dass das Strommarktdesign der Zukunft auf erneuerbaren Energien basiere. Beim Ratstreffen soll eine allgemeine Ausrichtung zu den Vorschlägen der EU-Kommission beschlossen werden. Diese will Europas Energieversorgung unabhängiger von fossilen Brennstoffen aus Drittstaaten machen. Die Förderung erneuerbarer Energien soll nicht nur stabilere Preise für Verbraucher bringen, sondern auch zur Erreichung der EU-Klimaziele beitragen.

Gewessler: Vorschlag lässt „Scheunentor" für Atomenergie offen

Der auf dem Tisch liegende Vorschlag lasse laut Gewessler nicht nur eine „Hintertür", sondern geradezu ein „Scheunentor" für die Atomenergie offen. Zudem will Polen nun in letzter Minute eine Verlängerung der Subventionen für Kohlekraftwerke in die Reform reklamieren: „Das halte ich für den falschen Weg, das werde ich heute auch sehr deutlich sagen", so Gewessler. Die Zukunft sei erneuerbare Energie - Wind, Sonne, Wasserkraft, denn „die machen uns unabhängig und schützen unser Klima".

Frankreich mache ihr „große Sorgen": „Wir haben gerade gute Erneuerbaren-Ziele beschlossen. Ich halte es für kontraproduktiv, ein Marktdesign zu beschließen, das nicht denselben Weg geht." Die EU-Botschafter hatten am Freitag eine Einigung auf die neue Erneuerbare-Energien-Richtlinie (REDIII) gefunden – nach Zugeständnissen für Frankreichs Ammoniakindustrien. Gewessler kritisierte die vorhergehende Blockade des fertig verhandelten Ergebnisses durch Paris als „fahrlässig". „Ich möchte alle Beteiligten an ihre Verantwortung erinnern." Die Einigung zu RED gehöre nun rasch umgesetzt.

Die französische Kernenergie garantiert unsere Energieversorgung und die unserer Nachbarländer.
Agnes Pannier-Runacher, Frankreichs Ministerin für die Energiewende

„Wenn wir nicht eine Möglichkeit finden, die Atomkraft zu verlängern, werden wir schwere Probleme mit der Versorgungssicherheit und der Erreichung der Klimaziele haben. Das sind wissenschaftliche Fakten, kein Dogmatismus", betonte dagegen Agnes Pannier-Runacher, Frankreichs Ministerin für die Energiewende. Ein Ziel der Strommarktreform sind längerfristige Verträge und Differenzverträge, die für Preisstabilität sorgen sollen. „Die französische Kernenergie garantiert unsere Energieversorgung und die unserer Nachbarländer", so die französische Ministerin. „Der Vorschlag ermöglicht die Integration von Kraftwerksparks in das neue System der Differenzverträge. Es bietet Ländern die Möglichkeit, ihre Industrien querzusubventionieren", kritisierte hingegen ihre österreichische Amtskollegin. Dies habe negative Effekte auf den Binnenmarkt, und werde den Erneuerbaren-Ausbau komplizierter und teurer machen.

„Beim Strommarktdesign gibt es eine weitgehende Einigung, die ich sehr begrüße", betonte Deutschlands Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck. Es gehe darum, die günstigen Preise der Erneuerbaren besser an die Verbraucherinnen und Verbraucher weiterzugeben und eine bessere Absicherung für den Handel zu schaffen. Der Vorstoß Polens sei aus seiner Sicht falsch, und nicht mit den Klimazielen der EU vereinbar. Er werde ihn daher auch nicht unterstützen. (APA)