Handwerk in Pension entdeckt

Auf den Quilt gekommen: Lienzer Schneiderin will Junge Menschen motivieren

Jedes Garn muss in Farbe und Ausführung genau zum jeweiligen Quilt passen, Maria Ernstbrunner hat ein Auge dafür.
© Blassnig

Maria Ernstbrunner hat in der Pension das Nähen von Patchwork-Kunstwerken für sich entdeckt. Die Schneidermeisterin aus Oberlienz möchte Junge motivieren.

Oberlienz – Maria Ernstbrunner hat einen Blick für Farbe, Form und Design. Manche ihrer Arbeiten erinnern an Gemälde. Andere wiederum bestehen aus einzelnen geometrischen Elementen, die erst im Zusammenspiel ein größeres Ganzes ergeben. Die Künstlerin malt nicht mit Farben, ihre Bilder bestehen aus Stoffen. Vor etwas mehr als zehn Jahren hat die Schneiderin den Quilt als Ausdrucksform für sich entdeckt.

„Ein Quilt in seiner ursprünglichen Form ist eine Decke. Diese besteht aus drei Lagen. In der Mitte befindet sich ein wärmendes Vlies, die Rückseite ist meist ein einfacher Stoff. Alle drei Lagen werden entweder per Hand oder mit der Maschine zusammengenäht (gequiltet), um ein Verrutschen der Lagen zu verhindern.“ So beschreibt der Verein „Quiltirol“ das Handwerk seiner Mitglieder. Die Oberseite wird meist aus vielen kleinen Teilen kunstvoll zusammengenäht. Ähnlich einem Mosaik entsteht das Motiv.

„Ich könnte sicher auch zeichnen oder malen“, meint die Schneiderin, die in der Ferrarischule in Innsbruck vier Jahre lang zur Damenkleidermacherin ausgebildet wurde. Nach der Meisterklasse in Wien ist Maria nach Lienz zurückgekehrt und hat im Jahr 1971 in der Schweizergasse ihr Modeatelier eröffnet. Jahre später hat sie in der neuen Höheren Schule für wirtschaftliche Berufe ihre Laufbahn als Lehrerin begonnen. Als dann die beiden Kinder auf der Welt waren, blieb für das Modeatelier keine Zeit mehr übrig.

Stundenlang sitzt die Schneidermeisterin an ihrer Nähmaschine.
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Maria Ernstbrunners Quilts erkennt man leicht, wenn man sie umdreht. Denn auch auf der Rückseite findet sich stets aufwändige Quiltarbeit. „Das muss so sein. Das mache ich für mich“, zuckt die Näherin mit den Schultern und lächelt. Erstaunlich, wie viel Liebe zum Handwerk aus ihren Werken spricht. Kein Nadelstich ist Zufall, kein Millimeter Garn, der nicht bewusst eingesetzt ist.

Auf dem Weg zum Atelier, das sich die Künstlerin unter dem Dach ihres Hauses eingerichtet hat, kommt man an zahlreichen Quilts vorbei. Der Hausgang und die Wendeltreppe in den ersten Stock gleichen einer Galerie. Jedes Kunstwerk hat seine Geschichte, und die Künstlerin erzählt gerne davon. Ehemann Renato nutzt die freien Stellen, um seine Skulpturen aus Holz zu präsentieren. Er hat seine Werkhalle im Keller des Hauses. „Ja, wir haben es fein hier“, sagt die Künstlerin. Die Arbeit im Haus und im Garten geht jedenfalls nicht aus. Und auch die Enkelkinder freuen sich über jede Minute bei Oma und Opa.

Ein Quilt als Gesamtwerk entsteht meist aus vielen kleinen Einzelmotiven.
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Normalerweise entsteht ein Quilt nach dem anderen, einer pro Jahr. Doch derzeit bleibt Maria kaum eine freie Minute. Gleich drei Quilts hat Maria heuer im Winter begonnen. Und sie sollen fertig werden, denn sie sind als Ausstellungsstücke eingeplant. Einer davon trägt den Titel „Unlimited“. „Mehr will ich noch nicht verraten.“ Dieser Quilt wird Teil der diesjährigen Gesamtausstellung „30 Jahre Quiltirol“ in der Villa Blanka in Innsbruck sein, die am 28. September eröffnet wird. Nächstes Jahr kommt der Verein in Osttirol zusammen. Auch die Quilt-Ausstellung findet hier statt.

Quiltfans aus Ost-, Süd- und Nordtirol treffen sich regelmäßig. Der Verein organisiert Workshops mit Vortragenden aus Europa. Das Patchworknähen hat in China lange Tradition. Auch die Siedler in Nordamerika haben die Technik mitgebracht. Bei den Amischen, einer Glaubensgemeinschaft in den USA, werden viele Quilts genäht.

„Wir würden liebend gerne Junge bei uns aufnehmen“, spricht Maria Ernstbrunner eine Einladung aus. Einmal im Monat trifft sich eine Gruppe im Clubraum des Oberlienzer Gemeindehauses zum Nähen. „Es gibt heute moderne Techniken wie das Kleben, Schmelzen und Färben“, sagt die Künstlerin. Stundenlanges Sitzen an der Nähmaschine, dafür fehle den jungen Leuten leider vielfach die Zeit. „Das ist verständlich, aber sehr schade.“

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Catharina Oblasser

Catharina Oblasser

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