„Am Ende einer Nacht“ im Kellertheater: Ungeschönt, herb, tirolerisch
Innsbruck – Franz ist ein aggressiver Grantler, eine Ausgeburt an Zynismus. Mit so jemandem ist nicht gut Kirschen essen, geschweige denn Schnaps saufen. Auf eine Becherei mit ihm lässt sich Anna ein, die Franz, einen Freund aus viel jüngeren Jahren, in einer Berghütte aufsucht, in der er regelrecht haust. Im Rausch wird Franz handgreiflich. Anna kann ihn sich gerade noch vom Leib halten.
Sie ist Journalistin von Beruf. Beständiges Nachbohren ist ihr Werkzeug, doch in Franz erweckt das Gefrage Dämonen der Vergangenheit. „Mir hamm decht alle insere Leich’n im Keller“, ätzt er, und es wird allmählich klar, dass das keine Floskel ist.
Denn der Grund für Annas Erscheinen ist Moritz, der dritte Teil eines freundschaftlichen Kleeblatts aus Jugendtagen. Moritz ist gerade bestattet worden, mysteriös verunfallt unweit von Franz’ Hütte. Die beiden Männer waren mehr als bloß Kumpels. Im Dorf zerriss man sich über sie das Lästermaul.
Ja, es geht herb her, direkt und ungeschönt, in Eva Maria Gintsbergs Zweipersonenstück „Am Ende einer Nacht“, das im Rahmen des Tiroler DramatikerInnenfestivals im Kellertheater gastiert. Klaus Rohrmoser führt Regie, eine Fingerübung für den Routinier. Mit einfachsten Mitteln lässt er das Stück kräftig zupacken. Das funktioniert, weil das darstellende Paar namhaft ist und vorzüglich spielt.
Johannes Nikolussi als Franz ist ein Typ mit irrem Blick, unbeherrscht, maliziös, ein vereinsamter Außenseiter. In breitestem Tirolerisch lässt er Schimpftiraden los.
Brigitte Jaufenthaler als Anna parliert gerne Hochdeutsch daher, schließlich ist sie eine weltgewandte Gstudierte. Das Mundartliche beherrscht sie aber noch. Ihre Flucht aus dem Dorf begründet sie so: „Weil ma die Berg’ nit wegruck’n kann, wenn sie di derdruck’n.“ Das Publikum schmunzelt mitwissend.
Erzählerische Einspielungen vom Band breiten den (zeitgeschichtlichen) Hintergrund des Stücks aus: Österreich und die Welt von der Mondlandung bis zum Mauerfall. Die Häufigkeit dieser Erklärstücke, bei denen die zwei Darstellenden reglos im völligen Dunkel verharren, ermüdet allerdings zunehmend. Und sie unterbricht die Dramatik des Spiels. Es ist ein Zuviel an Verschnaufpausen mitten im Stück.
🎭 Nächster Termin: 28. Juni. www.kellertheater.at