Gesetz unzureichend

Sterbehilfe in Österreich: Verein geht abermals zum Verfassungsgericht

Die Österreichische Gesellschaft für ein Humanes Lebensende hofft auf die Aufhebung des Verbots der aktiven Sterbehilfe.
© APA/GINDL

Wien – Die Österreichische Gesellschaft für ein Humanes Lebensende (ÖGHL) ist mit der Regelung der Sterbehilfe in Österreich weiter unzufrieden und richtet sich daher abermals an den Verfassungsgerichtshof (VfGH). Das seit Anfang 2022 geltende Sterbeverfügungsgesetz sei unzureichend und teils auch widersprüchlich, kritisierte der Verein am Montag via Aussendung nach Berichten in Kurier und Ö1-"Morgenjournal". Auch erhofft man sich die Aufhebung des Verbots der aktiven Sterbehilfe.

Laut dem neuen Gesetz, das bereits einer Entscheidung des Verfassungshofs folgte, können dauerhaft schwer oder unheilbar Kranke, die Beihilfe zum Suizid in Anspruch nehmen wollen, eine Sterbeverfügung errichten. Dafür sind Aufklärungsgespräche mit Ärzten verpflichtend. Zwei Mediziner müssen unabhängig voneinander bestätigen, dass die sterbewillige Person entscheidungsfähig ist und freiwillig aus dem Leben scheiden möchte, einer davon muss über eine palliativmedizinische Ausbildung verfügen. Die Errichtung der Sterbeverfügung erfolgt durch einen Notar.

Uns erreichen viele Anfragen von Hilfesuchenden, die sich im Gesetz nicht zurechtfinden. Wir würden als Verein gerne helfen, dürfen aber nicht.
Österreichische Gesellschaft für ein Humanes Lebensende

Das Sterbeverfügungsgesetz sei "nicht geeignet, den Zugang zur Sterbehilfe und damit zum Menschenrecht, über Art und Zeitpunkt des eigenen Lebensendes selbst bestimmen zu können – auch im Sinne des VfGH -, zu gewährleisten", begründet die ÖGHL ihren neuerlichen Individualantrag an das Höchstgericht. Unterstützung dabei erhält sie dabei durch den Schweizer Verein "Dignitas – Menschenwürdig leben – Menschenwürdig sterben".

Die ÖGHL bringt außerdem vor, dass das "rigide Kommunikationsverbot" eine zweckkonforme Vereinsarbeit verunmögliche. "Uns erreichen viele Anfragen von Hilfesuchenden, die sich im Gesetz nicht zurechtfinden. Wir würden als Verein gerne helfen, dürfen aber nicht." Zahlreiche unklar definierte Verbote hinderten den Verein daran, auch nur offen über alle Möglichkeiten zu informieren oder Sterbewillige persönlich zu begleiten, lautet die Kritik.

Aktive Sterbehilfe aus formalen Gründen nicht geprüft

Die aktive Sterbehilfe wurde im ersten Verfahren vor dem VfGH aus formalen Gründen nicht geprüft. Laut Rechtsanwalt Wolfram Proksch, der auch für jenen erfolgreichen Individualantrag verantwortlich zeichnete, der die Suizidhilfe in Österreich legalisierte, ist dies nicht mehr haltbar. Grundrechtlich würde es nämlich keinen Unterschied machen, ob jemand noch in der Lage ist, ein letales Präparat selbst einzunehmen, oder krankheitsbedingt dazu die Unterstützung von Dritten benötigt und nutzt. (APA)

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