Applaus für Händl Klaus

Tiroler Autor liefert Libretto zum Musiktheater „Thomas“ in der Berliner Staatsoper

Berlin – Während so manches Haus Uraufführungen gern nach einer Aufführungsserie beerdigt, scheut sich der Berliner Staatsopernchef Matthias Schulz nicht vor Wiederaufnahmen auch sperriger Stücke. Gerade läuft etwa Peter Eötvös’ eigenwillige Jon Fosse-Adaption „Sleepless“, kommende Saison kehrt „Violetter Schnee“ von Beat Furrer zurück. Hierzu schrieb der Tiroler Autor Händl Klaus das Libretto, ebenso für Georg Friedrich Haas’ „Thomas“, das jetzt im Alten Orchesterprobensaal Premiere feierte – bei glühenden Temperaturen und stickiger Luft. Dies ist allerdings der einzige Einwand.

Händl Klaus verarbeitet in „Thomas“ das Sterben von Matthias, dem Lebensgefährten der Titelfigur. 100 Minuten dauert dieses intensive Ritual, eine Reise an und in den Tod sowie, das ist die Volte, auch über ihn hinaus.

Clara Nadeshdin als Frau Fink und Jaka Mihelacˇ als die Titelfigur Thomas in der Berliner Staatsoper Unter den Linden.
© Gianmarco Bresadola

Denn der Tote wird nach Waschungen und einer langen Abschiedszeremonie plötzlich recht gesprächig, bekommt sogar Hunger und diskutiert mit Matthias. Es entstehen leicht komische, sehr surreale, vor allem jedoch extrem berührende Momente und Situationen, die Händl Klaus in eine messerscharf präzise und zugleich flirrend poetische Sprache gießt.

Der Grazer Georg Friedrich Haas schuf eine kammermusikalisch besetzte Partitur mit fast elektronisch wirkenden, düster scharrenden Akkordeonklängen, mikrotonal kriechender Harfe, Zither und Mandoline, heftigen Cembalo-Interventionen, virtuosem Schlagwerkeinsatz und zwei zerrend-zeternden Gitarren.

Händl Klaus sorgt als Librettist in Deutschland für Aufsehen.
© Böhm

Brillant, wie Max Renne das Instrumentalensemble leitet, zur dichten musikalischen Textur kommt eine Inszenierung, die den historischen, mit Säulen verzierten Spielort als Labor der Emotionen und existentiellen Fragen nutzt.

Regisseurin Barbora Horáková lässt den Sterbenden mit seinem Krankenbett fast schwerelos durch den Raum gleiten, mal gibt es ein Tänzchen mit dem Tropf, dann erscheint ein Pfleger mit schwarzen Flügeln (der tolle Counter Elmar Hauser), weißgeflügelte Engel huschen vorbei. Ein Abend voller Wunden und Wunder, vom Publikum heftig gefeiert.

Ein nicht inszenierter Moment am Ende: Hinter dem Rezensenten saß der Schriftsteller Christoph Hein mit seiner Frau, die beim Applaus-Auftritt von Händl Klaus murmelten: „Schau, das ist der Komponist.“ Der war freilich gar nicht da.