13 Femizide seit Jahresbeginn: Ausbau von Schutz-Zentren soll Morde verhindern
Wissenschaftlerinnen untersuchten Kriminalstatistiken sowie Akten der Gerichts und Staatsanwaltschaft. Die Analyse zeigte, dass in den vergangenen zehn Jahren 793 Frauen Opfer von Morden oder Mordversuchen wurden. Tatort war meistens die Wohnung. Die Regierung will den Fokus nun vor allem auf Prävention legen.
Wien – In Österreich sind 2023 bisher 15 Frauen getötet worden, 13 davon fielen Femiziden zum Opfer. Ausgehend von einer Studie über die Frauenmorde der vergangenen zehn Jahre durch das Institut für Konfliktforschung will die Bundesregierung noch stärker gegen diese Form der Gewaltverbrechen vorgehen. Vor allem die Prävention soll weiter ausgebaut werden, wie Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP), Justizministerin Alma Zadić (Grüne) und Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) betonten.
Für die Studie wurde von den Wissenschafterinnen Viktoria Eberhardt und Brigitte Temel zum einen die Polizeiliche Kriminalstatistik der Jahre 2010 bis 2020 ausgewertet und zum anderen wurden Gerichts- und Staatsanwaltschafts-Akten aus den Jahren 2016 bis 2020 analysiert.
Demnach gab es in den untersuchten zehn Jahren 793 weibliche Opfer von Morden oder Mordversuchen mit 767 Tatverdächtigen. Die Auswertung der Akten zeigte zudem, dass es sich bei 73 Prozent der Morde um Femizide gehandelt hatte – das heißt, dass hier das Geschlecht ausschlaggebend für die Tat war.
Der gefährlichste Ort für eine Frau, einem Femizid zum Opfer zu fallen, war demnach die eigene Wohnung, mit 74 Prozent waren die Täter zum überwiegenden Großteil Partner oder Ex-Partner. Gegen 20 Prozent der Täter lag demnach bereits ein Betretungs- bzw. Annäherungsverbot vor, bei sieben Prozent sogar schon ein mehrfaches.
Ein erschütterndes Ergebnis ist, dass obwohl es in Österreich ein engmaschiges Netz an Beratungsstellen gibt, kaum Frauen Hilfe gesucht hatten, bevor die Situation eskaliert ist.
📽️ Video | Marina Sorgo vom Dachverband der Gewaltschutzzentren
„Jeder Mord an einer Frau ist einer zu viel, jedes Opfer ist ein Opfer zu viel", sagte Frauenministerin Raab. Durch die jüngste Tat am Montag in Wien, bei der ein Mann seine Lebensgefährtin mit einem Messer attackiert und getötet haben dürfte, habe die Thematik Frauenmord erneut „an trauriger Aktualität gewonnen".
Die Ministerin will vor allem die Prävention verstärken: So sollen die behördlichen Einrichtungen bekannter gemacht sowie mehr Schutz- und Übergangswohnungen für gewaltbedrohte Frauen vor allem in den Bundesländern zur Verfügung gestellt werden.
📽️ Video | Statement von Innenminister Gerhard Karner
Raab betonte, dass man auch bei der Integration ansetzen müsse. Täter mit Migrationshintergrund seien bei Frauenmorden verglichen mit ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung deutlich überrepräsentiert. Die Frauenministerin verwies hier auch auf die mitunter extrem patriarchalen Strukturen in den Herkunftsländern.
Auch Zadić unterstrich, dass „jeder Femizid einer zu viel sei". Ein Hauptproblem sei, dass sich Opfer nur in Ausnahmefällen an die Behörden wenden. „Das ist genau der Punkt, an dem wir ansetzen müssen", sagte die Justizministerin.
Ein Schritt sei, Gewaltschutzzentren bekannter zu machen, an die sich Frauen, die von häuslicher Gewalt betroffen sind, wenden können – auch ohne gleich eine Anzeige machen zu müssen.
Innenminister Karner betonte, dass die Exekutive auf das Problem bereits reagiert habe. So sei die Zahl der Präventionsbediensteten von 500 auf 1200 erhöht worden, seit eineinhalb Jahren gehe mit einem Betretungsverbot zudem ein automatisches Waffenverbot einher. Er kündigte einen weiteren Ausbau der sicherheitspolizeilichen Fallkonferenzen bei Hochrisikofällen und eine Präventionskampagne an. (APA)