Chris Lohner ist 80: "Ich bin ein Jetzt-Mensch"
Für die Pension hat Chris Lohner keine Zeit. Entsprechende Fragen beantwortet sie mit einem milden Lächeln. Die Stimme der ÖBB, Ansagerin der Nation, Schauspielerin, Kabarettistin, Moderatorin, Buchautorin und sozial engagierte Frau des öffentlichen Lebens feiert am heutigen Montag ihren 80. Geburtstag, was völlig undenkbar erscheint, wenn man das Energiebündel kennt. Eines hat sich aber geändert: Statt eines großen Benefizfestes gibt es heute eine Feier im kleinen Kreis.
Mit den Geburtstagsfesten hält sich die Lohner auch nicht lange auf, sie hat einfach zu viel zu tun: Am 18. Juli gibt sie im Schloss Rothmühle in Schwechat-Rannersdorf ihr Programm "Bazooka und die Vier im Jeep" - "eine Zeitreise durch das Wien von 1943 bis 1955", wie sie im APA-Gespräch sagte. Mit Erwin Steinhauer probt sie derzeit den Briefverkehr zwischen Marlene Dietrich und Friedrich Torberg, was im Rahmen des "Kultur.Sommer.Semmering" erstmals am 28. Juli im Grandhotel Panhans zu sehen sein wird. Und im Oktober steht sie in "My Fair Lady" als Mutter von Professor Higgins auf der Bühne Baden: "Da bin ich das erste Mal mit 80 Mutter", schmunzelte Chris Lohner. Dann kommt in der Adventzeit "Schon wieder Weihnachten", bei dem Lohner liest und Toni Matosic von "Monti Beton" singt, und zwar "unartige Weihnachtsgeschichten".
Darüber hinaus hat Chris Lohner zwei weitere Buchprojekte auf der Agenda, über die sie aber noch nichts verraten will. "Die Stimme der ÖBB" wird sie aber bleiben, und das noch lange. "1,4 Millionen Menschen hören mich pro Tag", erzählte Lohner, und das mittlerweile digitalisiert. "Ich habe jeweils 15.000 Sätze auf Deutsch und Englisch gesprochen", schilderte sie die Aufnahmen als einen echten Knochenjob. Auf diese Art könnte und wird Lohner weitere Jahrzehnte bei den ÖBB zu hören sein.
Dann sind da noch die Hilfsprojekte, die der Baldjubilarin nach wie vor ein großes Anliegen sind. Wobei sich da doch etwas geändert hat: "Seit eineinhalb Jahren bin ich Botschafterin von 'Jugend eine Welt'", erzählte Lohner. "Die letzte Tranche will ich der Jugend widmen." Nach vielen Jahren bei "Licht für die Welt", der Fachorganisation für Menschen mit Behinderungen und dem Einsatz für Kataraktoperationen in Entwicklungsländern kümmert sich Lohner nun um Straßenkinder, denen unter anderem Bildung ermöglicht werden soll. "Bildung ist die Grundlage."
Dabei will sie nächstes Jahr ins westafrikanische Sierra Leone fahren, wo "Jugend eine Welt" unter anderem ein Projekt für minderjährige Straßenprostituierte in der Hauptstadt Freetown unterhält. Damit setzt Lohner eine langjährige Tradition fort, immer wieder war sie mit "Licht für die Welt" in Entwicklungsländern, meist in Afrika. "Das muss ich schon betonen: Ich zahle mir immer alle meine Reisen in Armutsgebiete selbst", sagte Lohner.
Der Plan für Sierra Leone ist allerdings der erste seit längerer Zeit. Frühere Reisen verhinderte die Coronapandemie - von der auch Lohner nicht verschont geblieben ist, nicht nur als Künstlerin. Im Jänner 2021 erwischte sie das Virus, damals noch der Wildtyp. Sieben, acht Kilo verlor Lohner, drei Monate lang litt sie unter den Nachwehen der Krankheit. "Mir hat so vor dem Essen gegraust", schilderte sie. Schwach und energielos fühlte sie sich, bis es Ende April vorbei war. Von einem Tag auf den anderen war Lohner wieder wie zuvor.
Nach dem Tod ihrer Cairn-Terrier-Hündin "Shirley", die Lohner auch in einem Buch ("Shirley - der Hund den ich eigentlich nicht wollte") verewigt hat, ist vor etwa einem Jahr "Sally" in ihr Leben getreten, wieder ein Cairn-Terrier, nach zwei Rüden und "Shirley" nun die zweite Hündin. "'Sally' ist die Schlimmste, die ich je hatte": Also steht nun auch Hundeerziehung auf Lohners Programm.
Nicht zuletzt wurde Chris Lohner nun auch noch Testimonial des Bestattungsinstituts "Himmelblau". Selbst bezeichnet sie sich als Atheistin und glaubt auch nicht an ein Leben nach dem Tod. "Ich glaube, da ist nichts. Und ich glaube, du lebst auch anders - viel bewusster -, wenn du für dich die Erkenntnis hast, es ist danach nichts mehr." In diesem Sinn sei sie auch niemand, der in der Vergangenheit oder für die Zukunft lebe: "Ich bin ein Jetzt-Mensch."