Vor NATO-Gipfel: Keine Mitglieds-Einladung an Ukraine, Gespräche mit Schweden
Die 31 Mitgliedstaaten haben sich geeinigt, keine Einladung an die Ukraine in das Bündnis auszusprechen. Aus Berlin heißt es, ein Zeitpunkt für die Mitgliedschaft sei noch nicht da. Dafür bröckelt der Widerstand der Türkei am NATO-Beitritt Schwedens.
Washington/Berlin – Beim NATO-Gipfel im litauischen Vilnius werden die 31 Mitgliedstaaten nach Angaben aus deutschen Regierungskreisen keine Einladung an die Ukraine in das Bündnis aussprechen. Die NATO sieht aber im Fall der Ukraine nach Angaben von Außenminister Dmytro Kuleba von dem für einen Beitritt üblichen Membership Action Plan (MAP) zur Heranführung an NATO-Standards ab. Darauf hätten sich die 31 Nato-Staaten nach "intensiven Gesprächen" verständigt, erklärt Kuleba auf Twitter.
"Ich begrüße diese lang erwartete Entscheidung, die unseren Weg in die NATO abkürzt", schrieb Kuleba. "Für eine Einladung der Ukraine, für konkrete Schritte in Richtung Mitgliedschaft (ist) der Zeitpunkt nicht da", hieß es dagegen am Montag in Berlin. "Hierfür gibt es auch unter den Verbündeten keinen Konsens." Deutschland will der Ukraine beim NATO-Gipfel weitere Waffenlieferungen in größerem Umfang zusagen.
Es werde dort "sehr substanzielle" Ankündigungen geben, hieß es am Montag aus deutschen Regierungskreisen in Berlin. Weitere Details wurden nicht genannt. Die Marschflugkörper Taurus mit einer Reichweite von 500 Kilometern, deren Lieferung die Ukraine bereits im Mai beantragt hatte, sollen aber weiterhin nicht geliefert werden. "Da gibt es keine Neuigkeiten zu vermelden, was Taurus angeht", hieß es. Deutschland ist bereits jetzt zweitwichtigster Waffenlieferant der Ukraine nach den USA.
Der amerikanische Außenminister Antony Blinken hat unterdessen mit seinem ukrainischen Amtskollegen Dmytro Kuleba telefoniert. Er habe ein wichtiges Gespräch mit Kuleba im Vorfeld des NATO-Gipfels in dieser Woche geführt, schrieb Blinken am späten Sonntagabend (Ortszeit) auf Twitter. Kuleba teilte ebenfalls auf Twitter mit, das Telefonat mit Blinken sei "produktiv" gewesen.
"Wir haben noch 48 Stunden Zeit und arbeiten daran, dass die endgültigen Entscheidungen ein Gewinn für alle sind: Für die Ukraine, die NATO und die globale Sicherheit", schrieb Kuleba. Die Ukraine hofft, in Vilnius ein klares Signal für eine NATO-Beitrittsperspektive zu erhalten.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte am Wochenende seine Teilnahme am Gipfel davon abhängig gemacht, dass die Entscheidung über die Beitrittsperspektive der Ukraine erst dort fällt. "Wir möchten, dass alle Entscheidungen während des Gipfels getroffen werden. In diesem Fall ist es klar, dass ich dort sein werde", sagte er in einem am Sonntag veröffentlichten Interview des US-Senders ABC. "Ich will nicht zum Spaß nach Vilnius fahren, wenn die Entscheidung schon vorher gefallen ist."
Gespräche mit Schweden
Die deutsche Bundesregierung ist unterdessen in Hinblick auf den angestrebten Beitritt Schwedens zur NATO zuversichtlich. Er rechne damit, dass es im Lauf der kommenden Tage zu einer "positiven Entwicklung" kommen werde, sagt ein ranghoher Regierungsvertreter in Berlin. Vor Beginn des NATO-Gipfels in Vilnius gibt es noch einmal ein Spitzengespräch zwischen Schweden und der Türkei, die die Aufnahme des Nordlands in die transatlantische Allianz nach wie vor blockiert.
Der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan unterstützt einen NATO-Beitritt Schwedens für den Fall, dass die EU ihre Beitrittsgespräche mit der Türkei wieder aufnimmt. "Öffnet erst den Weg für den Beitritt der Türkei zur Europäischen Union, und dann öffnen wir den Weg für Schweden", sagte Erdogan am Montag vor dem Abflug zum NATO-Gipfel am Montag in Istanbul an die EU-Länder gerichtet.
Vor dem NATO-Gipfel diese Woche in Litauen soll Erdogan am späten Nachmittag den schwedischen Regierungschef Ulf Kristersson zu Gesprächen über den schwedischen NATO-Beitrittswunsch treffen, den die Türkei bisher blockiert. Die Äußerung kommt überraschend. Bisher hatte Erdogan als Hauptgrund für die Blockadehaltung der Türkei zum NATO-Beitritt vor allem Schwedens aus türkischer Sicht unzureichendes Vorgehen gegen "Terrororganisationen" genannt.
Angesichts des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hatte Schweden im Mai 2022 gemeinsam mit Finnland die NATO-Mitgliedschaft beantragt. Finnland wurde Anfang April als 31. Mitglied im Bündnis willkommen geheißen, Schweden fehlt dagegen weiterhin die Zustimmung aus der Türkei und auch aus Ungarn.
Die EU hatte bereits 2005 mit der Türkei Beitrittsgespräche begonnen. Diese wurden allerdings vor einigen Jahren wieder auf Eis gelegt, weil Brüssel inakzeptable Entwicklungen im Bereich der Rechtsstaatlichkeit sah. (APA/Reuters/dpa)
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