Strengeres EU-Gesetz gegen Klima-Sünden in der Lieferkette
Das heiß diskutierte EU-Lieferkettengesetz könnte noch verschärft werden. Heute wird auf EU-Ebene verhandelt. Umweltschützer fordern Klimaverpflichtungen für Konzerne. Das Europaparlament will das auch.
Innsbruck, Wien, Brüssel – Große Unternehmen müssen in Zukunft dafür sorgen, dass sie Kinder- und Zwangsarbeit sowie Umweltschäden in ihren Lieferketten verhindern. Wenn beispielsweise der Zulieferer eines Tiroler Industriebetriebs in China oder Afrika die entsprechenden Gesetze nicht einhält, drohen Strafen. Außerdem können Opfer zivilrechtlich klagen.
Wie das genau funktionieren soll, wird heute auf EU-Ebene verhandelt. Zuletzt hatte im Juni das EU-Parlament Position bezogen – und eine Verschärfung der Regeln verlangt, wie sie die EU-Kommission in ihrem Entwurf vorsieht. Heute treffen sich Vertreter der EU-Kommission, des Rates und des EU-Parlaments zum so genannten politischen Trilog. Es ist die zweite von drei Verhandlungen über den Sommer – und es geht jetzt ums Eingemachte. Noch immer sind gewichtige Punkte beim finalen Gesetzestext offen: etwa eine Sorgfaltspflicht beim Klimaschutz und die Höhe der Sanktionen.
Stefan Grasgruber-Kerl ist Lieferketten-Experte bei der Nichtregierungsorganisation Südwind in Wien. Er sieht im Bericht des Parlaments einen „echten Meilenstein“ und einen breiten Kompromiss. „Es ist außerdem ein starkes Zeichen des EU-Parlaments, das den jüngsten Aufweichversuchen von Konzernlobbyisten damit eine klare Absage erteilt hat“, erklärte Grasgruber-Kerl. Wie berichtet, gibt es breite Kritik von Unternehmensvertretern in Österreich und ganz Europa an dem Vorhaben. Die Wirtschaftskammer Tirol hatte die Pläne unlängst als untaugliches Mittel und in der Praxis nicht umsetzbar bezeichnet, es sei zudem aufwändig und teuer.
Die Europaparlamentarier fordern jetzt, dass die neuen Regeln für alle Unternehmen ab 250 Mitarbeitern und 40 Mio. Euro Umsatz für alle Branchen gelten sollen. Der Kommissionsentwurf hatte 500 Mitarbeiter und 150 Mio. Euro Umsatz vorgeschlagen und nur in Risikobranchen (Bekleidung, Agrarindustrie) die geringeren Werte vorgesehen. Außerdem sollen Opfer von Menschenrechtsverletzungen künftig leichteren Zugang zum Recht bekommen.
Wer solche Sorgfaltspflichten nicht erfüllt, dem drohen künftig Geldstrafen (diskutiert werden fünf Prozent des Umsatzes) und zivilrechtliche Haftung. Die geplanten Sanktionen sind für Grasgruber-Karl zwar „nicht perfekt“, aber: „Wenn sich das Parlament mit seiner starken Position durchsetzt, dann taugen sie dazu, dass zumindest die großen Konzerne sich an die Regeln halten werden.“ Verantwortungsvolle Betriebe würden von einem faireren Wettbewerb profitieren.
Bewegung dürfte es beim Thema Klima geben: Das Parlament spricht sich für verpflichtende Klimaregeln aus – eine Position, auf die auch die Umweltschützer von Global 2000 und Fridays For Future Austria drängen. Unternehmen müssten für Emissionen in ihren Wertschöpfungsketten die Verantwortung übernehmen, hieß es bei einer Pressekonferenz am Montag. So soll verhindert werden, dass österreichische Firmen weiterhin zur globalen Klimazerstörung beitragen.
Die Kommission habe in ihrem Gesetzesentwurf zuvor nur vage Klima-Regeln vorgesehen – ohne Konsequenzen, wenn die Maßnahmen nicht umgesetzt würden. „Das EU-Lieferkettengesetz ist eine Rechtsrevolution. Aber die EU-Kommission hat wesentliche Schlupflöcher im Gesetz belassen – die Klimakrise wurde außen vorgelassen“, erklärte Anna Leitner, Sprecherin für Ressourcen und Lieferketten bei Global 2000. Nun soll ein „Klimaplan“ für Konzerne verpflichtend werden.
Diskutiert wird eine „Klima-Sorgfaltspflicht“: Dadurch müssten Konzerne ihre Strategien in Einklang mit dem Pariser Klimaabkommen erstellen. Leitner appellierte an Wirtschaftsminister Martin Kocher und Justizministerin Alma Zadić, sich für ein starkes EU-Lieferkettengesetz mit Klimaverpflichtungen einzusetzen: „Österreich darf das nicht blockieren.“ Unter dem Motto „Zukunft leben statt zerstören“ wurde eine Petition aufgelegt, die ab sofort unterschrieben werden kann.