Arbeiten aus Privatbesitz

Blick in private Schatzkammern im Museum Kitzbühel

Xenia Hausners „Informal Arrangement“ von 2017 ist derzeit in „Leidenschaft: Kunst“ zu sehen.
© Museum Kitzbühel

Viel Behagliches, wenig Überraschendes: Das Museum Kitzbühel zeigt – dicht an dicht gehängt – über 120 Arbeiten aus Privatbesitz.

Kitzbühel – Musik plätschert im Hintergrund, die verhängten Fenster machen die Räume geradezu lauschig. Gäbe es Sitzmöglichkeiten, man würde noch länger verweilen wollen, in der Hoffnung, irgendwann ins Gespräch zu kommen mit den Kunstwerken, von denen man hier umringt wird. Privatleute haben 120 von ihnen ins Kitzbühel Museum gebracht, ihre Lieblingsstücke und Kuriositäten, die Preziosen und die Investitionsobjekte. Für die Ausstellung „Leidenschaft: Kunst“, die die Städtepartnerschaft Kitzbühel-Sterzing mit Malerei und Skulpturen aus privater Hand von dies- und jenseits des Brenners feiert, wird das Museum bis Ende Oktober zum heimeligen Wohnzimmer.

Dasselbe Vorhaben in klein wurde im Sommer 2022 in Sterzing schon einmal realisiert. Treibende Kraft (auch was die finanzielle Unterstützung betrifft) war in Sterzing und ist in Kitzbühel der kunstsinnige Seilbahnkaiser Michael Seeber (Leitner AG), der mit dem Kitzbühel Museum beste Verbindungen pflegt. Schon 2018 wurde für „Kunst Landschaft Tirol“ großzügig aus der Seeber-Sammlung geliehen. Beim aktuellen Vorhaben hat der Industrielle u. a. die Publikation möglich gemacht.

So offenherzig mit der Unterstützung will in „Leidenschaft: Kunst“ aber nicht jeder und jede umgehen. Wer letztlich daheim wirklich unter Egger-Lienz’ „Mittagessen“ (um 1920) speist, wird nicht verraten. Ein Blick in die Publikation stillt die Neugier auf einige Namen, bei denen die KuratorInnen Carl Kraus und Eva Gratl für diese Ausstellung angeklopft hatten. Das Konzept entstand in Zusammenarbeit mit Michael Seeber und Museumsleiter Wido Sieberer.

Eröffnet wird die Tour durch die privaten Schatzkammern im alten Teil des Museums – und mit einem Raum voller vortrefflicher Lieblingsstücke. Herbert Brandls Bergmassiv tritt gegen ein Schüttpanorama von Herbert Nitsch an. Jörg Hofers angekratztes „Schneebrett“ aus Marmorsand dagegen eröffnet den Dialog mit Anselm Kiefers aufgebrochenen Strukturen in „The fertile crescent“ (2010). Da blicken Xenia Hausners gepinselte Frauen neugierig – vielleicht auch Richtung Geschlechterverhältnis hier beim Auftakt der Ausstellung. Auch dank der Großformate von Carla Accardi und Rachel Libeskind scheinen Künstlerinnen und Künstler fast gleich stark vertreten. Parität wird aber bloß vorgetäuscht, das wird beim Durchforsten der Tiroler Moderne, der das Gros der Ausstellung gewidmet ist, schnell klar. Kunstmachen war eben (auch in Tirol) lange reine Männersache. Deshalb stechen Gerhild Diesners „Stillleben auf Blau“ (um 1960) oder Hilde Goldschmidts Selbstakt (1931) farbkräftig noch einmal deutlicher hervor.

Ziemlich eindeutig ist, was man sich von den Kapiteln „Nahes“, „und Fernes ...“, „Behagliches“ oder „Blühendes“ erwarten darf. Richtig: Sterzing und Kitzbühel selbst – und die ein oder andere mondäne Skigesellschaft. Von Alfons Walde scheint das Städtchen scheinbar nie genug zu bekommen. Die jüngsten Jubelpreise (Waldes „Aufstieg der Skifahrer“ kam 2021 für 965.000 Euro unter den Hammer) sind sicherheitshalber auch im Katalog vermerkt. Also schnell weiter zu: Alexander Koester in Holland (1902, ganz ohne Enten!), den prächtigen Blumenarrangements (Wilfried Kirschl) und Stuben, Stuben, Stuben (u. a. von Defregger 1880).

An bestimmten Stellen – man muss sie im dicht gehängen Parcours suchen – wissen die SammlerInnen dann doch zu überraschen: Viel zu schauen gibt’s bei Rudolf Wackers „Sträußchen“ im Miniformat; äußerst reizvoll auch Matteo Thuns Keramiken, die in schönstem „Anti-Design“ Alltagsobjekte mit viel Fantasie neu interpretieren.

Was „Leidenschaft: Kunst“, das sich vom 19. Jahrhundert in die Gegenwart hangelt, besonders macht, sind die unterschiedlichen Einflüsse. Sie sind eine wohltuende und gelungene Ergänzung zur Walde-Dauerschau. Das dürfte doch auch das touristische Publikum schätzen. Laut Sieberer macht es immerhin 90 Prozent der Gesamtbesucherzahl aus.

Museum Kitzbühel

Hinterstadt 32, Kitzbühel; bis 28. Oktober, tägl. 10–17 Uhr, Do 10–20 Uhr.

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