Kanzler kontert mit Video

„Was ist normal?“: Nehammer kontert Van der Bellen mit „Meinungsfreiheit“

Kanzler Nehammer (r., ÖVP) lässt die Worte Van der Bellens nicht auf sich und seiner Partei sitzen.
© ROLAND SCHLAGER

Nach der Parteien-Schelte des Bundespräsidenten wegen ausgrenzender Sprache kontert Bundeskanzler Nehammer dem Staatsoberhaupt mit einem Video. Man werde sich nicht „die Worte verbieten“ lassen.

Wien – Die ÖVP hält die Debatte über ihre Positionierung mit dem Begriff "normal" am Köcheln. Nachdem Bundespräsident Alexander Van der Bellen die Parteien wegen ausgrenzender Sprache gerügt hatte, konterte Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) am Freitag in einem Video: "Wir werden uns nicht von einigen Wenigen die Worte einfach verbieten lassen." Zur Frage, wer für ihn "nicht normal" sei, nennt er Klimakleber, Identitäre und islamistische Hassprediger in einem Atemzug.

Van der Bellen hatte am Mittwoch in Bregenz den "Ablenkungskampf um Begrifflichkeiten und Deutungshoheiten" sowie den Populismus scharf kritisiert. Der Bundespräsident hatte auch – ohne Nennung der Parteien – nicht nur auf Auseinandersetzungen zwischen den Regierungsparteien im Bund, ÖVP und Grüne ( (Stichwort: "normal denkende Menschen" vs. "präfaschistoid"), angespielt, sondern auch "das Volk", von der FPÖ für sich reklamiert, und "unsere Leute", zuletzt im Fokus der SPÖ, genannt.

📽️ Video | Van der Bellen-Rede mit Parteien-Schelte

„Bist du noch normal?“

"Das ist doch alles nicht mehr normal. Bist du noch normal?", begrüßt Nehammer seine Zuseher in den Video. Und stellt sogleich die Frage, was denn nun "normal" überhaupt sei. "Ich sage euch, wer nicht normal ist: Das sind die Extremen und die Radikalen. Sei es Linksextreme, sei es Rechtsextreme." Extrem sei, wenn man seine Meinung über die der anderen stelle, sich über die Regeln und Gesetz hinwegsetze. "Es sind Klimakleber oder Linksradikale, genauso wie Rechtsradikale oder Identitäre. Es sind islamistische Hassprediger genauso wie Vandalen und sonstige Extremisten", befand der Kanzler.

"Das Extreme ist der Feind des Normalen und vor allem eine Gefahr für die Gesellschaft", betonte Nehammer. "Und was ich auch nicht normal finde ist, dass man dafür kritisiert wird, dass man sich für die Normalen, für die Vielen, für die Mehrheit einsetzt", richtete der Kanzler offensichtlich auch dem Bundespräsidenten aus. "Meinungsfreiheit in Österreich ist es ein hohes Gut", unterstrich Nehammer, "und wir werden uns nicht von einigen Wenigen die Worte einfach verbieten lassen". Als Bundeskanzler wolle er die Menschen "zusammenführen und nicht auseinandertreiben".

Das Extreme ist der Feind des Normalen und vor allem eine Gefahr für die Gesellschaft.
Bundeskanzer Karl Nehamme (ÖVP)

Man setze sich für jene ein, "die sich an die Regeln halten", die zur Arbeit gehen, sich engagieren. "Ich will Politik für die Vielen machen, ohne die Wenigen dabei zu vergessen. Minderheitenschutz ist ganz wichtig", so Nehammer. "Es ist in Ordnung, wenn wir Ausnahmen machen, aber es ist nicht in Ordnung, wenn Ausnahmen die Regel werden."

Wie schon in seiner ersten Stellungnahme nach Van der Bellens Schelte meint Nehammer in dem Video einmal mehr, es sei "in Ordnung, wenn sich jemand dazu entscheidet, mit dem Rad in die Arbeit zu fahren", aber "es soll aufhören, dass man den Autofahrern ein schlechtes Gewissen macht, vor allem, weil viele auf das Auto angewiesen sind". Seinen umstrittenen und teils belächelten Schnitzel-Sager ("Und genauso ist es okay, wenn jemand sich dazu entschließt, vegan zu leben. Aber es muss auch okay sein, wenn andere gerne Schnitzel essen.") wiederholte der Kanzler in dem Video hingegen nicht.

Auch Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) wehrte sich im Interview mit Österreich (Freitagausgabe) dagegen, "dass man Worte zu Unworten erklärt". Die Schelte des Bundespräsidenten wies er explizit zurück. "Es verwundert mich, dass man sich so darüber echauffieren kann, wenn man sich dafür einsetzt, was der Mehrheit wichtig ist. Es ist die Rolle des Präsidenten, Themen aufzuzeigen. Es muss sich aber jeder fragen, ob er das Recht hat, sich moralisch über andere aufzuschwingen."

Kickl: „Peinlich“

"Peinlich" findet Nehammers Video jedenfalls FPÖ-Chef Herbert Kickl. Es handle sich um den nächsten Versuch, "die Bevölkerung für dumm zu verkaufen". (APA, TT.com)

Mehr zum Thema:

undefined

Zwist mit Mikl-Leitner

Vizekanzler Kogler: „Bekanntlich regieren wir im Bund und nicht in St. Pölten“

undefined

Brachial-Kritik von Kogler

Konflikt zwischen Türkisen und Grünen: Mikl-Leitner attestiert Kogler „unbedachte Wortwahl“

undefined

Heftiger Schlagabtausch

„Präfaschistoid“: Vizekanzler Kogler legt sich mit Mikl-Leitner an