Fendels nur über Schotterpiste erreichbar: Eine Sperre, die viel Staub aufwirbelt
Rund vier Monate lang ist eine staubige Schotterpiste die einzige Straßenverbindung in die Gemeinde Fendels. Warum Gäste manchmal schwitzen und Pendler lieber mit der Seilbahn in die Arbeit fahren?
Fendels – Die Sichtweite beträgt wenige Meter, unter den Reifen knirschen Schotter und Sand, während der VW Polo über einige Bodenwellen holpert und dabei kurz aufsitzt. Zwei Autos weiter wirbelt ein Lkw ungeheure Staubwolken auf, die die Aussicht verdunkeln und gegen die auch die Scheinwerfer machtlos sind. Was nach der Rallye Paris-Dakar ausschaut, jener Abenteuerfahrt, bei der Rennfahrer jedes Jahr Wüsten und Steppen durchqueren, ist die Straße ins Bergdorf Fendels.
Seit 10. Juli ist die kleine Gemeinde, die auf 1350 Metern Seehöhe über dem Oberinntal liegt, mit dem Auto nur mehr über eine abenteuerliche nicht asphaltierte Forststraße erreichbar. Die Fendler Straße ist gesperrt.
Die 4,6 Kilometer lange Schotterpiste führt mehr als 500 Höhenmeter hinauf zum Burgschrofen. Es ist eine schmale und vor allem steile Odyssee für die Autofahrer, die sich trauen. Gegenverkehr dürfte jetzt auf der engen Fahrbahn keiner kommen. Dafür ist kein Platz. Für Autofahrer heißt es da oft warten, dann stauen sich die Fahrzeuge – und bei manchem auch der Frust.
„Einfach schrecklich!“, stöhnt Joachim, der mit seinem Sohn im Auto sitzt. „Die Bremsen stinken“, ärgert er sich über die ungewohnte Fahrt über die Schotterpiste, von der er beim Urlaubsantritt vollkommen überrascht wurde: „Das ist nicht gut fürs Auto.“ Die Anreise hat er vor allem als „staubig und langsam“ in Erinnerung. „Hätten wir das gewusst, wären wir nach Fließ oder Fiss gefahren.“
Ungern erinnern sich auch Anton und Isabell aus Belgienan ihre Anreise mit ihrem Campingbus. „Wir sind hinauf, als jeder heruntergefahren ist. Alle waren so aufgebracht und haben geschrieben “, sagt Isabell. Niemand habe ihnen die Regeln erklärt. „Wir sind fast gestorben.“ „Es war wirklich gefährlich“, sagt Anton. „Wir haben vor jeder Kurve gehupt, um auf uns aufmerksam zu machen.“ Vor allem das Anfahren war ein Problem. „Wir hatten wirklich eine harte Zeit.“
Dabei hat die Sperre einen ernsten Hintergrund: „Wir machen das nicht aus Jux und Tollerei“, erklärt Robert Zach von der Verkehrsabteilung des Landes. Drei Millionen Euro investiert das Land in die beiden Tunnel auf der Fendler Straße. Eine Sperre der Verbindung war während der Arbeiten unumgänglich. Hätte man den Verkehr einspurig aufrechterhalten, würden die Arbeiten doppelt so lange dauern.
Es seien schon Steinbrocken von der rohen Tunneldecke auf die Fahrzeuge gekracht. Nun werden die Tunnel saniert und ausgebaut. Aber auch die Notstraße hat man verbessert. „Wir haben allein 100.000 Euro in neue Leitplanken investiert“, erklärt Zach.
Pragmatisch sieht die Situation Bürgermeister Stefan Köhle. „Schwierig ist es für die Gäste“, räumt er ein. „Die Fendler Einheimischen haben das schon akzeptiert. Der ein oder andere schimpft natürlich.“ Wichtig sei aber, dass die Tunnel saniert und erweitert werden.
Und viele Fendler helfen sich inzwischen ganz anders.Wie Eugen Schranz. Er fährt mit der Seilbahn zum Arzt. „Mir ist es schade ums Auto. Ich habe zwar kein neues – trotzdem.“ Von Fendels führt eine Umlaufseilbahn in die Talgemeinde Ried. Dort haben viele Fendler inzwischen ihr Auto am Bergbahn-Parkplatz geparkt. Der Pensionist hat sich für die drei Monate eine Karte gekauft. Auch der Einkauf wird in der Gondel transportiert.
„Es nehmen wahnsinnig viele Pendler in Anspruch“, sagt Christian Strobl, Betriebsleiter der Bergbahnen Fendels. Inzwischen stehen an die 90 Autos am Parkplatz in Ried – da seien aber auch Gäste dabei, die ihr Auto lieber im Tal stehen lassen, bevor sie den beschwerlichen Weg über die Straße auf sich nehmen. Die Betriebszeiten wurden ausgeweitet, die erste Bahn fährt bereits um 7 Uhr in der Früh. Für die, die auspendeln, ist das Benutzen der Seilbahn an Werktagen zwischen 7 und 9 Uhr sowie zwischen 17 und 18 Uhr gratis. Dafür bekomme das Unternehmen einen finanziellen Ausgleich von der Gemeinde und vom Land.
Für Strobl ist das ein Konzept, das durchaus Zukunft hat. Derzeit gibt es keine Busverbindung ins Bergdorf. Er kann sich vorstellen, dass die Seilbahn diese Rolle in Zukunft übernimmt – auch nach der Straßensperre, wenn der staubige Notweg längst Geschichte ist.