Grundstücksdeal unter der Lupe

Klein-Dubai Grafenwörth bringt Riedl in Bedrängnis

Hunderte Wohnungen werden in die Wiese gebaut, ein künstlicher See angelegt. Ein gutes Geschäft für den ÖVP-Bürgermeister.
© APA/VI-Engineers

Wochenlang perlte die Kritik am Gemeindebundchef und Bürgermeister ab. Jetzt wird der Grundstücksdeal untersucht.

Wien – „Hunderte Häuser stehen aufgefädelt am Wasser. Sie gleichen sich bis ins letzte Detail. Ein weißer Würfel neben dem andern, Fassade an Fassade, Garage an Garage, Zaun an Zaun. Von den Gärten ragen Stege in den künstlichen See.“ (...) Die Computergrafik erinnert „an Dubai, an die prahlerisch grünen Wohnanlagen mitten in der Wüste“. Doch das Baufeld liegt im Weinviertel. Thematisiert wurde „Klein-Dubai“ erstmals von der Wiener Zeitung. Die Zeitung wird mittlerweile nicht mehr gedruckt, doch die Empörung über die Widmungsgeschäfte in Grafenwörth bleibt groß. Im Mittelpunkt steht der dortige ÖVP-Bürgermeister Alfred Riedl. Er ist auch Präsident des Österreichischen Gemeindebundes.

Riedl verteidigt das Geschäft. Kritik an der Mehrfach-Involvierung perlt an ihm ab.

Grundbuchauszüge, Firmenbucheinträge und Kaufverträge belegen die Interessen des Privatmanns Riedl. Die besagten Gründe waren vor zehn Jahren noch landwirtschaftlich genutzt worden. Riedl und seine Frau erwarben die landwirtschaftlichen Flächen um einen Pappenstiel. Nach der Umwidmung gab es eine Preissteigerung von knapp einer Million Euro. Für die Umwidmung zuständig ist unter anderem der Bürgermeister, also Riedl. 2019 wurden die Grundstücke verkauft, und zwar an den Bauträger des Sonnenweihers, der VI Engineers Development GmbH. Die Niederösterreichische Versicherung ist Mehrheitseigentümerin des Bauträgers, dort sitzt Riedl wiederum im Aufsichtsrat.

Riedl weist alle Vorwürfe zurück. Da wurde nichts gemauschelt, nichts „gedealt“.

ÖVP-Bürgermeister Riedl weist alle Vorwürfe von sich.
© imago

Der Gemeindebund reagiert spät – und berät nun in einer Sitzung über die Grundstücksverkäufe ihres Präsidenten. Er werde in der Sitzung die Hintergründe der Grundstücksverkäufe erklären. Dem Bericht zufolge soll „ergebnisoffen“ diskutiert werden. Eine Rücktrittsdebatte stehe aber nicht auf der Tagesordnung.

Die Landessprecherin und Klubobfrau der Grünen Niederösterreich, Helga Krismer, forderte am Freitag mehr Transparenz und Änderungen der bestehenden Regelungen: Notwendig sei ein „gesetzlicher Rahmen, der die Grauzone zwischen Amtsmissbrauch und einer als unmoralisch anmutenden Profitmacherei klärt“. Krismer sieht Handlungsbedarf: „Vor allem dort, wo rund um Immobilientransaktionen die persönlichen Interessen von Mitgliedern des Gemeinderates betroffen sind, wird die Sachlage heikel. Wenn dann auch noch gemeinnützige Wohnbauträger involviert sind, wird die Angelegenheit noch brenzliger.“ Die Optik sei „mehr als schief“, „wenn geplante Umwidmungen oder Tricks bei der Bebauung im stillen Kämmerlein vorbereitet werden und dem Anschein nach schon indirekt Teil des Grundstücksdeals sind“.

Die Grüne forderte ein verbindliches Entwicklungskonzept für jede Gemeinde. Für mehr Transparenz soll es nach Ansicht von Krismer im Gemeinderat einen Grundsatzbeschluss bereits zur Einleitung eines Flächenwidmungsverfahrens geben. Derzeit sei der Gemeinderatsbeschluss der Schlusspunkt und der Bürgermeister leite alleine das Umwidmungsverfahren ein. Außerdem müsse die Landesbehörde als oberstes Ziel den Gesamtbodenverbrauch im Auge behalten und somit mehr Mitspracherecht auf regionaler Ebene haben. „Auch die Kontrolle seitens des Landes muss dahingehend ausgeweitet werden“, verlangte die Grüne. „Der ungebremste Bodenverbrauch, der dabei herrschende Wildwuchs und die Willkür müssen ein Ende haben“, betonte sie.

Von der Opposition kamen bereits mehrmals Rücktrittsaufforderungen. (APA, misp)

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