Urlauber vor Rückkehr

Waldbrände wüten weiter auf Rhodos und Co: „Wir befinden uns im Krieg”

Luftaufnahmen vom 24. Juli zeigen die Zerstörung in Kiotari auf Rhodos.
© AFP

Die Feuerwehren in Griechenland kämpften am Montag in insgesamt 64 Regionen des Landes gegen die Flammen. Mindestens 19.000 Touristen und Einwohner sind aus Dörfern und Hotels im Südosten der Urlaubsinsel Rhodos evakuiert worden.

Athen – Einsatzkräfte im Dauereinsatz, evakuierte Touristen und abgesagte Flüge auf die Urlaubsinsel Rhodos: Griechenland hat am Montag weiter gegen die Folgen schwerer Waldbrände gekämpft. Im Südosten von Rhodos war trotz massiven Einsatzes von Löschflugzeugen und Helikoptern ein Großbrand weiterhin außer Kontrolle. Auch andere Länder im Mittelmeerraum kämpften weiter gegen Hitze und Trockenheit.

Etwa die Hälfte der 19.000 Menschen, die am Samstag auf Rhodos ihre Hotels verlassen mussten, waren Schätzungen zufolge am Montag entweder abgereist oder wieder in Hotels, Hallen, Schulen oder bei Privatpersonen untergebracht.

Auf Rhodos versuchen Einsatzkräfte weiterhin, die Brände im Südosten einzudämmen.
© imago

Auf Rhodos versuchten Löschflugzeuge und Hubschrauber die Brände im Südosten der Insel einzudämmen. Löschflugzeuge aus der Türkei und Hubschrauber aus Ägypten waren dort zur Verstärkung der Griechen im Einsatz. Immer wieder fachten starke Winde die Flammen an, wie ein Sprecher der Feuerwehr mitteilte. Touristen seien jedoch nicht in Gefahr, weil sie bereits am Samstag im Norden der Insel in Sicherheit gebracht worden waren.

Der griechische Regierungschef Kyriakos Mitsotakis hat sich am Montag bei allen Menschen bedankt, die bei den Löscharbeiten in den vergangenen Tagen in Griechenland mitgeholfen haben. Es habe keine Opfer gegeben und dies sei auf die Leistung der Feuerwehr, des Zivildienstes, der Küstenwache und der freiwilligen Helfer zurückzuführen. Die nächsten Tage würden weiterhin gefährlich sein.

"Wir befinden uns (in Sachen Brände) im Krieg", sagte Mitsotakis bei einer Parlamentsdebatte, die vom Staatsrundfunk übertragen wurde. Dieser Zustand sei auf den Klimawandel zurückzuführen, fügte er hinzu.

Die Feuerwehren in Griechenland kämpfen am Montag in insgesamt 64 Regionen des Landes gegen die Flammen. Die Brandgefahr bleibt extrem hoch. Dies gilt für die Region des Großraums Athen, der Halbinsel Peloponnes und vielen Inseln der Ägäis. So werde es auch in den kommenden Tagen bleiben, warnte am Montag der griechische Zivilschutz und veröffentlichte eine Karte mit der Waldbrandgefahr. Die schlimmsten Brände tobten am Montag auf der Insel Rhodos und auf der Insel Euböa.

"Wir sind am siebenten Tag des Feuers, und es ist immer noch nicht unter Kontrolle", sagte der stellvertretende Bürgermeister von Rhodos, Konstantinos Taraslias, dem staatlichen Rundfunksender ERT. Viele Touristen verbrachten die Nacht im Flughafen auf dem Boden, um auf ihre Rückführungsflüge zu warten, von denen die ersten in der Nacht auf Montag eintrafen.

Die evakuierten Touristen und Einheimische verbrachten die zweite Nacht in Notunterkünften wie hier in einer Sporthalle.
© APA/AFP/STRINGER

Notruf-Nummern für Österreicher

Laut Außenministerium wurden bisher mehr als 100 Österreicherinnen und Österreicher aus den akuten Brandgebieten auf Rhodos evakuiert. Montagmittag wusste die Behörden von keinen Landsleuten, die sich direkt im Brandgebiet befinden. Anrufe von Betroffenen auf anderen griechischen Inseln verzeichnete das Außenministerium bisher nicht.

Das Team in Rhodos wurde personell bereits verstärkt – die Kolleginnen und Kollegen sind am dortigen Flughafen, um betroffene Österreicherinnen und Österreicher bestmöglich zu unterstützen.

Ein weiterer Kollege aus Wien wird das Krisenteam in Rhodos, eine weitere Kollegin das Botschaftsteam in Athen ehestmöglich zusätzlich verstärken, kündigte das Außenministerium an. Betroffene können sich jederzeit an das österreichische Außenministerium (+43 501150-4411) oder die Botschaft in Athen (+30 6944278148) wenden.

Flug von Rhodos nach Innsbruck am Dienstag

Unterdessen haben Reiseveranstalter damit begonnen, vor den Waldbränden auf der griechischen Urlaubsinsel geflohene Touristen nach Hause zu fliegen. Der deutsche Reisekonzern TUI gab am Sonntag bekannt, bis Dienstag keine Touristen mehr nach Rhodos zu fliegen.

Das betrifft auch den wöchentlichen Flug von Innsbruck nach Rhodos kommenden Dienstag, wie TUI Österreich der TT bestätigte. Die Gäste auf Rhodos werden aber planmäßig zurück nach Tirol geflogen. Gebuchte Anreisen bis Freitag können kostenfrei storniert oder umgebucht werden.

Touristen klagten über mangelnde Unterstützung

Einige Touristen klagten über mangelnde Unterstützung. Der Österreicher Mario Wiese sagte, er habe zwei Tage auf dem Flughafen von Rhodos verbracht und sich selbst um seinen Rückflug nach Deutschland am Montagabend kümmern müssen. "Es gibt keine Decken, nichts. Hier liegen Kinder, die Milch brauchen", sagte er. "Ich musste alles selbst organisieren, weil sich hier niemand um uns kümmert. Ich verstehe das nicht.“

Hunderte von Urlaubern drängten sich am Wochenende im Flughafengebäude von Rhodos. Einige schliefen auf ihren Strandtüchern, während sie auf ihre Abflüge von der Insel warteten. Sie waren großteils ohne ihr Gepäck vor den Flammen geflüchtet. Der Österreicher Andreas Wöß erzählte im "Ö1"-Morgenjournal am Montag von seiner Flucht vor dem Feuer auf Rhodos. Der Mühlviertler sitzt mit seiner und einer befreundeten Familie mit insgesamt vier Kindern seit Samstag am Flughafen fest.

"Unsere Hotel ist komplett abgebrannt"

Erst im letzten Augenblick wurden die Urlauber vom Hotel zur Flucht aufgefordert, zuvor war ihnen immer versichert worden, sie seien sicher. "Alle sofort raus, Gepäck dalassen", es sei höchste Eisenbahn, habe es am Samstag bei der Rezeption geheißen. Zuvor waren ihnen schon Leute aus näher an den Bränden gelegenen Hotels entgegen gekommen und hätten geschrien "rennt", dann sei "Panik ausgebrochen". Die Familien flüchteten zwei bis drei Kilometer zu Fuß und wurden dann mit einem Bus zum Flughafen gebracht. Dort sitzen sie seither fest, "es gibt keine Zimmer, die ganze Insel ist ausgebucht, keine Flüge", berichtete der Mühlviertler.

Übernachtet wird "am kalten Marmorboden mit den Kindern". Doch die Familien hatten noch Glück. "Im Nachhinein haben wir erfahren, dass unsere Hotels komplett abgebrannt sind inklusive unseren Gepäcks", schilderte Wöß.

📽️ Video | Rhodos: Größte Evakuierung aller Zeiten

Auf Rhodos berichteten Urlauber, sie seien bei sengender Hitze kilometerweit gelaufen, um sich in Sicherheit zu bringen. Die Brände hinterließen verkohlte Bäume und tote Tiere lagen auf den Straßen neben ausgebrannten Autos.

Tiroler berichten von hektischer Abreise

Familie Fässler aus Sistrans ist am Samstagabend nach Hause zurückgekehrt. Zum Schluss ging alles ganz schnell, wie Stefan Fässler schildert. Der Flug ging um 17.30 Uhr. „Innerhalb von zehn Minuten mussten wir zu Mittag aufbrechen. Der Fahrer unserer Taxitransports sagte uns, dass vermutlich die Straße bald gesperrt werde.“

Die siebenköpfige Familie, die ihren Urlaub in einem Club in Süden von Rhodos in Plimmiri verbrachte, packte alles zusammen und dann ging es los. Natürlich mit einem mulmigen Gefühl. Denn die Rückfahrt entlang der Küstenstraße zum Flughafen führt durch die betroffenen Landstriche bei Lindos und Kiotari.

Für Stefan Fässler war „das Dramatischste sicher die Fahrt zum Flughafen, als wir gesehen haben, wie nahe das Feuer ist. Wie die Flammen in die Höhe schlugen“, berichtet Fässler. Immer wieder kamen ihnen auch von Rauch verschmutzte Fahrzeuge entgegen. Dann erhielten sie auch schon die Zivilschutzwarnung mit dem Hinweis von den bevorstehenden Evakuierungen.

Der Wind hatte sich gedreht, „die Rauchschwaden sind dann auch Richtung Süden gezogen“, so der Tiroler. Schon in den Tagen zuvor waren die Waldbrände Thema und der verzweifelte Kampf der Feuerwehren dagegen. „Die Feuerwehrleute waren rund um die Uhr im Einsatz und warteten auf die Unterstützung des Militärs.“

Evakuierungen in Griechenland

Situation spitzte sich zu

Auf der Fahrt zum Flughafen überschlugen sich dann Samstagnachmittag die Ereignisse. „Unser Fahrer wurde laufend informiert, die Situation spitzte sich zu.“ Letztlich kam die Sistranser Familie sicher am Flughafen an, Panik gab es dort keine. „Ich bin dem Taxler sehr, sehr dankbar, dass er uns besonnen und sicher zum Flughafen gebracht hat.“ Dort sei ihnen jedoch gesagt worden, dass ihr Flug vermutlich der letzte sei, dann würden alle gestrichen werden. Fässler: „Doch von einer Familie aus Köln, die ebenfalls bei uns im Hotel war, haben wir heute morgen erfahren, dass sie in der Früh zurückfliegen konnte.“

Auf dem Flughafen in Rhodos herrschte am Wochenende Chaos.
© STRINGER

Kampf gegen die Flammen geht weiter

In der Nacht auf Montag kämpften Hunderte Feuerwehrleute dagegen, dass die Flammen auf weitere Dörfer und Ortschaften übergriffen, wie das Staatsfernsehen (ERT) berichtete. Sonntag brannte das Feuer auf Rhodos an drei Fronten. Anhaltende Hitze und starke Winde erschwerten die Löscharbeiten zusätzlich. Wie ein Feuerwehrsprecher mitteilte, waren zehn Löschflugzeuge, acht Hubschrauber und 49 Feuerwehrwagen im Einsatz.

Der Brand habe „das Herz von Rhodos und seine Umwelt getroffen“, sagte der Naturkatastrophen-Experte Efthymios Lekkas dem Fernsehsender ERT. Er warnte vor schwerwiegenden Auswirkungen auf die Tourismusbranche der Insel. „Ich bin gerade von Lindos nach Gennadi gefahren“, sagte er. „Alle großen Hotels haben geschlossen. Ich glaube nicht, dass sie dieses Jahr nochmal öffnen werden, denn die Umgebung ist zerstört und lädt nicht gerade zum Urlauben ein.“

Ende der Hitzewelle am Donnerstag erwartet

Die Feuerwehr warnte abermals: Die Waldbrandgefahr werde weiterhin im Südosten der Insel auch am Montag und Dienstag sehr stark bleiben. Grund sei eine Zunahme des Windes. Eine erste Hoffnung ist aber in Sicht: Am Donnerstag soll die praktisch seit zwei Wochen in Griechenland andauernde Hitzewelle vorerst zu Ende gehen. Dann sollen laut Vorhersage die Thermometer wieder für die Jahreszeit normale Temperaturen um die 35 Grad erreichen – statt 40 Grad und mehr.

Auch in anderen Landesteilen Griechenlands soll ab Donnerstag die Hitzewelle zu Ende gehen. Die Brandgefahr bleibt jedoch vielerorts extrem hoch. Weitere Brände sind bereits ausgebrochen. So gab es am Wochenende auf der Halbinsel Peloponnes und auf der Ferieninsel Korfu mehrere Feuer, die wegen der Winde am Montag gefährliche Dimensionen erreichen könnten, wie Reporter vor Ort berichteten. (APA, dpa, TT.com)

Die derzeitigen Brände sind unter Kontrolle, doch die Gefahr weiterer Waldbrände bleibt bestehen.
© APA/AFP/SPYROS BAKALIS

Mehr zum Thema:

gutzuwissen
undefined

💡 Tipps von ÖAMTC und AK

Gut zu wissen: Extreme Hitze und Brände am Urlaubsort – in welchen Fällen man stornieren kann

undefined

Abkühlung am Donnerstag

Feuer wüten in 64 Regionen: Brandgefahr bleibt in Griechenland sehr hoch

undefined

Wie heiß ist es wirklich?

Hitze-Rekorde in Südeuropa: Temperatur messen, aber richtig