Kultur Österreich

Salzburger Festspiele mit romantischem Zeilinger eröffnet

Nobelpreisträger Anton Zeilinger hielt die Eröffnungsrede
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Mit einem Aufruf zu "begründetem Optimismus" hat Bundespräsident Alexander Van der Bellen die Salzburger Festspiele am Donnerstagvormittag offiziell eröffnet. Der Festakt in der Felsenreitschule, zu dem Quantenphysiker und Nobelpreisträger Anton Zeilinger als Festredner eine Reihe von Fragen zu Wahrheit, Wirklichkeit und Musik beisteuerte, fand vor zahlreichen politischen Ehrengästen statt. Die Salzburger Festspiele erwarten bis Ende August mehr als 250.000 Besucher.

Er sei wohl als Redner eingeladen worden, weil er aus seinen Experimenten zum Phänomen der Quantenverschränkung etwas über den Zustand der Wirklichkeit sagen könne, so Zeilinger. "Verschränkung löst entweder unser Bild von Raum und Zeit auf, oder unser Bild der Wirklichkeit. Oder, wie ich als Romantiker es hoffe, beides." Statt Antworten warf der Festspielredner lieber grundlegende Fragen in den Raum - auch solche, die in Zeiten von Normalitätsdebatten zutiefst politisch sind, etwa: "Ist die Wahrheit eine Frage der Mehrheit?" In den Naturwissenschaften gehöre es bei großen Entdeckungen fast schon zur Regel, "dass eine ganze Community, wo die Mehrheit einer Meinung ist, plötzlich umschalten kann: Weil das Experiment sagt: so ist es und nicht anders."

Die Vernunft sei heute vielleicht eine bedrohte Spezies, zur Aufklärung, die in gleich mehreren Redebeiträgen Thema war, wollte Zeilinger "das Original zitieren", also Immanuel Kant: "Die Maxime, jederzeit selbst zu denken, das ist die Aufklärung." Man müsse auch rund um die Frage der politischen Ausgrenzung darüber nachdenken, warum "extreme und populistische" Positionen so viele Anhänger haben, die eben nicht an die Vernunft, sondern an die Emotionen appellieren. "Ich wünsche uns Demut, Bescheidenheit, Offenheit und Anstand."

Vor dem aus Shakespeares "Hamlet" entlehnten Festspielmotto "Die Zeit ist aus den Fugen" plädierten im Zuge des Festaktes sowohl Bundespräsident Van der Bellen als auch Vizekanzler und Kulturminister Werner Kogler (Grüne) für Zusammenhalt und den Schutz der liberalen Demokratie im Angesicht großer Herausforderungen. Van der Bellen begleitete seinen "Aufruf zum begründeten Optimismus" auch mit der Aufforderung, Filterblasen in den sozialen Medien "zum Platzen zu bringen". "Wieso nicht einmal versuchen, die Algorithmen zu verwirren, indem wir auch denen followen, deren Meinung nicht so ganz unserer entspricht?" Zur Untermauerung zückte der Bundespräsident sein Handy, um sich zum Follower von Norbert Hofers Instagram-Account zu machen. "Reden Sie miteinander!", nur dann könnten wir auch gemeinsam Bilder einer Zukunft entwickeln, "auf die wir uns freuen können".

Kogler, der Hamlets Lamento frei österreichisch mit "Geh bitte! Wieso ich?" übersetzte, forderte eine "neue Allianz der Aufklärung". Gemeinsam müsse man jenen widerstehen, die "die aktuellen Krisen für ihre Eigeninteressen missbrauchen", so Kogler. "Es wird insinuiert, dass man das Rad der Zeit zurückdrehen könne."

Zahlreiche Prominente aus der europäischen Politik waren als Ehrengäste geladen, darunter EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Die Sicherheitsvorkehrungen rund um die Veranstaltungen waren hoch. Aufrufen im Vorfeld, aus Protest gegen die schwarz-blaue Salzburger Landesregierung bei der Rede von Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) die Veranstaltung zu verlassen, wurde beim Festakt nicht gefolgt. Einzelne Protestaktionen von Klimaaktivisten erreichten nicht das Innere der Felsenreitschule.

Musikalisch begleitet wurden die Eröffnungsreden durch das Mozarteumorchester unter der Leitung von Roberto Gonzales-Monjas und mit Bariton Georg Nigl als Gesangssolist. Am Abend geht als erste Opernproduktion dieses Festspielsommers die Premiere der Mozart-Oper "Le nozze di Figaro" über die Bühne. Bereits vor rund einer Woche startete das Festival mit der Ouverture Spirituelle und Michael Sturmingers Neuinszenierung des "Jedermann". Die Festspiele dauern bis zum 31. August an und erwarten mehr als 250.000 Besucher.

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