📸 Fans brauchen Geduld

Wacken-Festival versinkt im Schlamm: Veranstalter stoppten Anfahrt mit Autos

Fans können wegen des vielen Regens derzeit nicht mit dem gewohnten Tempo auf die Campingflächen.
© IMAGO/Dirk Jacobs

Metalfans schleppen sich mit Bier durch Schlamm, Traktoren ziehen Autos aufs Gelände: Vor Beginn des Heavy-Metal-Festivals herrscht in Wacken Chaos. Am Nachmittag folgt der Einlassstopp für Autos bis Festivalende. In den sozialen Medien gibt es Kritik.

Wacken – Schlamm, wohin man auch schaut, vor und hinter den noch geschlossenen Toren des Heavy-Metal-Festivals. Rund um das beschauliche Wacken in Schleswig-Holstein herrscht am Dienstag noch mehr Chaos als aus den Vorjahren gewohnt. Viel Regen am Montag hat den Campingplätzen arg zugesetzt. Auf den Wegen versinkt so mancher Metalhead bis über die Knöchel im Matsch. Bei der Anreise geht zunächst kaum etwas voran, dann ziehen die Veranstalter am späten Dienstagnachmittag die Notbremse. Nur Fahrzeuge in unmittelbarer Nähe dürfen noch auf das Gelände. Wie viele der erwarteten 85 000 Besucher da schon dort sind – die Frage bleibt zunächst unbeantwortet.

Wacken Open Air 2023

Regen und Schlamm sind die Metalfans im Norden bereits gewohnt. „Rain or shine“ (Ob Regen oder Sonnenschein) lautet ein Festivalmotto. „Ich bin am Montag gegen 9.30 Uhr in der Region Wacken angekommen, abends um 20.15 Uhr stand ich dann auf meinem Stellplatz“, sagt der Berliner Uli. Seine gute Laune lässt er sich dennoch nicht vermiesen. Es ist sein fünfter Besuch in Wacken. „Beim Wetter kann man nichts machen.“ Er erinnere sich noch gut an seine Premiere 2017, da sei das Wetter im Norden ähnlich gewesen.

Kritik im Netz

In den sozialen Medien entlädt sich derweil Kritik an den Veranstaltern. Statt wie ursprünglich angekündigt am Vormittag kommt das Update der Veranstalter zum bereits am Montag verhängten Anreisestopp erst deutlich später am Mittag. Das Einlass-Ende für Autos folgt noch einmal Stunden später.

Unter Instagram-Posts der Veranstalter mehren sich bereits am Vormittag Kommentare, die nach „wirklich wichtigen Infos“ verlangen. „Ist ja schön und gut, dass ihr die Moral hochhalten wollt, aber das klappt mit Fakten besser“, kritisiert eine Nutzerin. Auch zahlreiche andere Nutzerinnen und Nutzer fordern da schon eine klare Ansage der Veranstalter dazu, wie es weitergehe – und ob das Festival überhaupt stattfinde. Einige melden sich verärgert von unterwegs – viele stehen da schon viele Stunden im Stau.

Nach dem finalen Anreisestopp entlädt sich im Netz teils die Wut. „Fairerweise dann komplettes Festival canceln?!“, schreibt ein Instagram-Nutzer unter einen Post der Veranstalter. Rund 500 Kommentare sammeln sich dort innerhalb einer halben Stunde. „Wer also irgendwie anders nach Wacken kommt, bekommt das Festival? Sehr unglückliches Krisenmanagement und Kommunikation“, schreibt ein anderer Nutzer. Ein Besucher aus Portugal fragt, wo er nun heute Nacht schlafen soll.

„Wir sind sehr traurig, diese schwere Entscheidung – zum ersten Mal in der Geschichte des W:O:A – treffen zu müssen“, berichten die Veranstalter kurz zuvor. Durch den vielen Regen der vergangenen 24 Stunden und den schlechten Zustand der Campingflächen, Veranstaltungsflächen und Zuwege könnten keine Fahrzeuge mehr auf das Gelände gelassen werden. Informationen zum Umgang mit den knapp 300 Euro teuren Tickets sollen folgen.

Feiern nach erfolgreicher Anreise

Wer es dagegen auf das Gelände geschafft hat, feiert dort am Dienstag. Aus Boxen erklingt Heavy-Metal, unter Zelt-Pavillons überbrücken Besucher Regenschauer, indem sie Bier trinken und Karten spielen. Und klar, das berühmte langgezogene Wackeeeeen ist auch zu hören. „Immerhin ist es nicht so trocken wie 2022“, sagt Lukas aus Bochum. Für ihn ist der Ort etwas Besonderes: „Man kommt hier zu 75.000 Freunden – das ist Wacken.“ Kommt ein Besucher mit dem Wagen nicht mehr weiter, ist meist schnell Hilfe zur Stelle. An vielen Orten prangen die drei Buchstaben des Wacken Open Air (W:O:A).

Auch bei Steve aus Oberfranken ist die Stimmung gut. Mit seinen Freunden sitzt er unter einem blau-weiß gestreiften Pavillon. Es sei „zum ersten Mal wie eine VIP-Area hier“, sagt er, „weder Schlangen an den Essensständen noch am Merge, weil halt eben so wenig Leute hier sind“. Die Leute, die ihre Anreise stoppen müssen, täten ihm leid.

Einige Meter weiter schwingt Antje ihre Dreadlocks zum Takt der Musik. „Waaaacken“ grölen sie und ihre Freunde, in einem Topf auf einer Feuerschale kocht ein Rinderbraten. Das Wetter schade der Stimmung nicht, erzählt die Schweizerin. „Ich habe mich ein Jahr darauf gefreut, ich muss Party machen, oder?“, fragt sie scherzend und lacht.

Droht Absage?

Wenige Stunden später ist auf dem Gelände die Unsicherheit groß: Kann Wacken überhaupt stattfinden? Eine Absage des Festivals steht auch am Dienstagabend noch nicht im Raum. Eigentlich geht es am Mittwoch offiziell los. Zum Auftakt soll die örtliche Feuerwehrkapelle spielen, am Abend dann Metalqueen Doro Pesch auf der Bühne stehen. Insgesamt sind mehr als 200 Konzerte auf neun Bühnen geplant. Bereits das vierte Mal in Wacken dabei ist die britische Band Iron Maiden. Zudem werden Acts wie Megadeth und Helloween erwartet. Fest steht: Es wird nach dem Chaos im Vorfeld ein anderes Wacken als sonst. (dpa)

Keine Hoffnung auf trockenes Wetter

Der Deutsche Wetterdienst macht Veranstaltern und Fans keine Hoffnung auf Trockenheit. „Es bleibt äußerst unbeständig“, sagte Meteorologe Thore Hansen am Dienstag. „Ein Hochdruckgebiet ist nicht in Sicht.“ Bis Mitternacht sei mit einer Regenmenge von rund 10 Litern je Quadratmeter innerhalb von 24 Stunden zu rechnen.

Eine ähnliche Regenmenge werde für Mittwoch erwartet, mit Schwerpunkt am Abend. Dann könnte es auch Gewitter mit Sturmböen geben. Auch für Donnerstag macht der Meteorologe wenig Hoffnung. Es werden bei sehr wechselhaftem Wetter wieder 10 bis 15 Liter Regen je Quadratmeter erwartet. „Das ist eine ganze Menge“, sagte Hansen auch mit Blick auf die Niederschläge, die bereits in den vergangenen Tagen gefallen sind und die Böden aufgeweicht haben.

Erst für Freitag ist der Vorhersage zufolge eine kleine Wetterbesserung in Sicht. Einzelne Schauer seien aber weiter möglich. Richtig warm wird es auch nicht. Tagsüber sollen Höchstwerte von 20 bis 21 Grad erreicht werden. Nachts kühlt es auf 14 bis 15 Grad ab.

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