Architekt ließ 500 Jahre altes Haus in Schattwald von Restauratoren instand setzen
Schattwald – Die letzte Bewohnerin war eine gewisse Florentina. Auch wenn das schon über 40 Jahre her ist, spricht man in Schattwald weiter von Floras Haus. Ein Abriss des 500 Jahre alten Bauernhauses stand im Raum, bis Jürgen Hess ins Spiel kam. Der Stuttgarter Architekt war auf der Suche nach einem Gebäude, das er retten konnte. Im Tannheimer Tal wurde er fündig. Das nötige Kleingeld brachte er mit. Denn die Instandsetzung des Anwesens kostete ihn noch einmal gleich viel wie der Kauf. Aber das war ihm egal, fasziniert wie er war – von der historischen Dimension des Gebäudes.
Bei einer Führung durch Floras Haus leuchten dann auch seine Augen des Öfteren. Auf der Schuppen-Seite zeigt er auf zwei große Holzstämme in der Wand, die von Fachleuten der Uni Innsbruck dendrochronologisch untersucht worden sind. „1536 und 1539. Ja, so alt ist das Haus.“ Bei seinem ersten Kennenlernen hätte er es zeitlich noch im 17. Jahrhundert, in der Renaissance, verortet. Spätere Umbauten hätten vieles verändert. Das Haus sei zwar nicht denkmalgeschützt, aber er habe es beim ,Fresh-up‘ so behandelt, als ob es das wäre. Zwei deutsche Restauratoren haben sich der Adresse Schattwald 8 angenommen. Auch Tischler und Zimmerleute kamen zum Einsatz. Jetzt präsentiert es sich fast wie ein Museum. Alle Oberflächen im Inneren des Hauses befinden sich im ursprünglichen Zustand. Malereien und Walzstrukturen wurden wie die Farbfassung der hölzernen Wandtäfelung in der Stube erhalten, die Putz- und Holzschindelfassaden hingegen erneuert.
Pläne habe es keine gegeben. „Damals hat man einfach mit gesundem Menschenverstand gebaut“, ist der Architekt fasziniert. Etwa wie das Haus einmal höhergelegt worden sei, indem man Holzkeile zwischen die Balken getrieben habe. Zeitungsfunde, die 1972 enden, lassen Hess darauf schließen, dass das Haus seit dieser Zeit nicht mehr bewohnt war.
Im Mai 22 begann die Instandsetzung mit dem Abbruch der Kamine. Schon im September wurde die erste Party mit 40 Leuten gefeiert, bei der sich der Fußboden in der Stube unter dem Gewicht der Gäste um bis zu zehn Zentimeter senkte. Der historische Holzboden musste raus, neue Bretter und ein Unterbau kamen rein. Die Sanierungskosten betrugen 300.000 Euro, die Dorferneuerung förderte kräftig mit. Nun wurde alles mit Musikkapelle und Bürgermeister offiziell eröffnet. Floras Haus kann für Seminare oder Events wie Hochzeiten gebucht werden, ein Gasthaus wird es nicht. An der exakten Verwendung wird aber noch gefeilt.