Gewalt in Afghanistan

Zwei Jahre nach Machtübernahme der Taliban: Initiative fordert in offenem Brief, dass Österreich handelt

Die Taliban hatten bei ihrer Machtübernahme in Afghanistan vor zwei Jahren angekündigt, sich zu ändern. Davon sei eindeutig keine Spur, kritisieren Vertreter und Vertreterinnen einer überparteilichen österreichischen Initiative der Solidaritätsgruppe Afghanistan.
© APA/AFP/SANAULLAH SEIAM

Bereits zum zweiten Mal jährt sich der Tag, an dem die Taliban nach Abzug westlicher Kräfte die Macht in Afghanistan übernommen haben. Die terroristische Gruppierung habe sich nicht geändert, kritisieren Vertreter und Vertreterinnen einer überparteilichen österreichischen Initiative nun in einem offenen Brief und fordern ein hartes Vorgehen – auch von Österreich.

Wien, Kabul – „Zwei Jahre nach der Machtübernahme durch die Taliban in Afghanistan hat das terroristische Regime klar bewiesen, dass sie sich nicht verändert haben“, beginnt der offene Brief einer überparteilichen österreichischen Initiative der Solidaritätsgruppe Afghanistan, der am Montag in Wien anlässlich des zweiten Jahrestages am Dienstag veröffentlicht wurde. Unterzeichnet wurde er auch von der außenpolitischen Sprecherin der Grünen, Ewa Ernst-Dziedzic.

Vereine, wie unter anderem SOS Mitmensch, SOS Balkanroute, der Bund demokratischer Frauen Österreich oder auch der KPÖ Bundesvorstand, Österreicherinnen und Österreicher sowie in Österreich lebende Afghaninnen und Afghanen haben das Schreiben unterzeichnet.

Darin appellieren sie an die internationale Gemeinschaft, aber auch direkt an Österreich, „endlich konkrete Maßnahmen zur Verhinderung der vorhersehbaren Konsequenzen des Status quo“ zu setzen. „Setzt sich die Situation weiter fort, hat das katastrophale Folgen für alle Menschen in Afghanistan“, heißt es in dem Brief.

Talibanführer sollen rechtlich verfolgt werden

Im Schreiben wird konkrete Unterstützung des politischen Widerstandes in und außerhalb des Landes gefordert. Außerdem beharren die Verfasserinnen und Verfasser auf eine notwendige rechtliche Verfolgung der Talibanführer im Rahmen des internationalen Rechts.

Weiters wird neben dem Recht auf Bildung vor allem die Wahrung von Minderheitenrechten als Bedingung für die Anerkennung der Taliban angeführt. Auch auf einen Einsatz seitens Österreich für eine Sanktionierung der hochrangigen Taliban-Funktionäre durch die EU und im Rahmen des Sicherheitsrates der UNO wird gepocht.

Frauen besonders von Maßnahmen der Taliban betroffen

„Die Taliban 2.0 begehen täglich unzählige Menschenrechtsverletzungen, insbesondere gegenüber Frauen und jeglichen Personen die der Norm der Taliban abweichen,“ schreibt die Soli-Gruppe Afghanistan in dem Brief. Ein besonderes Problem würden zahlreiche Hinrichtungen auf Basis der jeweiligen ethnischen Zugehörigkeit darstellen, die die Vertreibung von Minderheiten wie den Hazaras, Tadschiken und Usbeken deutlich mache.

Aus diesem Grund stellt auch der Umgang mit der Flüchtlings- und Migrationspolitik einen zentralen Punkt im Schreiben dar. „Österreich sollte sich bei seiner Flüchtlings- und Migrationspolitik nicht der Mittäterschaft verschreiben und stattdessen dazu beitragen, dass Afghaninnen und Afghanen die Einreise nach Österreich erleichtert wird“, fordert die Gemeinschaft im offenen Brief.

Spätestens jetzt sollte klar sein: Mit den Taliban ist kein Staat zu machen.
Ewa Ernst-Dziedzic (außenpolitische Sprecherin der Grünen)

Ernst-Dziedzic zeigt sich in einem zusätzlichen Statement am Montag über die Situation in Afghanistan besorgt: „Auch jenen, die die Taliban zunächst noch an ihren Taten messen wollten, sollte spätestens jetzt klar sein: Mit den Taliban ist kein Staat zu machen. Mit diesen Machthabern hat Afghanistan keine Zukunft“, betont sie in einer Aussendung in Anspielung auf eine entsprechende Aussage von Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) kurz nach der Taliban-Machtübernahme.

„Seit dem überstürzten Abzug der westlichen Kräfte aus Afghanistan agiert die internationale Gemeinschaft im Umgang mit den Taliban geradezu orientierungslos. Die EU und ihre Verbündeten müssen jetzt konkrete Leitlinien vorgeben“, betont Ernst-Dziedzic. Auch die Soli-Gruppe Afghanistan ist dieser Meinung: „Der Umgang der internationalen Gemeinschaft mit den Taliban kann insgesamt als ziellos, unkoordiniert, reaktionär und zurückhaltend beschrieben werden.“ (APA)