📱 FAQ zum EU-Gesetz

Mehr Transparenz und Mitsprache: Welche Regeln für Google, Facebook und Co. jetzt gelten

Symbolbild.
© DENIS CHARLET

Mit dem ab Freitag in Kraft getretenen Digital Service Act der EU greifen für große Online-Plattformen neue, strengere Vorgaben, die bei Nichteinhaltung Strafen in Milliardenhöhe mit sich ziehen. Was sich konkret ändert und wo NutzerInnen jetzt mehr Rechte bekommen: Ein Überblick:

Brüssel – Wird es nun ungemütlich für die Tech-Giganten in der EU? Facebook, Google und viele andere müssen nach einem neuen Gesetz künftig schärfer gegen illegale Inhalte im Netz vorgehen, sonst drohen ihnen saftige Geldstrafen. Ab heute, Freitag, ist das Gesetz rechtlich durchsetzbar. Damit einhergehend: neue Pflichten für die Plattformen und neue Rechte für die NutzerInnen. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick:

❓ Worum geht es genau?

Die EU verabschiedete im Oktober letzten Jahres ein neues Gesetz über digitale Dienste. Der sogenannte Digital Service Act, bzw. DSA. Generell sollen Online-Dienste damit transparenter für die NutzerInnen werden. So soll etwa sichergestellt werden, dass Plattformen und Suchmaschinen illegale Inhalte auf ihren Seiten schneller entfernen als bisher. Auch soll das Melden dieser Inhalte vereinfacht werden. Grundsätzlich müssen große Dienste mehr Regeln befolgen als kleine.

📽️ Video | Strengere Online-Regeln treten in Kraft

❓ Welche Unternehmen sind betroffen?

Zunächst sind sehr große Plattformen und Suchmaschinen mit mehr als 45 Millionen aktiven NutzerInnen im Monat betroffen. Für sie gelten strengere Vorgaben als für kleinere Unternehmen. Denn aus Sicht der EU geht von ihnen ein besonders großes Risiko für die Gesellschaft aus. Die Europäische Union hatte im April 19 Unternehmen als „sehr große Online-Plattformen“ und „sehr große Online-Suchmaschinen“ eingestuft. Sie hatten nun vier Monate Zeit, die Vorgaben der EU umzusetzen.

Dazu zählen X (früher Twitter), Facebook, Instagram, TikTok und mehrere Google-Dienste, wie Google Play, Google Maps und Google Shopping. Aber auch Zalando, YouTube, Pinterest, Snapchat, Wikipedia, Booking.com, der Amazon-Marketplace und der App Store von Apple sind von den neuen Maßnahmen betroffen. In einigen Monaten sollen die Regeln auch für kleinere Unternehmen gelten, die unter das Gesetz fallen.

❓ Was ändert sich genau?

Mit dem DSA treten einige neue Pflichten für die Plattformen in Kraft – die wiederum neue Rechte für die NutzerInnen mit sich ziehen.

Plattformen und Suchmaschinen müssen nicht nur illegale Beiträge schneller löschen als bisher – sie erstatten künftig auch der EU-Kommission detailliert Bericht, welche Risiken für die BürgerInnen in Europa bestehen. Snapchat oder YouTube müssen also zum Beispiel prüfen, ob ihr Angebot Cybergewalt fördert, die Meinungsfreiheit untergräbt oder sich ihr Algorithmus negativ auf die menschliche Psyche auswirkt. Entsprechend müssen die Unternehmen dann Maßnahmen ergreifen. Die EU-Kommission wiederum hat das Recht, die Wirksamkeit der von den Plattformen gesetzten Maßnahmen unabhängig zu überprüfen.

Zudem müssen UserInnen klar informiert werden, warum ihre Beiträge gelöscht werden und erhalten ein Widerspruchsrecht. Zudem müssen die Plattformen binnen einer bestimmten Zeit reagieren.

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Außerdem haben NutzerInnen von Plattformen wie Instagram oder TikTok künftig das Recht zu erfahren, welche Inhalte im Feed landen und können sich diese auch chronologisch anzeigen lassen. Wer keine Empfehlungen auf den Plattformen angezeigt haben möchte, die auf Basis der persönlichen Daten fußen, kann auf ein Opt-Out bestehen. Meta hat bereits diese Woche angekündigt, sich auf seinen Plattformen diesen Regeln zu beugen.

Geschäftsbedingungen müssten künftig so formuliert sein, dass jedes Kind sie verstehe, sagt ein EU-Beamter. Online-Marktplätze wie Amazon oder Alibaba AliExpress sollen zum Beispiel Angebote von gefälschter Kleidung oder gefährliche Spielzeuge so gut wie möglich entfernen und KäuferInnen entsprechend warnen.

Auch sogenannte Dark Patterns, also Designentscheidungen, die NutzerInnen zu bewussten Entscheidungen verleiten sollen, sind ab nun verboten.

❓ Was ist mit Werbung?

Verboten werden auch gezielte Anzeigen, wenn sie auf sensiblen Daten wie der Religion, der sexuellen Orientierung oder politischen Überzeugungen basieren. Personenbezogene Daten von Kindern und Jugendlichen dürfen zu Werbezwecken nicht mehr gesammelt werden. Außerdem soll die Geheimniskrämerei der Plattformen beschränkt werden: Sie müssen künftig mehr Informationen über ihre Arbeitsweise preisgeben. Nach Angaben eines EU-Beamten werden viele der Änderungen für VerbraucherInnen nicht sofort sichtbar sein, sondern eher im Hintergrund ablaufen. Der Langzeiteffekt dürfe aber nicht unterschätzt werden.

❓ Was ist die Reaktion der Konzerne?

Meta mit seinen Flaggschiffen Facebook und Instagram hat allein für die Arbeit rund um den Digital Services Act ein Team von 1000 MitarbeiterInnen zusammengestellt. Google versprach mehr Transparenz – unter anderem in den Richtlinien sowie mit zusätzlichen Informationen über die Ansprache einzelner Zielgruppen bei Werbeanzeigen. Auch soll es neue Werkzeuge für den Datenzugang von Forschenden geben.

TikTok hatte bereits vor einigen Wochen angekündigt, für UserInnen in der EU einen alternativen, weniger personalisierten Algorithmus einzuführen und mehr Transparenz hinsichtlich Werbeanzeigen auf der Plattform zu gewähren.

Elon Musk, Inhaber der Online-Plattform X, hat zugesichert, die neuen EU-Regeln für große Digitalkonzerne einhalten zu wollen. „Wir arbeiten hart daran“, erklärte Musk am Freitag auf seiner Plattform.

Aber nicht alle Tech-Giganten wollen die Regeln einfach so hinnehmen. Amazon und Zalando haben bereits Klagen eingereicht. Sie sehen sich zu Unrecht als „sehr große Online-Plattformen“ eingestuft und argumentieren, dass die Regeln für sie als Händler nicht gelten sollten. Andere Klagen könnten folgen.

❓ Welche Reaktion gab es aus der Politik?

„Dieser 25. August markiert einen wichtigen Wendepunkt“, erklärte der zuständige EU-Kommissar Thierry Breton am Freitagvormittag auf X. „Internetnutzer werden von nun an mehr Schutz, aber auch mehr Kontrolle und Wahlmöglichkeiten haben.“ Sein Team werde „sehr, sehr streng sein, um zu überprüfen, ob sich die Plattformen an den DSA halten“.

In Österreich meldeten sich Florian Tursky, Staatssekretär für Digitalisierung und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (beide ÖVP) zu Wort.

„Mit dem 'Digital Services Act' setzen wir einen bedeutenden Schritt in Richtung einer modernen, sicheren und transparenten europäischen digitalen Landschaft“, begrüßte Tursky die Neuerung am Freitag in einer Aussendung. Dabei gehe es nicht nur um die Entfernung illegaler Inhalte, sondern auch um „die Rechte der Nutzer in Bezug auf Datenschutz“, so Tursky. Denn: „Die Benutzerinnen und Benutzer haben das Recht zu wissen, wie ihre Daten verwendet werden, und haben fortan die Möglichkeit, bestimmte personalisierte Dienste abzulehnen.“

Auch Karoline Edtstadler betonte, der heutige Tag markiere einen weiteren Meilenstein in der gemeinsamen europäischen Bekämpfung von Hass im Netz: „Österreich konnte mit dem Kommunikationsplattformengesetz vorangehen und bereits bisher sicherstellen, dass Hass im Netz Konsequenzen hat.“

❓ Wie geht es nun weiter?

Sollten die Konzerne die Vorgaben nicht einhalten, droht ihnen eine Strafe von bis zu sechs Prozent des weltweiten Jahresumsatzes. Der zuständige EU-Kommissar Thierry Breton hob am Donnerstag hervor: „Die Einhaltung des DSA ist keine Strafe – es ist eine Möglichkeit für Plattformen, ihre Vertrauenswürdigkeit zu stärken.“ Ab Februar 2024 gelten die Regeln auch für kleinere Digitalunternehmen. (APA, dpa, TT.com)

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