💬 Mountainbikerin in „Tirol Live”

Mona Mitterwallners Olympia-Mission: „Ich will mich nicht verkaufen“

Mit ihrem Weltcupsieg im olympischen Cross-Country-Bewerb sorgte die Tirolerin Mona Mitterwallner für den sechsten österreichischen Erfolg in dieser Disziplin.
© AFP

Die Silzer Mountainbikerin Mona Mitterwallner fand nach ihrem ersten Elite-Weltcupsieg Zeit für ein Interview. Die 21-Jährige über ihren Olympia-Traum und die schwierige Suche nach einem Kopfsponsor.

Welchen Stellenwert hat Ihr jüngster Weltcupsieg – der sechste überhaupt für Österreich?

Mona Mitterwallner: Nach der WM-Enttäuschung zuletzt (Platz 4) habe ich mich von allen meinen Gefühlen distanziert, weil es einfach zu viel für mich gewesen wäre. Ich bin also mit Distanz von allem nach Vallnord (Andorra, Schauplatz des Rennens, Anm.) und in der letzten halben Runde kam dann alles – Trauer, Schmerz, Gedanken an die harte Arbeit und Zweifel, aber auch Freude – zurück. In der Elite ist das Niveau extrem hoch, vor vier Jahren waren die Abstände viel größer. Jetzt gibt es keinen Platz mehr für Fehler.

Für Olympia 2024 sind Sie gesetzt. Wie gehen Sie mit dem Druck um?

Mitterwallner: Es ist ein weiteres Rennen, das ich gewinnen möchte. Für mich ist jedes Rennen wichtig, deshalb behandle ich Olympia gleich. Bekommt das Rennen einen Ausnahmestatus, machst du Fehler. Olympia ist ein großer Traum, aber ich habe auch viele Zwischenziele.

Wie groß war die Enttäuschung, nicht für Olympia 2021 nominiert worden zu sein?

Mitterwallner: Groß, auch wenn es sich schon früher abgezeichnet hat. Ich hätte so schnell fahren können, wie ich wollte, ich hätte nichts ändern können. Man hat nach Richtlinien entschieden, welche bereits im Vorjahr so festgesetzt wurden. Viel wird an geschriebenen Wörtern festgelegt, nicht am Hausverstand – deshalb läuft auch in der Politik viel schief.

Wie reagierten Sie darauf?

Mitterwallner: Ich habe während Olympia mein Handy abgeschaltet und eine der besten Trainingswochen überhaupt hingelegt. Ich habe dann alles gewonnen, was es zu gewinnen gab.

📽️ Video | Mona Mitterwallner in „Tirol Live”

Viel wurde über Ihr Verhältnis zur Tiroler Rivalin Laura Stigger (Haiming) gemutmaßt, die unweit von Ihnen wohnt. Wie ist es?

Mitterwallner: Jede will die Beste sein, aber dafür muss ich 80 Fahrerinnen im Weltcup schlagen. Wir fokussieren uns beide auf uns und haben nichts gegeneinander.

Mann und Frau im Sport – wie erleben Sie das im Mountainbike?

Mitterwallner: Bei uns war es von Anfang an fair: TV-Zeiten, Preisgelder, gleiche Strecke – alles ist gleich. Bei uns gibt es den Gedanken der Gleichbehandlung gar nicht, weil es sowieso selbstverständlich ist. Muss man Gleichberechtigung hervorheben, ist man sowieso nicht mehr am gleichen Nenner.

Wie lässt sich das Privatleben mit dem Sport vereinen?

Mitterwallner: Privat würde ich auch Radfahren gehen, ich muss nichts trennen. Aber ich sehe Radsport und Privates als Gesamtes, das muss alles im Einklang sein. Gesundes Essen kann man als privat bezeichnen oder als Teil der Arbeit sehen.

Wie gehen Sie mit Niederlagen um?

Mitterwallner: Es gibt nichts Schwereres, aber wir verlieren täglich im Training oder im Rennen. Das ist die größte Lektion, davon gehen wir stärker raus. Tief fallen heißt, dass es wieder raufgeht, vorausgesetzt man gibt nicht auf und lernt aus den harten Phasen.

Wie darf man sich Ihre Trainingsumfänge vorstellen, wie viel radeln Sie?

Mitterwallner: Das hängt davon ab, ob es sich um eine Renn- oder Trainingswoche handelt. Ich sitze tendenziell mehr am Rad als andere Kollegen, unter 4 bis 5 Stunden bin ich selten unterwegs. Es ist halt meine Leidenschaft – ich wüsste nicht, was ich sonst täte.

Sie sind viel in Tirols Bergen unterwegs – wie sehen Sie die Mountainbike-Szene in Tirol?

Mitterwallner: Manchmal gespalten. Ich liebe die Berge und bin deswegen dort unterwegs. Manche Leute sind den Radfahrern nicht so gut gesinnt, da fehlt mir die Toleranz. Ich bleibe für Wanderer stehen, habe damit kein Problem, aber manche glauben, dass man sie zusammenfährt. Es ist mein Beruf und Handwerk, deswegen kann ich Geschwindigkeit gut einschätzen. Manche gehen nicht gerne auf die Seite, aber wir sind alle nur zu Gast auf der Welt, sie gehört niemandem. Die Berge sind meine Leidenschaft – da finde ich es schade, wenn einem Leute etwas nachrufen.

Das klingt nach manch unliebsamem Erlebnis auf den Bergen.

Mitterwallner: Ich verstehe nicht, warum ich einem Wanderer den Tag zerstört haben soll, ich will in den Bergen sein, er auch. Und es gibt wichtigere Sachen auf der Welt, etwa die Situation in der Ukraine. Wenn einer sagt, ein Radfahrer habe ihm seinen Sonntag zerstört, haben wir ein Luxusproblem. Wir sollten hinterfragen, worüber wir uns eigentlich aufregen.

Wie stehen Sie eigentlich dem E-Bike-Trend gegenüber?

Mitterwallner: Ich finde es gut, dass sich die Leute mehr bewegen und dass sie sehen, was für ein toller Sport das Radfahren ist.

Sie haben keinen Kopfsponsor – warum?

Mitterwallner: Das hat mehrere Gründe. Red Bull zum Beispiel ist großartig, die haben tolle Mitarbeiter. Ich sagte aber: Ich trinke kein Saftl, seit ich ein Kind bin, nicht einmal Orangensaft. Das passt also nicht zu mir, ich will das nicht in die Kamera halten, denn ich verzichte auf industriellen Zucker.

Es gäbe viele Sponsoren.

Mitterwallner: Ich hatte viele Gespräche, war aber mit dem Umgang der Verantwortlichen nicht zufrieden: Ich will mit jedem auf Augenhöhe sein. Ich will nicht, dass mir einer vermittelt: Wenn ich dir Geld gebe, tust du, was ich sage. Es geht um respektvollen Umgang, ich muss mich nicht runtermachen. Lieber bleibe ich meinen Prinzipien treu und habe weniger Geld. Ich will mich nicht verkaufen.

Kann man vom Mountainbiken leben?

Mitterwallner: Durch meinen Erfolg lebe ich gut, auch dank des Heeressports. Ich wohne zuhause, lege das Geld, das ich momentan verdiene, für später auf die Seite. Man weiß nie, was passiert.

Genießen Sie es daheim?

Mitterwallner: Wenn ich nach zwölf Tagen vom Rennen heimkomme, empfängt mich meine Familie, der Kühlschrank ist voll – ja, ich genieße das Familienleben sehr.

Das Gespräch führten Florian Madl und Peter Nindler