Land unter: So viel Regen wie noch nie in Griechenland, Tote auch in Istanbul und Bulgarien
Wo es neulich noch brannte, verwandeln sich in Griechenland nun Bäche in reißende Flüsse. Menschen müssen mit Schlauchbooten gerettet werden. Auch die türkischen Metropole Istanbul und Bulgarien kämpfen mit Hochwassern. Die Zahl der Opfer in allen drei Ländern stieg am Mittwoch auf 14 an.
Athen, Istanbul, Sofia – Bei den schweren Unwettern in Mittelgriechenland ist am Mittwoch ein weiteres Todesopfer geborgen worden. Im Dorf Paltsi im Osten der Hafenstadt Volos barg die Feuerwehr die Leiche einer Frau, wie der Sender ERTnews berichtete. Damit stieg die Zahl der Todesopfer in Griechenland auf zwei. In der Türkei gab es Stand Mittwoch sieben Todesfälle; weitere 31 Menschen seien verletzt worden, hieß es.
An der bulgarischen Schwarzmeerküste gab es mindestens vier Tote. Somit stieg die Zahl der Unwetteropfer Stand Mittwochabend insgesamt in allen drei Ländern auf 14.
An der bulgarischen Schwarzmeerküste fand die Polizei am Mittwoch ebenfalls eine Leiche, nachdem bereits am Dienstag zwei Todesopfer zu beklagen waren. Somit stieg die Zahl der Unwetteropfer Stand Mittwochnachmittag insgesamt in allen drei Ländern auf zwölf.
Ein Ende der starken Regenfälle war zunächst weitgehend nicht in Sicht. Die türkischen Behörden warnten vor weiteren Unwettern, die diesmal die Schwarzmeerregion treffen sollten. Dort wurden ab Mittwochabend schwere Gewitter und Sturzregen erwartet. In Mittelgriechenland galten bis Donnerstag vielerorts Fahrverbote und Warnungen, die Häuser nicht zu verlassen. Lediglich in Bulgarien schien sich die Lage zunächst zu entspannen; dort soll es am Donnerstag an der Schwarzmeerküste nicht mehr regnen.
In Mittelgriechenland herrschte am Mittwoch Chaos. Vielerorts fielen Stromversorgung, Mobilfunknetze und Internet aus. In der Bucht vor der Hafenstadt Volos harrten Mittwoch früh rund 400 Menschen auf einer Fähre aus, die wegen der Unwetterschäden nicht anlegen durfte. Sie wurden schließlich zum weiter südlich gelegenen Hafen Agios Konstantinos gelotst. Auch am Flughafen der Sporaden-Insel Skiathos war der Betrieb vorübergehend eingestellt.
"Wir können die Strom- und Wasserversorgung nicht wieder herstellen", sagte Achilleas Mpeos, Bürgermeister von Volos, dem Sender Skai. "Die Transformatoren stehen unter Wasser, es ist gefährlich, überhaupt zu versuchen, dort heranzukommen." Ohne Strom gebe es kein Wasser, auch die Kläranlagen funktionierten nicht, sagte der Bürgermeister.
Die Fähre "Superstar" mit ihren 400 Passagieren lag bereits seit Dienstagabend wenige Seemeilen vor dem Hafen der Stadt Volos. Medienberichten zufolge hatte die Hafenpolizei das Anlegen untersagt, weil die Verkehrssituation in der Stadt so schwierig sei. "Es ist unmöglich, die Straßen zu räumen", sagte Bürgermeister Mpeos, "gerade hört es für ein paar Minuten auf zu regnen und wir gehen mit schwerem Gerät rein, dann fängt es sofort wieder an."
Die Wassermengen, die bisher über der Region Thessalien niedergingen, seien die größten, die jemals im Land gefallen seien, seit diese Daten erhoben würden, teilte die Wetterbehörde EMY mit. Rekordhalter war nun die Ortschaft Zagora, wo am Dienstag von Mitternacht bis 20.45 Uhr 754 Liter Regen je Quadratmeter gemessen wurden.
Den bisherigen Rekord hielt nach Angaben des Nationalen Observatoriums in Athen bisher der Ort Makrinitsa, der ebenfalls in der Region liegt. Damals im Dezember 2009 betrug die Niederschlagsmenge allerdings nur etwas mehr als die Hälfte des neuen Rekords, nämlich 417 Liter pro Quadratmeter. "Was in (der Region) Magnisia passiert, ist ein äußerst extremes Phänomen, sowohl was die Menge und Intensität der Niederschläge als auch ihre Dauer angeht", sagte Chefmeteorologe Kostas Lagouvardos der Zeitung "Kathimerini".
Lagouvardos vermutet, dass die aktuell relativ hohen Temperaturen des Meeres dazu beigetragen haben könnten. "Es handelt sich um ein statisches System, das ständig mit feuchter Meeresluft versorgt wird, wodurch es dauernd an derselben Stelle regnet", sagte er.
Sturzartige Regenfälle in der Türkei
Auch die Türkei hat mit schweren Unwettern zu kämpfen. In Istanbul kamen laut den Behörden zwei Menschen ums Leben, 31 weitere wurden verletzt. In der Bosporus-Metropole fiel in weniger als sechs Stunden so viel Regen wie sonst im gesamten September. Bilder im Internet und in Medien zeigten, wie in den nördlichen Stadtbezirken Basaksehir und Kücükcekmece Autos von den Wassermassen mitgerissen wurden. Innenminister Ali Yerlikaya sagte den betroffenen Familien finanzielle Hilfe zu.
Der Istanbuler Bürgermeister Ekrem Imamoglu sagte, aus einer Stadtbücherei seien mehrere Menschen in Sicherheit gebracht worden, nachdem Wasser in das Gebäude eingedrungen war. Er betonte, dass die Türkei sich als Folge des Klimawandels auf weitere Extremwetterereignisse einstellen müsse.
Die starken Regenfälle folgen auf einen trockenen Sommer mit Hitzerekorden in der Türkei. Die Wasserreservoirs der 16-Millionen-Metropole Istanbul befinden sich auf dem niedrigesten Stand seit dem Vergleichszeitraum in 2014.
Bulgarien vermeldet drittes Todesopfer
In Bulgarien wurde ein drittes Todesopfer der Überrschwemmungen an der Schwarzmeerküste gefunden. Grenzpolizisten entdeckten am Mittwoch im Meer im Raum Zarewo die Leiche eines Mannes. Bereits am Dienstag war der leblose Körper eines 61 Jahre alten Mannes gefunden worden, der laut Behörden in Zarewo am Schwarzen Meer gerade ein Haus repariert hatte, als die Flutwelle eintraf.
Die Leiche einer Frau wurde ebenfalls am Dienstag in derselben Gegend ans Land gespült, dann aber zurück ins Meer geschleudert. Nach dem sintflutartigen Starkregen wurden in Zarewo zudem zwei Frauen – Mutter und Tochter – vermisst, wie der Krisenstab mitteilte.
Die Flutkatastrophe an der südlichen Schwarzmeerküste Bulgariens wurde am Dienstag nach Angaben der Meteorologen durch enorme Regenmengen verursacht: Es fielen bis zu 330 Liter Regen pro Quadratmeter und damit so viel, wie normalerweise im ganzen Sommer. Der Fluss Wereka und andere traten über die Ufer. Brücken wurden von den Wassermassen mitgerissen und Straßen stark beschädigt. Zahlreiche Hotels und Häuser standen zeitweise unter Wasser. Urlauber wurden von mehreren Campingplätzen in Sicherheit gebracht. Dort wurden Autos, Wohnwagen und sogar Bungalows ins Meer getrieben, wie im Fernsehen zu sehen war. An den Stränden galt Badeverbot. (TT.com, APA, Reuters, dpa)