Nach Notstand auf Lampedusa: Abwerzger für verstärkte Grenzkontrollen am Brenner
Der Tiroler FPÖ-Chef Markus Abwerzeger schließt sich mit seiner Forderung über Grenzkontrollen an der italienisch-österreichischen Grenze jener von Kanzler Karl Nehammer an. Dieser hatte nach dem ausgerufenen Notstand auf der Insel Lampedusa bereits verstärkte Grenzkontrollen in Betracht gezogen.
Innsbruck, Lampedusa – Nachdem Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) aufgrund der Situation in Lampedusa außerordentliche Kontrollen an den Grenzen zum Schengen-Partner Italien erwogen bzw. in Aussicht gestellt hatte, fordert Tirols FPÖ-Chef Markus Abwerzger sofortige Kontrollen am Brenner. „Das dortige sogenannte 'Grenzmanagement' muss hochgefahren werden. Es muss kontrolliert werden. Auch verstärkte Kontrollen in den Zügen braucht es. No way statt Highway am Brenner", sagte Abwerzger zur APA.
Die von Nehammer ventilierte Schleierfahndung an der österreichisch-italienischen Grenze würde hingegen nicht ausreichen, erklärte Abwerzger. Es solle vorerst keine „lückenlosen Kontrollen" am Brenner geben, in dem Sinne dass jedes Auto untersucht werde, aber es müsse „in Richtung Grenzkontrollen gehen", verlangte der Tiroler FPÖ-Landesparteiobmann und nannte ein anderes Beispiel: „Auch Deutschland führt am Walserberg seit Jahren Grenzkontrollen durch." Ständig werde davon geredet, dass das „Grenzmanagement" an der Brennergrenze „auf Knopfdruck" hochgefahren werden könne – nun könne man das unter Beweis stellen, so Abwerzger. Mit Herbst soll am Brenner das im Bau befindliche, 8,6 Mio. Euro teure, „Grenzmanagementzentrum" fertiggestellt sein. Bisher arbeitete man mit einer „Container-Lösung".
"Schleierfahndung" im grenznahen Raum
Nach Angaben aus dem Innenministerium in Wien vom Sonntag laufen an der Grenze zu Italien im grenznahen Raum Kontrollen: "Landläufig auch als Schleierfahndung bezeichnet." Grenzkontrollen könnten demnach "kurzfristig hochgefahren" werden, daneben würde aber die Schleierfahndung weiterlaufen. Vorbereitende Maßnahmen seien bereits durch die Polizei in Tirol und Kärnten getroffen worden, hieß es weiter.
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Es sei davon auszugehen, dass sich die Situation in Lampedusa in den kommenden Tagen „dramatisch zuspitzt". Die Menschen würden auf das Festland gelassen und sich wohl in weiterer Folge auf den Weg Richtung Norden machen, so der Tiroler FPÖ-Obmann: „Das ist nur eine Frage der Zeit." In erster Linie handle es sich wieder nur um junge Männer, meinte Abwerzger. Es brauche in Lampedusa sofortige "Pushbacks" sowie eine „Seesperre wie in Australien". Die Boote bzw. Schiffe müssten dorthin zurückgeschickt werden, wo sie herkommen. Schließlich sei es technisch ein Leichtes festzustellen, woher sie ursprünglich gekommen waren, betonte Abwerzger. Italien dürfe nicht im Stich gelassen werden, aber auch die Regierung von Premierministerin Giorgia Meloni sei „gefordert".
In der Pflicht sah Abwerzger auch die schwarz-rote Tiroler Landesregierung. Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) müsse aus seiner „Lethargie aufwachen" und in Sachen Grenzkontrollen Druck auf seine Parteifreunde in Wien ausüben. Und dem für das Flüchtlingswesen im Land zuständigen SPÖ-Landeshauptmannstellvertreter Georg Dornauer stehe der „Elchtest" bevor: „Anstatt sich ständig mit der Herbergssuche für Migranten zu beschäftigen, kann er jetzt dann beweisen, wie ernst er es tatsächlich mit seiner propagierten 'restriktiven Migrationspolitik' meint."
Von der Leyen und Meloni auf Lampedusa
EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen indes besuchte gemeinsam mit der italienischen Premierministerin Giorgia Meloni und EU-Binnenkommissarin Ylva Johansson die Mittelmeerinsel. Meloni, von der Leyen und Johansson besichtigten auch den Ort, an dem Dutzende von Migrantenbooten versammelt sind. Der Ort wird als "Bootsfriedhof" genannt, da dort Dutzende von Booten aus Holz, oder Metall verstaut werden, bevor sie entsorgt werden können.
Meloni ist indes mit Bürgerprotesten auf der Insel mit 6.300 Einwohnern konfrontiert. Dutzende Anrainern blockierten dem Konvoi mit den Politikerinnen den Weg vom Flughafen zur Flüchtlingseinrichtung der Insel. Dabei kam es zu spannungsgeladenen Momenten. Die Demonstranten verlangten, mit Meloni zu sprechen. Die Premierministerin stieg aus ihrem Auto aus und versprach, dass sie alles Erdenkliche unternehmen werde, um die von der Migrationswelle schwer belastete Insel zu unterstützen. Daraufhin entschlossen sich die Demonstranten, die Straße zu räumen.
Auf Lampedusa war es bereits am Samstag zu einer Protestkundgebung von Anrainern gekommen. Sie demonstrierten gegen angebliche Pläne zur Errichtung eines Zeltlagers für die Unterbringung der Migranten, da der Hotspot der Insel überfüllt ist. "Schluss, Lampedusa gehört uns und nicht der EU", skandierten die Demonstranten, die einige Straßen blockierten. Das Rote Kreuz, das die Flüchtlingseinrichtung der Insel verwaltet, dementierte indes Pläne für die Errichtung eines Zeltlagers. (APA)
Zahlen und Fakten über Migranten auf Lampedusa
144 Menschen erreichten am Sonntagfrüh die süditalienische Mittelmeerinsel. Am Samstag waren 1000 Migranten an Bord von 23 Booten eingetroffen. Die Behörden meldeten, dass weitere Boote mit hunderten Menschen an Bord in Richtung Lampedusa unterwegs seien.
Im Hotspot der Insel befinden sich derzeit circa 2.000 Personen. 640 Migranten sollen im Laufe des Sonntags Lampedusa in Richtung Sizilien verlassen. Damit wollen die Behörden die Insel entlasten, die diese Woche mit präzedenzlosen Migrationsbewegungen konfrontiert war. 11.000 Personen erreichten diese Woche Lampedusa, auf der 6300 Personen leben.
Das NGO-Schiff "Geo Barents" ist inzwischen nach mehreren Rettungs- und Bergungsaktionen im zentralen Mittelmeer mit 471 Migranten, darunter 205 Kinder, in Richtung Süditalien unterwegs. Wie die NGO "Ärzte ohne Grenzen" (MSF) in einer Pressemitteilung erklärt, ist Bari der von den italienischen Behörden zugewiesene Hafen für die Ausschiffung der Migranten.