Zu wenig Personal

Betrieb in Tirol am „Rande der Seriösität“: Younion für Ausbaustopp bei Kindergärten

Symbolbild.
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Ab 2026 soll es in Tirol einen Rechtsanspruch für einen Kindergartenplatz ab dem zweiten Lebensjahr geben. Die bundesweit aktive Gewerkschaft Younion verortet aber eine zu große Belastung der Kindergartenpädagoginnen, hieß es in einer Pressekonferenz am Mittwoch. Es brauche zunächst mehr Personal.

Wien – Die ehemalige Gemeindebedienstetengewerkschaft Younion, die bundesweit 145.000 Mitglieder vertritt, hat am Dienstag wegen des Personalmangels einen Ausbaustopp bei den Kindergärten gefordert. Man könne neue Kindergärten bauen und auch Kinder in die Gruppen stellen, „aber die stehen dann allein drin", so Judith Hintermeier, selbst Pädagogin und younion-Bundesfrauenreferentin bei einer Pressekonferenz. Die Belastung des Personals habe bereits ein „kritisches Level" erreicht.

Eine in Juli und August durchgeführte Online-Umfrage der Younion mit mehr als 6000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern habe gezeigt, dass sich die Belastung des Personals und der Personalmangel seit der letzten Befragung vor zwei Jahren noch weiter verschärft hätten. Sechs von zehn Mitarbeiterinnen müssen demnach regelmäßig Überstunden leisten, und das oft in größerem Umfang. Zwei Drittel berichteten davon, dass in ihren Häusern Stellen nicht nachbesetzt werden können.

Ein Drittel sieht sich in der Arbeit bereits an der Belastungsgrenze, ein weiteres Drittel stuft die Belastung als „sehr hoch" ein. Immerhin die Hälfte der Befragten gab an, dass der Personalmangel schon zu gefährlichen Situationen geführt habe. Zwei Drittel fürchten, sie könnten durch ihren Job in rechtliche Schwierigkeiten geraten. Hintermeier forderte die Politik dringend zu Maßnahmen auf, wenn man „den Karren nicht an die Wand fahren" wolle.

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In Tirol werde Betrieb „am Rande der Seriosität aufrechterhalten"

Man sehe den Betreuungsbedarf der Familien und unterstütze grundsätzlich auch weiterhin das familienpolitische Ziel, einen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz ab dem ersten Lebensjahr zu garantieren. Aktuell sei es für einen solchen Rechtsanspruch allerdings zu früh, betonte Younion-Vizechef Manfred Obermüller.

Diesen könne es erst geben, „wenn die Rahmenbedingungen passen". In Tirol etwa, wo es ab 2026 einen Rechtsanspruch auf "Vermittlung" eines Kindergartenplatzes ab dem zweiten Lebensjahr geben soll, könne der Betrieb schon jetzt „nur am Rande der Seriosität aufrechterhalten werden".

In Wien fehlen Oberhummer zufolge allein im öffentlichen Bereich 600 Pädagoginnen, über ganz Wien seien 1200 Stellen offen. Gleichzeitig steige die Belastung durch immer mehr administrative Aufgaben und die zunehmenden Personallücken.

Wir sind für einen Ausbaustopp, weil Mitarbeiterschutz und auch der Kinderschutz dadurch gefährdet werden
Julia Fichtl, Younion-Referentin

„Wir sind für einen Ausbaustopp, weil Mitarbeiterschutz und auch der Kinderschutz dadurch gefährdet werden", fasste Younion-Referentin Julia Fichtl, selbst Leiterin eines Kindergartens, zusammen. Trotzdem würden etwa in Wien immer noch neue große Campus-Standorte eröffnet, obwohl es schon für den bestehenden Betrieb zu wenig Personal gebe. Dabei bewege man sich unter den derzeitigen Rahmenbedingungen in einer rechtlichen Grauzone.

Runder Tisch mit Politik und Elementarpädagogen

Obermüller forderte die Politik auf, in die Gänge zu kommen. Zu den von Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) angekündigten 4,5 Mrd. Euro für die Elementarpädagogik müsse es einen Runden Tisch geben, wo geklärt werden soll, woher das Geld kommen und wohin es fließen soll. Für das Assistenzpersonal brauche es endlich eine einheitliche Ausbildung und außerdem Putzkräfte, um diese zu entlasten, sowie Sekretariatspersonal zur Unterstützung der Kindergartenleitungen.

Um mehr Personal in die Kindergärten zu bekommen, sei zudem eine Aus- und Weiterbildungsoffensive notwendig, hier gebe es in Wien bereits Vorbilder aus dem Bereich der Erwachsenenbildung. Außerdem brauche es in den Gruppen mehr Personal, das eben zunächst einmal ausgebildet werden muss, und weniger Kinder. (APA)

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