Für vorerst zehn Tage

Österreich führt ab Mitternacht Grenzkontrollen zur Slowakei ein

Aufgrund der aktuellen Zahl an illegalen Übertritten an den grenzen wird Österreich die kommenden zehn Tage seine Grenze zur Slowakei kontrollieren. Das gab Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) bei einer Pressekonferenz bekannt.
© Böhm, APA

Wie Polen und Tschechien wird Österreich ab Mittwochmitternacht zehn Tage lang Grenzkontrollen zur Slowakei einführen. Das verkündete Innenminister Gerhard Karner bei einer Pressekonferenz. Man wolle damit die illegale Migration bekämpfen. In Bratislava reagierte man mit Unverständnis.

Wien – Österreich führt Grenzkontrollen zur Slowakei ein. Das hat Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) am Dienstag bei einem eilig einberufenen Pressestatement verkündet. Österreich folgt damit Tschechien und Polen, die ebenfalls Kontrollen entlang ihrer Grenze zur Slowakei angekündigt haben. Die Grenzkontrollen werden um Mitternacht starten und zunächst zehn Tage andauern, so Karner. Man wolle Ausweichrouten von Schleppern über Österreich verhindern.

Er habe soeben die Verordnung unterschrieben und damit den Auftrag für Grenzkontrollen erteilt, sagte Karner am frühen Nachmittag. Diese würden „ab heute Mitternacht an den Grenzübergängen, an den großen Grenzübergängen durchgehend sieben Tage die Woche, 24 Stunden“ durchgeführt. Dem Entschluss seien mehrere Telefonate und eine enge Abstimmung mit seinen Amtskollegen aus Polen und Tschechien vorhergegangen. Die Slowakei sei bereits informiert worden.

„Wir tun das, weil wir wissen – aus bisherigen Erfahrungen – dass nach solchen Kontrollen die Schlepper sehr rasch reagieren und Routen ändern“, so Karner. In den letzten Monaten habe man sinkende Asylantrags- und Aufgriffszahlen beobachtet, weil man intensiv kontrolliert habe – „zu Ungarn und auch zu Slowenien“. Die Erweiterung dieser Kontrolle zur Slowakei soll das Entstehen einer "Kontrolllücke" verhindern. Karner betonte außerdem, dass es die Zusammenarbeit mit sicheren Drittstaaten, Herkunftsländern und Transitländern brauche.

Tschechien und Polen kontrollieren auch

Auch in Tschechien und Polen sollen die Kontrollen am Mittwoch beginnen und zehn Tage andauern, der Zeitraum könne verlängert werden, hieß es. Es geht um das Eindämmen illegaler Migrationsströme und Schmuggelaktivitäten. Tschechiens Regierungschef Petr Fiala argumentiert die Stichprobenkontrollen mit einem Anstieg der Fälle von illegaler Migration. „Die Zahl der illegalen Einwanderer in die EU nimmt wieder zu. Wir nehmen das nicht auf die leichte Schulter und reagieren schnell auf die Situation“, betonte Fiala am Dienstag auf Twitter (X).

Der tschechische Innenminister Vít Rakusan präzisierte, die Einführung der Kontrollen, die auf der gesamten tschechisch-slowakischen Grenze stattfinden würden, sei mit Polen koordiniert. „Dies ist eine notwendige Maßnahme zur wirksamen Bekämpfung von Schlepperbanden und illegaler Migration“, sagte Rakusan auf X. Die stichprobenartigen Kontrollen sollten den grenzüberschreitenden Verkehr so wenig wie möglich einschränken und den Verkehr nicht unnötig belasten.

Der polnische Innenminister Mariusz Kaminski erklärte, er habe seine Amtskollegen in Deutschland, der Slowakei, Österreich und Tschechien sowie die Europäische Kommission über die neuen Kontrollen informiert. Kaminski sagte, dass die illegale Migration und die Zahl der aufgespürten Migranten in der Slowakei im Vergleich zum letzten Jahr um fast 1.000 Prozent gestiegen sei. In den vergangenen Wochen habe man an der Grenze zur Slowakei 551 illegale Migranten entdeckt und festgenommen. Deshalb ergreife Polen nun entschiedene Maßnahmen. „Die Kontrollen werden um Mitternacht eingeführt“, sagte Kaminski am Dienstag auf einer Pressekonferenz. Er fügte hinzu, dass er eine Verlängerung der Maßnahme nach dem 13. Oktober für wahrscheinlich halte.

Schengen-Raum

27 Mitgliedsstaaten: Dem Schengen-Raum gehören 27 europäische Länder an. Darunter alle EU-Länder außer Rumänien, Bulgarien, Irland und Zypern sowie die Nicht-EU-Staaten Schweiz, Norwegen, Island und Liechtenstein.

420 Mio. Menschen sollen innerhalb des Schengen-Raums frei und ohne Grenzkontrollen reisen können. Der Schengen-Raum ist eine der wichtigsten Errungenschaften der europäischen Integration und hat sich zum weltweit größten Raum des freien Personenverkehrs entwickelt.

Schengener Grenzkodex: Rechtliche Grundlage ist der Schengener Grenzkodex, eine Verordnung der EU. Darin ist festgeschrieben, dass Binnengrenzen an jeder Stelle ohne Personenkontrolle überschritten werden dürfen.

Seit der Migrationskrise 2015 haben zahlreiche Länder – darunter auch Österreich – wieder die Grenzbalken innerhalb des Schengen-Raums gesenkt. So kontrolliert Österreich seit November 2015 seine Grenzen zu Slowenien und Ungarn. Deutschland kontrolliert seit 2015 seine Grenze zu Österreich. (jec)

Slowakei reagiert mit Unverständnis

Die Regierung in Bratislava reagierte mit Unverständnis. Die Slowakei werde auf die Maßnahme am Mittwoch reagieren. "Migration braucht eine europäische Lösung für die Außengrenzen", sagte der slowakische Ministerpräsident Ludovit Odor in einer Erklärung. „Wenn ein Land anfängt, seine Grenze stärker zu bewachen, führt das zu einem Kaskadeneffekt, für den wir alle bezahlen werden, und das Ergebnis wird sehr unklar sein.“

Der ehemalige linke slowakische Ministerpräsident Robert Fico vertrat vor den Wahlen am vergangenen Wochenende, die seine Partei gewann, eine harte Linie in dieser Frage. Er versucht nun, eine Regierung zu bilden und hat erklärt, dass die Bewachung der Grenze zu Ungarn oberste Priorität haben wird.

Die Slowakei sieht sich mit einer steigenden Zahl illegaler Migranten konfrontiert, die auf dem Weg nach Deutschland und Westeuropa ins Land kommen. Dabei handelt es sich vor allem um junge Männer aus dem Nahen Osten und Afghanistan, die zumeist über die sogenannte Balkanroute ankommen. (APA)