Obwexer zu Grenzkontrollen: „Errungenschaft massiv unter Druck“
Der Europarechtsexperte der Uni Innsbruck sieht den Schengen-Raum als Errungenschaft der europäischen Integration in großer Gefahr. Grenzkontrollen werden von der Ausnahme zur Regel.
Darf Österreich kurzfristig Grenzkontrollen an einer Schengen-Binnengrenze einführen?
Walter Obwexer: Ein Schengen-Land kann Grenzkontrollen an seinen Schengen-Binnengrenzen einführen, wenn es diese mit einer ernsthaften Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit begründet. Die Kontrollen können kurzfristig für die Dauer von zehn Tagen eingeführt und dann bei entsprechender Begründung auf 30 Tage und weiter auf bis zu maximal sechs Monate ausgedehnt werden. Nach diesem Zeitraum muss eine neue ernsthafte Bedrohung als Begründung vorliegen. Das hat der Europäische Gerichtshof in einem Urteil festgestellt. In den vergangenen Jahren wurden Grenzkontrollen aber auch ohne neue Begründungen fortgeführt.
Ist das grenzenlose Europa, ein Schengen-Raum ohne Grenzbalken, Geschichte?
Obwexer: Eine der größten Errungenschaften der europäischen Integration steht massiv unter Druck. Und solange der starke Migrationsdruck anhält, wird sich daran wohl auch nichts ändern.
Das Interview führte Christian Jentsch