Erneut Raketenalarm in Tel Aviv – Angriffe auch aus dem Libanon und Syrien
Am Dienstag kam es zu erneuten Raketenangriffen auf Tel-Aviv und das Zentrum des Landes. Bewohner der Betroffenen Gebiete wurden in Sicherheit gebracht. Mittlerweile wurden auch aus den nördlichen Nachbarländern – Libanon und Syrien – Raketen auf israelische Stellungen abgefeuert. Am Donnerstag wollen sich die NATO Staaten mit dem israelischen Verteidigungsminister austauschen.
Genf, Tel Aviv – Nach dem groß angelegten Terrorangriff militanter Palästinenser aus dem Gazastreifen auf Israel sind nun auch aus dem Nachbarland Syrien Raketen auf israelische Stellungen abgefeuert worden. Mehrere Raketen seien auf offenem Gelände abgestürzt, teilte Israels Armee am Dienstagabend mit. Zuvor hatte die libanesische Schiitenmiliz Hisbollah nach eigenen Angaben eine Lenkrakete auf einen israelischen Panzer abgefeuert.
Das israelische Militär reagierte eigenen Angaben zufolge mit Artillerie und Mörsergranaten auf die Angriffe auf Syrien. Von wem diese ausgingen, war zunächst unklar. Aktivisten aus Syrien teilten mit, Israel habe auf Stellungen der syrischen Armee gezielt. Aus Israel gab es dafür zunächst keine Bestätigung.
Die Hisbollah erklärte in einer Mitteilung, die Attacke am Dienstag sei als "Reaktion auf die israelischen Angriffe" erfolgt. Israels Armee hatte zuvor nach eigenen Angaben auf den Abschuss von mehr als einem Dutzend Raketen auf Israel mit Artilleriefeuer und Angriffen auf Beobachtungsposten der Hisbollah reagiert.
Welche militante Gruppierung im Libanon die Raketen abfeuerte, war zunächst unklar. Berichte über Opfer gab es zunächst nicht.Nach Angaben der israelischen Armee wurden rund 15 Raketen aus dem Nachbarland abgefeuert, vier seien abgefangen und zehn auf offenem Gelände gelandet.
Bereits am Montag hatte die Hisbollah Raketen in Richtung Israel abgefeuert. Israels Armee reagierte mit Artilleriebeschuss. Israels Soldaten hatten zuvor mehrere bewaffnete Verdächtige getötet, die vom nördlichen Nachbarland aus nach Israel vorgedrungen waren. Hisbollah dementierte eine Beteiligung an dem Vorfall. Sicherheitskreise im Libanon vermuteten, dass militante Palästinenser hinter dem Angriff auf Israel stehen.
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Raketenangriff auf Tel Aviv
Am Dienstag sind zudem erneut Raketen auf Tel Aviv und das Zentrum des Landes abgefeuert worden. Es gab zunächst keine Berichte von Verletzten oder Treffern, wie der Rettungsdienst mitteilte. Menschen vor Ort hörten zahlreiche Explosionen des Raketenabwehrsystems Eisenkuppel (Iron Dome). Vor einer möglichen Bodenoffensive im Gazastreifen hat Israel die Grenzorte beim Palästinensergebiet fast vollständig evakuiert.
Man habe fast alle Einwohner der Grenzorte in sicherere Gebiete gebracht, sagte der israelische Militärsprecher Daniel Hagari am Dienstag. "Es gibt einige wenige Menschen, die bleiben wollten, oder die in den Orten gebraucht werden."
EU-Kommission: X verbreitet "illegale Inhalte" zu Israel und Hamas
Im Zusammenhang mit dem Großangriff der Hamas auf Israel hat die EU-Kommission den Unternehmer Elon Musk wegen "Verbreitung von illegalen Inhalten" und "Falschinformationen" in seinem Onlinedienst X (vormals Twitter) verwarnt. EU-Digitalkommissar Thierry Breton setzte Musk am Dienstag eine Frist von 24 Stunden und drohte mit möglichen Sanktionen, wie aus einem AFP vorliegenden Brief hervorging.
"Nach den Terrorangriffen der Hamas auf Israel verfügen wir über Hinweise, wonach Ihre Plattform zur Verbreitung illegaler Inhalte und von Falschinformationen in der EU verwendet wird", erklärte Breton in dem Schreiben. Musk solle innerhalb von 24 Stunden Kontakt zu den "relevanten Strafverfolgungsbehörden" aufnehmen.
Eine Auswertung der EU-Kommission war kürzlich zu dem Schluss gekommen, dass es unter den großen Onlineplattformen bei X den größten Anteil an Falschinformationen gibt. Musk war aus einer Vereinbarung für den Umgang mit Falschinformationen zwischen der EU und großen Onlinediensten ausgestiegen.
Einzige Grenze zwischen Gazastreifen und Ägypten geschlossen
Der einzige Grenzübergang aus dem Gazastreifen nach Ägypten ist nach israelischen Angriffen geschlossen worden. Eine Sicherheitsquelle in Ägypten bestätigte der Deutschen Presse-Agentur, dass die ägyptischen Behörden den Grenzübergang Rafah bis auf weiteres geschlossen hätten. Grund dafür seien anhaltende israelische Angriffe in der Nähe des Grenzübergangs. Die Situation am Grenzübergang sei für Zivilisten und Mitarbeiter gefährlich.
Das israelische Militär hat nach dem Überfall der islamistischen Hamas mit rund 900 Toten nach eigenen Angaben den Grenzzaun zum Gazastreifen wieder unter seine Kontrolle gebracht. In die Abschnitte, in denen Hamas-Kämpfer durchgebrochen seien, würden Minen gelegt. Die Grenze zum Gazastreifen sei wieder gesichert, sagte Hagari. Er sprach von einer "eisernen Mauer" mit Schutz durch Panzer und Luftwaffe. Jeder Palästinenser, der sich der Sperranlage mit Israel nähere, werde erschossen. Die Hamas könne sich im Gazastreifen nirgendwo mehr verstecken, sagte der Militärsprecher. "Wir werden sie überall erwischen."
Die Luftwaffe überziehe die palästinensische Enklave alle vier Stunden mit intensiven Luftschlägen. Seit Montag gebe es keine neue Infiltration aus dem Gazastreifen. Zu Gerüchten, dass bewaffnete Kämpfer Tunnel nutzten, um auf israelisches Territorium zu gelangen, sagte Hagari, das Militär habe keine solchen Erkenntnisse. Zudem wurde der Fund von rund 1.500 getöteten Hamas-Kämpfern in Israel gemeldet. "Etwa 1.500 Leichen von Hamas-Kämpfern wurden in Israel und rund um den Gazastreifen gefunden", sagte Armeesprecher Richard Hecht am Dienstag.
Laut aktuellen Zahlen sind bei den Luftangriffen im Gazastreifen rund 900 Menschen getötet worden. 4.500 wurden demnach verletzt. Unter den Toten sind zudem 260 Kinder und Jugendliche.
Selenskyj wirft Russland Unterstützung der Hamas vor
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Russland vorgeworfen, das Vorgehen der radikalislamischen Hamas in Israel zu unterstützen. "Wir sind sicher, dass Russland, auf die ein oder andere Weise, die Operationen der Hamas unterstützt", sagte Selenskyj in einem am Dienstagabend im französischen Fernsehsender France 2 ausgestrahlten Interview. "Russland versucht wirklich, überall in der Welt Aktionen zur Destabilisierung durchzuführen", fügte er hinzu.
Zugleich zeigte Selenskyj sich besorgt, dass die internationale Aufmerksamkeit durch die in Israel und Gaza herrschende Gewalt von der Ukraine abgelenkt werde. "Es besteht das Risiko, dass sich die internationale Aufmerksamkeit von der Ukraine abwendet, und das wird Folgen haben", so der ukrainische Präsident. Die Tragödien, die sein Land und Israel träfen, seien "unterschiedlich, aber beide sind gewaltig".
Bundesheer startet am Mittwoch Rückholaktion
Nachdem wegen der Kriegslage zahlreiche Fluglinien ihre Flüge in Israel bis auf weiteres eingestellt haben, hat die Bundesregierung beschlossen, mehrere Evakuierungsflüge mit dem Bundesheer durchzuführen. Mittwochvormittag wird vom Fliegerhorst Hörsching in OÖ ein Hercules-Flugzeug des Bundesheeres nach Zypern starten, um von dort Österreicher an vorerst fünf Einsatztagen aus Israel zu holen. Das Transportflugzeug werde die Ausreisewilligen nach Zypern bringen. Dann gehe es mit Linienflügen weiter. 150 Österreicher warteten am Dienstag in Israel auf einen Evakuierungsflug, berichtete Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) Dienstagnachmittag im Fliegerhorst Hörsching.
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Biden: US-Bürger unter Geiseln der Hamas
Unter den von der islamistischen Hamas verschleppten Menschen sind nach Angaben von US-Präsident Joe Biden auch Amerikaner. "Wir wissen jetzt, dass unter den von der Hamas festgehaltenen Personen auch amerikanische Staatsbürger sind", sagte Biden am Dienstag bei einer Ansprache im Weißen Haus. Eine Zahl nannte er nicht. Er verfügte außerdem, die Sicherheitsmaßnahmen rund um jüdische Einrichtungen in den USA zu verschärfen. "Es gibt keinen Platz für Hass in Amerika", sagte er.
Der Präsident machte deutlich, Israel mit zusätzlicher Militärhilfe ausstatten zu wollen - entsprechende Unterstützung werde er auch beim US-Kongress beantragen.
US-Außenminister Antony Blinken will am Donnerstag nach Israel reisen. Blinken wolle sich dort mit den israelischen Partnern über die Lage austauschen und erörtern, wie man Israel "im Kampf gegen die Terroristen, die diese schrecklichen Anschläge" verübt hätten, am besten unterstützen könne, so Miller.
UNO kritisiert Gaza-Abriegelung
Israel weist die Kritik des UNO-Hochkommissars für Menschenrechte an der verkündeten kompletten Abriegelung des Gazastreifens scharf zurück. Der Österreicher Volker Türk hatte am Dienstag darauf hingewiesen, dass es unter dem humanitären Völkerrecht verboten ist, Menschen etwa Nahrungsmittel und Wasser vorzuenthalten.
Den Stopp sämtlicher Lieferungen von Nahrungsmitteln, Wasser, Strom oder Benzin in den Gazastreifen hatte Israel als Reaktion auf den gewalttätigen Hamas-Überfall auf israelische Zivilisten und den Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen beschlossen.
"Mehr als 900 unschuldige Israelis sind tot. Tausende sind verwundet. 260 wurden bei einem Musikfestival getötet. 100 wurden in einem einzigen Kibbuz ermordet. Und trotzdem kann der Hochkommissar sich nicht durchringen, diese barbarischen Taten als Terrorismus zu bezeichnen", teilte die Vertretung Israels in Genf mit. Israel habe das Recht, sich gegen solche Brutalität zu wehren, und nehme ausschließlich terroristische Ziele in Gaza ins Visier.
NATO will sich mit israelischem Verteidigungsminister austauschen
Die Verteidigungsminister der NATO-Staaten wollen sich am Donnerstag bei ihrem Treffen in Brüssel mit dem israelischen Kollegen Joav Galant austauschen. Galant soll am Vormittag per Video zugeschaltet werden, wie mehrere Diplomaten am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur sagten. Dabei soll Israel nach dem Terrorangriff der Hamas die Solidarität ausgedrückt werden. Zudem erhoffe man sich Informationen über die aktuelle Lage und möglichen Unterstützungsbedarf, hieß es.
Wohngebäude, Schulen und Krankenstationen zerstört
Laut Türk wurden bei israelischen Luftangriffen Wohngebäude, Schulen, Krankenstationen und Einrichtungen der UNO getroffen. Türk hat auch Entsetzen über Berichte geäußert, wonach militante Palästinenser entführte israelische Geiseln im Gazastreifen misshandeln.
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Nach Türk hatte auch die Präsidentin des Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK), Mirjana Spoljaric, die Abriegelung als nicht vereinbar mit dem gebotenen Schutz von Zivilisten bezeichnet. "Unabhängig von einer militärischen Belagerung müssen Behörden sicherstellen, dass Zivilisten Zugang zum Nötigsten haben, einschließlich sauberem Trinkwasser, Nahrungsmittel und medizinischer Versorgung", teilte sie mit.
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Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) forderte einen humanitären Korridor zur Versorgung der Zivilbevölkerung im Gazastreifen. Es müsse möglich sein, die Menschen mit dem Nötigsten zu versorgen, sagte ein WHO-Sprecher am Dienstag in Genf. Die WHO habe vor der jüngsten Eskalation Materiallager im Gazastreifen unterhalten, aber alles sei inzwischen aufgebraucht. Die Krankenhäuser könnten die hohe Zahl der Verwundeten ohne weitere Unterstützung nicht bewältigen.
Schulen in Israel bleiben geschlossen
Nach den Terrorattacken von militanten Palästinensern aus dem Gazastreifen in Israel und den anhaltenden Kämpfen im Land bleiben die Schulen in Israel vorerst geschlossen. Das berichteten am Dienstag Medien unter Berufung auf die Armee. Geschäfte in vielen Landesteilen dürfen demnach nur dann öffnen, wenn sie einen einfachen Zugang zu Luftschutzbunkern haben.
Zudem seien in den von Raketenangriffen aus dem Gazastreifen gefährdeten Gebieten Zusammenkünfte im Freien auf zehn Personen, in Innenräumen auf 50 beschränkt. In Orten nahe der libanesischen Grenze gelten etwas weniger strenge Auflagen für persönliche Treffen. Alle Beschränkungen gelten mindestens bis Donnerstagabend, könnten den Berichten zufolge aber noch verlängert werden.
UNICEF: Hunderte Kinder getötet
Seit Beginn der Kämpfe nach dem Großangriff der radikal-islamischen Palästinenser-Gruppe Hamas auf Israel sind dem UNO-Kinderhilfswerks UNICEF zufolge Hunderte israelische und palästinensische Kinder ums Leben gekommen. Zahlreiche weitere Kinder seien in den vergangenen 72 Stunden verletzt worden, teilte UNICEF mit. Die von Israel angekündigte Wasser- und Treibstoff-Blockade des Gazastreifens werde das Leiden noch erhöhen.
300.000 Reservisten mobilisiert, Bodenoffensive deutet sich an
Inzwischen mehren sich Anzeichen für eine bevorstehende Bodenoffensive Israels im Gazastreifen. Israel ordnete die komplette Abriegelung des nur 40 Kilometer langen und sechs bis zwölf Kilometer breiten Gebietes an, während die Armee 300.000 Reservisten mobilisiert. Die Grenzorte wurden fast vollständig evakuiert, man habe fast alle Einwohner der Grenzorte in sicherere Gebiete gebracht. "Was die Hamas erleben wird, wird hart und fürchterlich sein. Wir sind erst am Anfang", hatte Ministerpräsident Benjamin Netanyahu gesagt und Rache geschworen.
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