AfD mit Zuwachs

CDU siegte bei Hessen-Wahl: Dämpfer für die Ampel-Parteien

CDU-Spitzenkandidat und Ministerpräsident von Hessen Boris Rhein winkt seinen Anhängern.
© APA/AFP/KIRILL KUDRYAVTSEV

Bei der Landtagswahl in Hessen ist die CDU stärkste Kraft geworden. Laut vorläufigem Endergebnis liegen die Christdemokraten von Ministerpräsident Boris Rhein deutlich vor dem Koalitionspartner Grüne und vor der SPD.

Wiesbaden – Bei der Landtagswahl in Hessen am Sonntag ist die CDU mit Abstand stärkste Kraft geworden. Laut vorläufigem Endergebnis lagen die Christdemokraten von Ministerpräsident Boris Rhein deutlich vor dem Koalitionspartner Grüne. Die rechte AfD wurde zur zweitstärksten Kraft im Landtag. Die SPD musste hingegen ihr schlechtestes Landesergebnis verbuchen.

In Hessen kommt die CDU laut amtlichem Endergebnis auf 34,6 Prozent, ein Plus von 7,6 Punkten im Vergleich zu 2018. Die AfD erreicht 18,4 Prozent (plus 5,3). Die Grünen kommen auf 14,8 Prozent (minus 5,0), die SPD mit Innenministerin Nancy Faeser als Spitzenkandidatin verliert 4,7 Punkte und kommt auf ein historisches Tief 15,1 Prozent. Die FDP schafft mit 5,0 Prozent (minus 2,5) denkbar knapp den Einzug in den Landtag. Die Linke verpasste mit 3,1 Prozent (-3,2) hingegen klar den Wiedereinzug ins Landesparlament. Auch die Freien Wähler, die sich Hoffnungen auf den Landtag gemacht hatten, scheiterten trotz leichtem Zuwachs (+0,5) mit 3,5 Prozent an der Fünf-Prozent-Hürde. Die Wahlbeteiligung lag bei 66 Prozent.

Dem neuen hessischen Landtag gehören nach dem vorläufigen Ergebnis künftig 133 Abgeordnete an, was an Ausgleichs- und Überhangmandaten liegt. Bisher waren es 137 Abgeordnete. Die CDU erhält demnach 52 Sitze (+12), die AfD 28 (+9). Die SPD kommt auf 23 Sitze (-6), die Grünen haben 22 Abgeordnete (-7). Die FDP hat noch 8 Sitze (-3).

Eine Panne in Oberursel verzögerte die Bekanntgabe des vorläufigen amtlichen Endergebnisses. In zwei Wahlbezirken der Stadt im Hochtaunuskreis waren die Ergebnisse nach Auszählung der Stimmzettel nicht wie vorgesehen in das Meldesystem eingetragen worden. Wo der Fehler lag, war zunächst unklar. Der Kreiswahlleiter versuchte noch bis in die Nacht auf Montag und letztlich erfolgreich, die zuständigen Wahlvorstände der beiden Wahlbezirke zu erreichen.

Grünen-Spitzenkandidat Tarek Al-Wazir führte das Abschneiden seiner Partei auch auf einen negativen Einfluss aus Berlin zurück. "Alle Parteien, die an der Bundesregierung beteiligt sind, hatten keinen Rückenwind", sagte er in Wiesbaden. "Wir mussten bergauf kämpfen." Die Grünen im Land hätten sich "natürlich" ein besseres Ergebnis gewünscht, fügte er hinzu.

Auch SPD-Spitzenkandidatin Faeser sprach am Sonntag in Wiesbaden von einem "enttäuschenden Ergebnis". Der SPD sei es nicht gelungen, eigene landespolitische Themen in den Fokus zu rücken, sagte die Innenministerin. "Wir werden das jetzt sehr genau analysieren, woran das gelegen hat." Der Wahlkampf sei stark vom Migrationsthema und damit von außen bestimmt gewesen. Das habe "niemanden geholfen außer der AfD".

CDU feiert "sensationelles Ergebnis"

Faeser verpasste auch das Direktmandat in ihrem Wahlkreis Main-Taunus I deutlich. Mit 14,8 Prozent landete sie am Sonntag abgeschlagen auf dem dritten Platz, wie das Statistische Landesamt mitteilte. Das Direktmandat holte der CDU-Kandidat Christian Heinz mit 43,9 Prozent der Stimmen.

Die hessische FDP-Vorsitzende Bettina Stark-Watzinger führte ebenfalls das schwache Abschneiden ihrer Partei auch auf die Ampel-Koalition im Bund zurück. "Wir sehen natürlich, dass das Regierungshandeln aus Berlin auch auf die Landtagswahlen sich niederschlägt", sagte Stark-Watzinger, die auch deutsche Bildungsministerin ist.

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) gratulierte der hessischen CDU zum "klaren Wahlsieg". "In Hessen hat unsere Schwesterpartei eine lange Tradition der politischen Verantwortung und hat sich immer als Kraft der Mitte für das Wohl der Bürgerinnen und Bürger eingesetzt. Dieser Wahlsieg ist eine Bestätigung für die hervorragende Arbeit, die die CDU über die Jahre hinweg geleistet hat. Ministerpräsident Boris Rhein hat sich im Wahlkampf als kompetent, engagiert und bürgernah erwiesen. Seine Botschaften und politischen Ideen haben bei den Hessen Anklang gefunden und sind erneut der Beweis dafür, dass eine Politik der Mitte und für die Vielen am Ende des Tages von den Wählerinnen und Wählern goutiert wird", teilte der Kanzler via Aussendung mit.

NÖ-Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner ließ per Aussendung wissen: "Gratulation an die CDU in Hessen und an Ministerpräsidenten Boris Rhein für das klare Ergebnis. Als Kraft der Mitte wurden sie deutlich gestärkt. Das Wahlergebnis ist auch ein deutliches Signal dafür, dass die Menschen in Deutschland das politische Experiment der Ampel-Koalition immer deutlicher ablehnen. Die Bürgerinnen und Bürger wollen Antworten auf die Fragen des täglichen Lebens – und keine Beschäftigung mit Randthemen, Zwängen und Verboten."

Grüne sehen "stabiles" Wahlergebnis

CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann sagte, das Abschneiden der CDU in Hessen sei ein "sensationelles Ergebnis". Der Wahlkampf in Hessen habe eine Vorbildfunktion auch für den Bundestagswahlkampf.

SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert bezeichnete das Ergebnis der parallelen Landtagswahlen in Hessen und Bayern als bitter für seine Partei und für die Ampel-Koalition. "Wir sind heute Abend ausdrücklich nicht die Wahlsieger", sagte Kühnert am Sonntag im ZDF. Kühnert stärkte der hessischen SPD-Spitzenkandidatin Faeser den Rücken. Ihre Autorität sei nicht beschädigt, sagte er. "Sie hat unseren klaren Rückhalt als Bundesinnenministerin" Und: "Da kann ich auch für die gesamte Parteispitze sprechen." Es sei ein landespolitisches Votum gewesen.

Die Linken-Politiker Sahra Wagenknecht forderte hingegen die Entlassung von Faeser als Deutschlands Innenministerin. "Wer in Wiesbaden scheitert, ist in Berlin fehl am Platz", sagte sie.

Der Grünen-Vorsitzenden Omid Nouripour und Ricarda Lang bezeichneten die Wahlergebnisse ihrer Partei in Bayern und Hessen als stabil – trotz teils klarer Verluste.

Keine große Zufriedenheit, aber keine Wechselstimmung

Der Spitzenkandidat der hessischen AfD, Robert Lambrou, kündigte eine starke Oppositionsarbeit im Landtag an. Sehr viele Bürger in Hessen hätten zum ersten Mal AfD gewählt, sagte er. "Es ist ein enormer Vertrauensvorschuss, dem wir uns als würdig erweisen werden."

Seit knapp 25 Jahren wird Hessen von der CDU regiert, seit fast zehn Jahren gemeinsam mit den Grünen – meist recht harmonisch. Derzeit hat die Koalition eine Mehrheit von nur einem Mandat.

Ein klares landespolitisches Spitzenthema fehlte im Wahlkampf. Wichtig war aber auch in Hessen die Debatte um die Versorgung von Geflüchteten durch die Kommunen, die über Belastungen klagen. Faeser hatte jüngst verstärkte flexible Kontrollen an den Grenzen zu Tschechien und Polen angekündigt. Ähnliche Forderungen kommen aus CDU und CSU seit längerem. CDU-Ministerpräsident Rhein etwa fordert - anders als sein grüner Vize Al-Wazir – bundesweite Grenzkontrollen gegen illegale Migration.

Rund 4,3 Millionen Wahlberechtigte waren in Hessen aufgerufen, ihre Kreuzchen zu machen. Insgesamt hat das Bundesland in der Mitte Deutschlands mehr als 6 Millionen Einwohner. (APA/dpa)

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