Eskalation in Nahost

Hamas beschießen Tel Aviv, Israel griff Flughäfen von Damaskus und Aleppo an

Israel reagiert seit den Massakern mit schweren Luftangriffen auf den Gazastreifen.
© AFP/Taleb

Nach den Terrorattacken der Hamas setzt Israel seine Gegenangriffe im Gazastreifen fort. UN-Generalsekretär Guterres forderte schnelle Hilfe für die Zivilisten in dem abgeriegelten Gebiet. Auch die syrischen Flughafen von Damaskus und Aleppo wurden mit israelischer Artillerie und Mörsergranaten beschossen.

Tel Aviv – Israel hat syrischen Staatsmedien zufolge die Flughäfen der Städte Damaskus und Aleppo angegriffen. Das syrische Staatsfernsehen berichtete am Donnerstag, eine "israelische Aggression" richte sich gegen die beiden wichtigsten Flughäfen des Landes. Diese haben inzwischen ihren Betrieb eingestellt. Die Angriffe erfolgen vor dem Hintergrund des Krieges zwischen Israel und der radikal-islamischen Palästinenser-Organisation Hamas.

Nach dem groß angelegten Terrorangriff militanter Palästinenser aus dem Gazastreifen auf Israel waren am Dienstag auch aus dem Nachbarland Syrien Raketen auf israelische Stellungen abgefeuert worden. Mehrere Raketen seien auf offenem Gelände abgestürzt, teilte Israels Armee am Dienstagabend mit. Zuvor hatte die libanesische Schiitenmiliz Hisbollah nach eigenen Angaben eine Lenkrakete auf einen israelischen Panzer abgefeuert.

Das israelische Militär reagierte eigenen Angaben zufolge unmittelbar am Dienstag mit Artillerie und Mörsergranaten auf die Angriffe auf Syrien. Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in London gingen die Angriffe von palästinensischen Gruppen in Syrien aus, die auch mit der Hisbollah im Libanon zusammenarbeiten. Sie hätten Granaten auf den von Israel besetzten Teil der Golanhöhen gefeuert. Israel habe als Reaktion militärische Stellungen und Fahrzeuge der syrischen Regierung angegriffen. Auch andere Aktivisten aus Syrien teilten mit, Israel habe auf Stellungen der syrischen Armee gezielt. Aus Israel gab es dafür zunächst keine Bestätigung.

Israel bombardiert weiter Ziele auf Gaza, Hamas erwidern Raketen auf Tel Aviv

Die radikalislamische Hamas hat am Donnerstag nach eigenen Angaben erneut Raketen auf Tel Aviv abgefeuert. Die Attacken seien eine Reaktion auf israelische Luftangriffe, die sich gegen Zivilisten in zwei Flüchtlingslagern gerichtet hätten, teilte die Palästinenserorganisation mit. Israel hatte Donnerstagfrüh nach Berichten von AFP-Korrespondenten Dutzende Luftangriffe in Richtung des Flüchtlingslagers Al-Shati und im Norden des Gazastreifens ausgeführt.

Augenzeugen zufolge wurde auch Gaza-Stadt aus der Luft bombardiert. Hamas-Behörden meldeten außerdem einen Luftangriff auf das Flüchtlingslager Jabalija. Von der Hamas kontrollierte Medien berichteten, 15 Palästinenser seien getötet worden.

Ein israelischer Militärsprecher betonte angesichts von Bildern weitreichender Zerstörungen im Gazastreifen, es gebe "kein Flächenbombardement" in dem Palästinensergebiet. "Wir greifen kein Ziel an, das nicht auf Geheimdienstinformationen basiert", erklärte Sprecher Richard Hecht.

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Gewaltspirale in Nahost: Die aktuellen Entwicklungen im Gazastreifen und Israel

Die Angriffe seien zwar "größer als alles, was wir bisher gesehen haben", sagte er. Die Armee bekomme aber jeweils konkrete Informationen darüber, wo militante Palästinenser sich versteckten. "Wenn eine beteiligte Person sich versteckt, werden wir (die Zivilbevölkerung) vor dem Angriff warnen", sagte er. "Menschen, die gehen wollen, gehen dann."

Die Zahl der bei Luftangriffen getöteten Palästinenser stieg unterdessen auf mindestens 1203 gestiegen. Rund 5800 weitere Menschen seien verletzt worden, teilte das Gesundheitsministerium in Gaza mit.

Die Zahl der Toten in Israel durch die Hamas-Großangriffe stieg nach Armeeangaben auf mehr als 1200. Mindestens 3000 weitere seien verletzt worden. Rund 150 Menschen wurden von israelischem Boden in den Gazastreifen verschleppt.

Biden fordert von Netanjahu „Augenmaß“

US-Präsident Biden nannte den Hamas-Angriff „den tödlichsten Tag für Juden seit dem Holocaust". Gleichwohl appelliere er an Netanjahus Regierung, bei der Gegenreaktion Augenmaß zu bewahren, wie er bei einem Treffen mit führenden Vertreterinnen und Vertretern jüdischer Gemeinden in Washington betonte.

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Nach Ansicht der israelischen Geheimdienstministerin Gila Gamliel zur Abschreckung anderer Extremistengruppen in der Welt führen. "Unser entschlossenes Handeln wird andere Organisationen davon abhalten, die gleichen tragischen Angriffe zu verüben", meinte Gamliel gegenüber AFP. Israel müsse die Hamas "ausrotten", damit niemand auch nur auf die Idee komme, "das, was (in Israel) passiert ist, als Modell" für künftige Anschläge zu nutzen.

Das Rote Kreuz will sich als Vermittler um die Freilassung der Geiseln in der Gewalt der radikalislamischen Hamas bemühen. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) teilte am Donnerstag mit, es stehe in Kontakt mit der Palästinenserorganisation und den israelischen Behörden. "Als neutraler Vermittler sind wir bereit, humanitäre Besuche durchzuführen, die Kommunikation zwischen Geiseln und Familienangehörigen zu erleichtern und eine eventuelle Freilassung zu ermöglichen", erklärte der IKRK-Regionaldirektor für den Nahen Osten, Fabrizio Carboni. Das IKRK rufe "beide Seiten auf, das Leiden der Zivilbevölkerung zu verringern".

Brasilien setzte für Freitag eine weitere Sitzung des UNO-Sicherheitsrats zum Krieg in Nahost an. Der brasilianische Außenminister Mauro Vieira unterbrach eine Asienreise, um bei dem Treffen des höchsten UNO-Gremiums in New York "die Situation im Gazastreifen anzusprechen", wie sein Ministerium mitteilte.

Ägypten sichert Öffnung seiner Grenze nach Gaza zu

Ägypten sicherte den Vereinten Nationen die Öffnung seiner Grenze nach Gaza für humanitäre Hilfslieferungen zu. Auch der nahe dem Übergang Rafah gelegene Flughafen in Al-Arisch auf der ägyptischen Sinai-Halbinsel könnte genutzt werden, sagte UN-Sprecher Stephane Dujarric. Rafah ist der einzige Grenzübergang vom Gazastreifen nach Ägypten. Alle anderen Passierstellen gehen nach Israel. Zuletzt waren sämtliche Übergänge geschlossen. Israel verhängte eine komplette Blockade über das Gebiet, in dem rund 2,3 Millionen Palästinenser leben.

EU-Außenbeauftragter Borrell kritisiert Blockade des Gazastreifens

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell warf der Regierung in Jerusalem vor, mit Maßnahmen wie der Unterbrechung der Versorgung mit Wasser, Strom und Nahrungsmitteln für den Gazastreifen gegen das Völkerrecht zu verstoßen. Nach Angaben des UN-Nothilfebüros OCHA flohen bisher etwa 264.000 Menschen innerhalb des abgeriegelten Gebietes. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan bezeichnete die unablässigen Luftangriffe Israels als „Massaker". Zugleich verurteilte er das Töten von israelischen Zivilisten durch die Hamas.

Israels Ministerpräsident Netanyahu und Oppositionspolitiker Benny Gantz verabredeten unterdessen eine Notstandsregierung. Die gemeinsame Führung sei nötig, um einen „Feind schlimmer als den IS" zu bekämpfen, sagte Netanyahu am Mittwochabend unter Verweis auf die Terrororganisation Islamischer Staat (IS). Eine Notstandsregierung gilt als politische Voraussetzung, um weitreichende militärische und politische Entscheidungen – wie eine militärisch riskante Bodenoffensive - zu treffen. (APA/dpa)

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