VfGH kippt Cofag-Grundlagen, doch Hilfsgelder fließen weiter
Die verfassungswidrigen Bestimmungen rund um die Coronahilfen-Agentur werden laut VfGH erst in gut einem Jahr aufgehoben – weil die Staatsgelder vorerst weiter fließen sollen.
Wien – Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) ist nach einer monatelangen Prüfung der gesetzlichen Grundlagen der Auszahlung von Coronahilfen durch die Cofag zum Schluss gekommen, dass die Aufgabenübertragung an die COVID-19-Finanzierungsagentur gegen die Verfassung verstößt. Auch Richtlinien des Finanzministers zur Auszahlung von Finanzhilfen sind zum Teil rechtswidrig, teilte das Höchstgericht am Dienstag mit. Doch die Auszahlungen können weiterlaufen, betonen VfGH und Finanzministerium.
"Die Aufhebung der verfassungswidrigen Bestimmungen tritt mit Ablauf des 31. Oktober 2024 in Kraft", teilte der VfGH mit. Diese Fristsetzung erachtet das Höchstgericht als "notwendig, weil der Bundesgesetzgeber infolge der Aufhebung sowohl für die weitere Tätigkeit der Cofag als auch für die voraussichtlich notwendige Abwicklung dieser Gesellschaft nähere Regelungen erlassen muss. Bis zur Erlassung derartiger gesetzlicher Regelungen kann die Cofag weiterhin die ihr durch das ABBAG-Gesetz übertragenen Aufgaben besorgen und daher auch Finanzhilfen auszahlen."
Errichtet wurde die Covid-19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH nach dem ABBAG-Gesetz. Die ABBAG war nach der Finanzkrise für die staatlichen Banken-Unterstützungen gegründet worden.
Konkret hebt der VfGH mehrere Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Errichtung einer Abbaubeteiligungs AG des Bundes (ABBAG-Gesetz) als verfassungswidrig auf. Neben diesen Bestimmungen zur Cofag hat der VfGH auch Teile der als Verordnungen erlassenen Richtlinien als gesetzwidrig aufgehoben, die die Auszahlung von Finanzhilfen durch die Cofag regeln. Die Aufhebung der gesetzwidrigen Bestimmungen der Richtlinien tritt mit Ablauf des 15. April 2024 in Kraft.
Antrag der Wiener Lokalbahnen war Anlass für Prüfung
Anlass für die Prüfung des ABBAG-Gesetzes war ein Antrag der Wiener Lokalbahnen Verkehrsdienste GmbH, nachdem die Cofag einen vom Unternehmen beantragten Fixkostenzuschuss nicht gewährt hatte. Im Rahmen dieser Gesetzesprüfung hat der VfGH entschieden, dass die Regelungen betreffend die Cofag im ABBAG-Gesetz teilweise verfassungswidrig sind. Einerseits sei die Art und Weise der Übertragung von Verwaltungsaufgaben auf eine GmbH – also eine Ausgliederung – "unsachlich". Andererseits hätten Unternehmen "zu Unrecht keinen Rechtsanspruch auf Finanzhilfen".
Für nächstes Jahr hat das Finanzministerium noch "Cofag-Zuschüsse" in Höhe von 450 Mio. Euro budgetiert, schrieb Der Standard zuletzt unter Berufung auf interne Unterlagen des Ministeriums. Kommentieren wollte man diese Summe dort laut Zeitung nicht, versprach aber bereits, dass die Abbaugesellschaft des Bundes, die die Cofag abwickelt, ein Konzept finalisieren werde, sobald das Urteil des VfGH vorliege. "Noch offene Fälle werden selbstverständlich erledigt."
Die Cofag war in der Zeit Gernot Blümel (ÖVP) als Finanzminister eilig ins Leben gerufen worden. Grund waren rasch nötige Staatshilfen für Firmen aufgrund der Corona-Pandemie. Von der Opposition gab es von Anfang an Kritik am Konstrukt. Vor allem wurde bzw. wird dort eine mangelnde parlamentarische Kontrolle gesehen.
"Die Cofag-Gründung fiel in eine Zeit mit hoher Dringlichkeit und weitreichender rechtlicher Unsicherheit", bekräftigte das Büro des aktuellen Finanzministers Magnus Brunner (ÖVP) in einer Stellungnahme. Bereits vor Monaten sei die ABBAG von Brunner beauftragt worden, ein Konzept zur Abwicklung der Cofag zu erstellen. "Die nun erfolgte Entscheidung des VfGH bereinigt rechtliche Unklarheiten und wird in diesen Prozess einfließen. Auf bereits ausbezahlte Hilfen hat die Entscheidung keine Auswirkungen." Noch auszuzahlende Hilfen würden selbstverständlich weiter bearbeitet, da die Frist des Verfassungsgerichtshofs eine Auszahlung bis 31. Oktober 2024 ermöglicht. Darüber hinaus bestehe allenfalls die Möglichkeit, die rechtliche Basis im Sinne der Entscheidung anzupassen.
Keine Bedenken hat der VfGH übrigens gegen den Ausschluss öffentlicher Unternehmen von Finanzhilfen. Der Antrag der Wiener Lokalbahnen Verkehrsdienste GmbH, die im alleinigen Eigentum der Stadt Wien steht und deren Antrag das Gesetzesprüfungsverfahren ausgelöst hatte, wurde daher ebenso abgewiesen wie die Anträge mehrerer anderer Gesellschaften, die im (unmittelbaren oder mittelbaren) Alleineigentum von Bundesländern oder Gemeinden stehen. (TT.com, APA)
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