Prozess gegen Sebastian Kurz startet: Rückkehr ins Blitzlichtgewitter
Kurz und seine Weggefährten Glatz-Kremsner und Bonelli sitzen ab heute auf der Anklagebank.
Wien – An sich bildet die Budgetrede einen der Höhepunkte im parlamentarischen Jahreszyklus. Heute findet diese statt. Ab 10 Uhr ist Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) am Wort. Doch eine halbe Stunde zuvor, in Gehweite zum Parlament, werden zahlreiche Kameraleute, Fotografen, Journalisten aus dem In- und Ausland sowie Kiebitze auf den Beginn eines anderen durchaus politischen Ereignisses warten, welches die Budgetrede in den Schatten stellen dürfte.
Am Wiener Landesgericht beginnt im – bis auf den letzten Platz „ausreservierten“ – Großen Schwurgerichtssaal der Prozess gegen den früheren Kanzler und Ex-ÖVP-Chef Sebastian Kurz, dessen langjährigen Vertrauten Bernhard Bonelli sowie die vormalige ÖVP-Vizeparteichefin (und ehemalige Generaldirektorin der Casinos Austria und Vorstandsvorsitzende der Österreichischen Lotterien) Bettina Glatz-Kremsner.
Kurz, Bonelli und Glatz-Kremsner werden Falschaussagen vorgeworfen. Alle drei Angeklagten werden sich „nicht schuldig“ bekennen. Heute sind die Vertreter der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft sowie die Verteidiger am Wort. Ob sich am Mittwoch bereits die Angeklagten aktiv in den Prozess einschalten können, ist ungewiss. Aufgrund der langen Zeugenliste dürfte ein Urteil nicht vor Ende November zu erwarten sein. Der Strafrahmen für das zur Last gelegte Delikt beträgt bis zu drei Jahre Haft. Und was genau wirft die Staatsanwaltschaft den Angeklagten vor?
Sebastian Kurz: Es geht im Wesentlichen um die Frage, inwieweit der damalige Kanzler in die Bestellung von Thomas Schmid zum ÖBAG-Chef involviert war. Vor dem Ibiza-U-Ausschuss wurde Kurz dazu befragt. Die Frage, ob er im Vorfeld eingebunden gewesen sei, bejahte Kurz im U-Ausschuss mit dem Zusatz „eingebunden im Sinne von informiert“. Die Staatsanwaltschaft erkennt hier eine Falschaussage. Denn laut Anklagebehörde sei Kurz aktiv an Schmid herangetreten, um ihn mit der Reform der Staatsholding ÖBAG zu beauftragen. Zudem soll er Schmid mitgeteilt haben, dass er ihn an der Spitze der ÖBAG sehe. Auf die Frage nach Wahrnehmungen zur Besetzung des Aufsichtsrates der ÖBAG habe Kurz „tatsachenwidrig“ ausgeführt, er wisse, dass es im Finanzministerium und im zuständigen Nominierungskomitee Gespräche gegeben habe, er habe die Entscheidung aber nicht getroffen und die Aufsichtsräte nicht ausgewählt. Auch dies stellt die Anklage in Abrede.
Bernhard Bonelli: Auch Kurz’ früherem Kabinettschef wird Falschaussage vor dem U-Ausschuss in Bezug auf die Bestellung des ÖBAG-Aufsichtsrates vorgeworfen. Falsch ausgesagt hat Bonelli laut WKStA auch, als er angab, sich nicht genau erinnern zu können, ob es zwischen den Regierungsparteien Vereinbarungen über die Bestellung eines Alleinvorstandes gegeben habe.
Bettina Glatz-Kremsner: Ihr werden in der Causa Falschaussagen sowohl im U-Ausschuss als auch vor der Korruptionsstaatsanwaltschaft vorgeworfen.
Altkanzler vor Gericht
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