Nach Angriff auf Gaza-Spital

Versuchter Brandanschlag auf jüdische Einrichtungen in Berlin

Auf das Haus mit mehreren jüdischen Einrichtungen in der Brunnenstraße in Berlin-Mitte wurden in der Nacht zum Mittwoch Brandsätze geworfen.
© IMAGO/Bernd Elmenthaler

Auf den versuchten Brandanschlag auf ein Haus mit jüdischen Einrichtungen in Berlin haben Politiker mit Entsetzen reagiert und mehr Engagement gegen Antisemitismus gefordert. Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz hat verstärkte Sicherheitsvorkehrungen angekündigt.

Berlin – Auf ein Haus mit jüdischen Einrichtungen in Berlin hat es nach Angaben der betroffenen Gemeinde in der Nacht auf Mittwoch einen versuchten Brandanschlag gegeben. Die Gemeinde Kahal Adass Jisroel schrieb auf der Plattform X (Twitter), Unbekannte hätten zwei Molotow-Cocktails von der Straße aus in Richtung ihres Gemeindezentrums in der Brunnenstraße in Berlin-Mitte geworfen. Die Polizei bestätigte auf Anfrage einen Vorfall in der Brunnenstraße, nannte aber keine Details.

Laut Tagesspiegel gab es keine Verletzten. Die Brandflaschen seien funktionsfähig gewesen und hätten gebrannt. Das Gebäude sei jedoch nicht in Brand geraten, da die Angreifer es verfehlt hätten. Die Brandsätze seien nur bis auf den Gehsteig geflogen und dort erloschen, schrieb die Zeitung unter Berufung auf die Polizei. Objektschützer der Polizei waren demnach am Ort, konnten den Anschlag jedoch nicht verhindern und die Täter auch nicht festhalten. In dem Gebäude befinden sich dem Bericht zufolge mehrere jüdische Institutionen, darunter eine Talmud-Thora-Schule und eine Synagoge.

Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) verurteilte die Anschläge auf jüdische Einrichtungen und gewalttätige Ausschreitungen als „menschenverachtend, abscheulich und nicht zu dulden." Antisemitismus habe in Deutschland keinen Platz, schrieb er auf der Plattform X (Twitter). Vor Journalisten in Kairo kündigte Scholz verstärkte Sicherheitsvorkehrungen für jüdische Einrichtungen an.

„Mein Appell an alle ist, dass wir aufgrund unserer Geschichte alles dafür tun müssen, dass sich Antisemitismus in diesem Land nicht weiter ausbreitet", sagte der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Mittwoch bei einem dreitägigen Besuch im südthüringischen Meiningen. Man sollte aber auch nicht in einen Generalverdacht gegenüber allen Muslimen verfallen, warnte der 67-Jährige. Deutschland habe ein besonderes Verhältnis zu Israel. Man sei über eine schreckliche Geschichte miteinander verbunden. „Dieses besondere Verhältnis zu Israel muss jeder kennen, der in Deutschland lebt." Jeder müsse die Geschichte von Auschwitz kennen „und die Verantwortung und den Auftrag", die sich daraus ableiteten, so Steinmeier.

Steinmeier zeigte sich auch angesichts einer Explosion an einem Krankenhaus im Gazastreifen bestürzt und sprach von „furchtbaren Bildern". Er wies darauf hin, dass sowohl Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) als auch US-Präsident Joe Biden öffentlich gesagt hätten, es komme darauf an, dass humanitäre Hilfe in den Gaza-Streifen gelange. „Das ist auch notwendig zu sagen, im Wissen darum, dass Israel der angegriffene Staat ist", sagte Steinmeier. Israel habe das Recht, sich gegen den Überfall der Hamas zur Wehr zu setzen. „Gleichwohl: Zugang zu humanitärer Hilfe ist etwas, das auch in Kriegszeiten gewährleistet werden muss."

Der 'Tag des Zorns' ist nicht nur eine Phrase. Es ist psychischer Terror, der in konkrete Anschläge mündet.
Zentralrat der Juden

Auch der Zentralrat der Juden verurteilte den versuchten Brandanschlag scharf. „Dieser Brandanschlag ist die konsequente Fortsetzung der Verherrlichung des Hamas-Terrors auf deutschen Straßen. Der 'Tag des Zorns' ist nicht nur eine Phrase. Es ist psychischer Terror, der in konkrete Anschläge mündet." Der Zentralrat kritisierte, dass deutsche Medien die Nachricht der Hamas verbreitet hätten, die den Raketentreffer auf ein Krankenhaus in Gaza der israelischen Armee zugeschrieben habe. Es sei schnell klar geworden, dass „mit großer Wahrscheinlichkeit eine verunglückte Terrorrakete für den tragischen Treffer verantwortlich war". Der Zentralrat fügte hinzu: „Wir haben alle eine Verantwortung dafür, dass unschuldige tragische Opfer nicht für widerwärtige Terrorpropaganda missbraucht werden."

Zuvor hatte es in Berlin und anderen deutschen Städte nach einer verheerenden Explosion in einem Krankenhaus im Gazastreifen mit mutmaßlich Hunderten Toten auch spontane Proteste und teils Ausschreitungen gegeben. In Berlin wurden dabei am Dienstagabend nach einer Pro-Palästina-Mahnwache am Brandenburger Tor nach Polizeiangaben Einsatzkräfte angegriffen. Die Polizei sprach von mehr als 300 Menschen, die sich dort versammelt hätten, ein dpa-Fotograf schätzte die Zahl auf rund 1000.

Das nahe gelegene Holocaustmahnmal musste von Polizisten geschützt werden. Nach Medienberichten hatten Demonstranten versucht, dorthin zu gelangen, wurden aber daran gehindert. Die Polizei bestätigte das am Mittwochmorgen zunächst nicht.

Im Berliner Bezirk Neukölln gab es nach einem Aufruf zu einer nicht angemeldeten Pro-Palästina-Demonstration Ausschreitungen. Es hätten Barrikaden, E-Scooter und ein Kinderspielplatz gebrannt, teilte die Feuerwehr auf X, ehemals Twitter, mit. Ihre Einsatzkräfte seien mit Pyrotechnik beschossen worden. Die Polizei wurden mit Steinen angegriffen.

Nach Angaben der Gewerkschaft der Polizei (GdP) wurden über 20 Einsatzkräfte bei den Ausschreitungen in Berlin verletzt. Auf sie seien an der Sonnenallee, am Hermannplatz und am Pariser Platz Steine und Pyrotechnik geworfen worden, teilte die Gewerkschaft am Mittwoch auf der Plattform X, früher Twitter, mit.

Auch in mehreren Städten Nordrhein-Westfalens gab es pro-palästinensische Kundgebungen mit insgesamt mehr als 500 Beteiligten. Die meisten kamen in Aachen mit 200 zusammen, wie die Polizei in der Nacht mitteilte. Jeweils rund 100 Menschen gingen in Dortmund, Düsseldorf und Essen auf die Straße, Köln meldete 30 Menschen. Die Kundgebungen verliefen friedlich, wie die Polizeileitstellen mitteilten. Einige Demonstranten hatten demnach palästinensische Flaggen und Kerzen dabei.

In Baden-Württemberg gab es in Stuttgart und Mannheim Kundgebungen mit 40 bis 60 Beteiligten. Vereinzelt seien palästinensische Flaggen gezeigt worden. Die Ansammlungen seien friedlich verlaufen, teilten die Polizeileitstellen mit.

Während die von der islamistischen Hamas kontrollierte Gesundheitsbehörde im Gazastreifen sowie auch mehrere arabische Staaten Israel die Verantwortung für den Raketeneinschlag gaben, wies die israelische Armee dies entschieden zurück. Das Krankenhaus sei durch eine fehlgeschlagene Rakete der Terrororganisation Islamischer Jihad getroffen, erklärte die Armee. (APA/dpa)