Österreich verhängt Reisewarnung für den Libanon, zwei US-Geiseln von Hamas frei
Israels Militär bleibt hart: Die Bodenoffensive im Gazastreifen werde kommen, heißt es. Derweil scheint die Lieferung dringend nötiger Hilfe für die Bevölkerung in der Enklave kurz bevorzustehen.
Tel Aviv, Wien– Das Außenministerium warnt vor allen Reisen in den Libanon. Österreicher und Österreicherinnen werden aufgefordert, den Libanon zu verlassen. Begründet wurde die Reisewarnung (höchste Sicherheitsstufe 6) mit der Sicherheitslage für Ausländer im Libanon, die "aufgrund der militärischen Auseinandersetzungen zwischen Hisbollah und Israel zurzeit äußerst volatil" sei. Derzeit sind rund 350 Auslandsösterreicher und ca. 40 Reisende im Libanon beim Außenministerium registriert.
"Eine Eskalation der Lage sowie eine Ausweitung des Konflikts kann nicht ausgeschlossen werden", warnte eine Sprecherin in einer Stellungnahme gegenüber der APA. Es sei mit Straßenblockaden und Protesten zu rechnen. Immer mehr Fluglinien stellen ihren Betrieb von und nach Beirut ein. Österreichern und Österreicherinnen im Libanon wird dringend empfohlen, den Anweisungen der libanesischen Behörden Folge zu leisten, die Nachrichten zu verfolgen und sich bei der Botschaft in Beirut zu melden bzw. sich beim Außenministerium zu registrieren.
Evakuierung von Stadt an Grenze zum Libanon
Nach tagelangen Spannungen an der Grenze zum Libanon hat das israelische Militär am Freitag die Evakuierung der nordisraelischen Stadt Kiryat Shmona bekanntgegeben. Wie die Armee mitteilte, sollen die rund 25.000 Einwohnerinnen und Einwohner die Stadt verlassen und in staatlich finanzierte Unterkünfte gebracht werden. Die Entscheidung traf demnach die Armee, umgesetzt wird die Evakuierung von der Stadtverwaltung, dem Tourismusministerium und dem Verteidigungsministerium.
📽️ Video | Israel evakuiert Kirjat Shmona an Grenze zum Libanon
Seit dem Beginn des Krieges zwischen Israel und der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas im Gazastreifen haben auch die Spannungen an der israelisch-libanesischen Grenze zugenommen. Nach dem Großangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober hatte die einflussreiche Hisbollah-Miliz ihre "Solidarität" mit der Hamas erklärt.
International wird daher ein Übergreifen des Krieges auf andere Länder der Region befürchtet. Deutschland, die USA und Großbritannien forderten ihre Bürgerinnen und Bürger am Donnerstag zur Ausreise aus dem Libanon auf. „Eine weitere Verschärfung der Lage und eine Ausweitung des Konflikts kann nicht ausgeschlossen werden", erklärte das Auswärtige Amt in Berlin. Am Freitag zog die niederländische Regierung mit einem solchen Appell nach.
Israel bestätigt Freilassung von zwei US-Geiseln
Israel bestätigt dem Sendern Channel 13 und Kan zufolge die Freilassung von zwei Geiseln durch die Hamas. Die Islamisten hatten zuvor bekanntgegeben, eine Mutter und ihre Tochter seien aus humanitären Gründen freigelassen worden. Es handle sich um Staatsbürgerinnen der USA, sagte ein Hamas-Sprecher. Der Schritt gehe auf eine Vermittlung von Katar zurück. Unklar ist, wo sich die Amerikanerinnen nun aufhalten.
Israels Armee geht eigenen Angaben zufolge davon aus, dass die meisten der mehr als 200 in den Gazastreifen verschleppten Geiseln noch am Leben sind. Das teilte das Militär am Freitag mit. Woher sie die Informationen haben, sagte die Armee nicht.
Offiziellen Angaben zufolge haben Terroristen auf Geheiß der im Gazastreifen herrschenden Hamas nach dem Massaker am 7. Oktober mindestens 203 Menschen aus Israel in den Küstenstreifen verschleppt. Darunter sind nach Armeeangaben von Freitag mehr als 20 Kinder und Jugendliche. Zwischen zehn und 20 Geiseln seien ältere Menschen ab 60. Seit den Terroranschlägen gelten demnach noch 100 bis 200 Menschen als vermisst.
Kurz vor der drohenden Bodenoffensive Israels gegen die islamistischen Hamas-Angreifer im Gazastreifen kommt in das Ringen um dringend nötige Hilfe für die Bevölkerung Bewegung. Die in Ägypten am Grenzübergang Rafah lagernden Hilfsgüter sollen nach israelischen Angaben spätestens am Samstag im Gazastreifen ankommen. Israel kündigte eine baldige Bodenoffensive an. US-Präsident Joe Biden will beim Kongress ein Hilfspaket mit „beispielloser Hilfe für Israel" beantragen.
📽️ Video | Große Anspannung vor Bodenoffensive Israels
Israels Verteidigungsminister Joav Galant hat den an der Grenze zum Gazastreifen zusammengezogenen Bodentruppen mitgeteilt, dass sie den palästinensischen Küstenstreifen bald „von innen" sehen würden. „Ihr seht Gaza jetzt aus der Ferne, bald werdet ihr es von innen sehen. Der Befehl wird kommen", sagte er laut einer Erklärung seines Büros.
Biden: „Dürfen den Frieden nicht aufgeben"
„Wir werden dafür sorgen, dass andere feindliche Akteure in der Region wissen, dass Israel stärker ist als je zuvor, und verhindern, dass sich dieser Konflikt ausweitet", sagte Biden am Donnerstagabend (Ortszeit) in einer Rede an die Nation. Israel und die Palästinenser verdienten es gleichermaßen, in Sicherheit, Würde und Frieden zu leben. „Wir dürfen den Frieden nicht aufgeben. Wir dürfen eine Zweistaatenlösung nicht aufgeben", sagte Biden. Von Frieden können die Menschen in der Region jedoch derzeit nicht einmal träumen.
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Blutiger Häuserkampf droht
Experten warnen vor einem blutigen Häuserkampf, sollte Israel wie erwartet Bodentruppen in den dicht besiedelten Gazastreifen am Mittelmeer schicken. Israel will nach den verheerenden Terroranschlägen der Hamas die militärischen Fähigkeiten sowie die Herrschaft der islamistischen Organisation ausschalten. Mehr als 1400 Menschen sind in Israel den Hamas-Angriffen zum Opfer gefallen und mehr als 200 Menschen von ihr in den Gazastreifen entführt worden. Darunter sollen israelischen Medienberichten zufolge auch knapp 30 Kinder und Jugendliche sein. 100 bis 200 Menschen würden vermisst.
Seither greift Israels Luftwaffe Ziele im Gazastreifen an. Dabei starben seit dem 7. Oktober nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums im Gazastreifen 3785 Menschen. In der Nacht zum Freitag wurde laut der israelischen Armee ein weiteres an den Terrorattacken beteiligtes Hamas-Mitglied getötet. Militante Palästinenser im Gazastreifen feuerten wiederum am späten Donnerstagabend erneut Raketen auf Tel Aviv und Israels Zentrum.
Hilfslieferung scheinen bevorzustehen
Nach UN-Angaben sind in den vergangenen Tagen rund eine Million Bewohner des nördlichen Gazastreifens in den südlichen Teil geflohen. Israels Armee, die dazu aufgerufen hatte, um zivile Opfer bei einer Ausweitung der Kämpfe zu vermeiden, sprach von rund 600.000 Menschen. Im Süden liegt an der Grenze zu Ägypten der Übergang Rafah. Auf ägyptischer Seite stauen sich Dutzende von Lastwagen mit humanitären Versorgungsgütern.
Die ersten Lieferungen würden „morgen, spätestens übermorgen" in Gaza eintreffen, sagte der israelische Armeesprecher Arye Sharuz Shalicar am Donnerstagabend in der Sendung „RTL Direkt". Der staatsnahe ägyptische TV-Sender Al Kahera News hatte zuvor berichtet, dass der Grenzübergang am Freitag für Hilfslieferungen in das abgeriegelte Palästinensergebiet geöffnet wird. Der Rafah-Grenzübergang ist der einzige nicht von Israel kontrollierte Zugang zum Gazastreifen. Ägypten hatte zuvor einen „dauerhaften" Zugang für Hilfslieferungen angekündigt.
„Wir brauchen schnellen, ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe. Wir brauchen sofort Nahrungsmittel, Wasser, Medikamente und Treibstoff", schrieb UN-Generalsekretär António Guterres in der Nacht zum Freitag auf der Plattform X (vormals Twitter). Er ist in Ägypten, um mit der Regierung über die Öffnung des Grenzübergangs zu sprechen.
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) warf den USA und ihren Verbündeten mangelnde Kritik am Vorgehen Israels im Gazastreifen vor. Tom Porteous, stellvertretender HRW-Programmdirektor, fragte am Donnerstag, wo „die klare Verurteilung der grausamen Verschärfung der seit 16 Jahren bestehenden Abriegelung des Gazastreifens" bleibe. Diese komme „einer kollektiven Bestrafung, einem Kriegsverbrechen", gleich.
Israelisches Militär griff Hisbollah im Libanon an
Unterdessen griff das israelische Militär auch in der Nacht zu Freitag Stellungen der pro-iranischen Hisbollah im Libanon sowie mutmaßliche Terroristen an. Als Reaktion auf Beschuss der schiitschen Miliz am Mittwoch habe die Armee unter anderem Beobachtungsposten der Hisbollah attackiert, teilte das Militär mit. Zudem habe ein Kampfjet drei Menschen getroffen, die versucht hätten, Raketen in Richtung Israel abzufeuern. Unklar war, ob es dabei Verletzte oder Tote gab.
Seit den Terrorattacken der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas auf Israel und Israels Gegenschlägen auf den Gazastreifen kam es in den vergangenen Tagen regelmäßig zu Zwischenfällen an der Grenze zwischen Israel und dem Libanon. International gibt es die Befürchtung, die Hisbollah könnte verstärkt in den Gaza-Konflikt eingreifen und Israel eine zweite, nördliche Front aufzwingen. Die Hisbollah unterhält enge Verbindungen zur Hamas im Gazastreifen.
Krisenkabinett der Bundesregierung eingeberufen
Wegen der aktuellen Lage in Nahost haben Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) für Freitag (8 Uhr) das Krisenkabinett der Bundesregierung einberufen. Themen sind die aktuelle Lage, der Terrorangriff der Hamas auf Israel und die daraus resultierenden Folgen - sowie die Sicherheitslage in Österreich, gab die Regierung gegenüber der APA bekannt. Die Chefs der Nachrichtendienste werden die Bundesregierung im Lagezentrum des Verteidigungsministerium über das aktuelle Lagebild informieren. (APA, dpa)
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