Ex-Justizsektionschef Christian Pilnacek ist tot
Wien – Der suspendierte Sektionschef des Justizministeriums, Christian Pilnacek, ist in der Nacht auf Freitag im Alter von 60 Jahren gestorben. Ersten Informationen zufolge war Pilnacek am Freitagabend als stark alkoholisierter Geisterfahrer auf der A22 zwischen Wien und Tulln unterwegs. Pilnacek wurde von einer Polizeistreife aufgehalten und ihm wurden im Zuge der Kontrolle Führerschein und Fahrzeug abgenommen. Kurz darauf wurde er von einer Person abgeholt. Später sei er tot aufgefunden worden.
Die genauen Hintergründe sind noch unklar. Laut Chefinspektor Johann Baumschlager von der Landespolizeidirektion Niederösterreich habe das Landeskriminalamt die Ermittlungen eingeleitet und werde bei der Staatsanwaltschaft Krems eine Obduktion anregen.
Über lange Jahre galt Pilnacek neben dem jeweiligen Minister als mächtigster Mann im Justizministerium. Unter Türkis-Blau avancierte er zum Generalsekretär.
Zadic zeigt sich erschüttert
Justizministerin Alma Zadic (Grüne) zeigte sich vom Tod Pilnaceks erschüttert und nannte ihn einen „fachlich äußerst versierten Juristen, der mit seiner Expertise einen großen Beitrag zur Weiterentwicklung der Straflegistik geleistet hat“. Ministerium und Justizpalast waren am Freitagnachmittag schwarz beflaggt.
Pilnacek galt als ausgewiesener Strafrechtsexperte, der seine Expertenwissen bei zahlreichen Reformprojekten einbrachte. Auch Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) zeigte sich „tief betroffen“. Pilnacek sei „ein brillanter Jurist gewesen, der die österreichische Justiz über Jahrzehnte geprägt hat wie kaum ein anderer. Als Architekt des Strafprozessreformgesetzes 2004 hat er für immer seine Handschrift in Österreichs Rechtssystem hinterlassen.“
Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) äußerte sich auf X (vormals Twitter) ebenfalls tief betroffen. Er habe Pilnacek – auch in der Zusammenarbeit als Innenminister – als „herausragenden Juristen kennen und schätzen gelernt“. Ähnlich auch SPÖ-Justizsprecherin Selma Yildirim, die Pilnacek als „einen der besten Strafrechtsexperten des Landes“ bezeichnete. FPÖ-Justizsprecher Harald Stefan nannte den „hervorragenden Juristen“ eine „Persönlichkeit mit Charakter, die auch zu Widerspruch angeregt hat“.
📽️ Video | Christian Pilnacek 60-jährig gestorben
Pilnacek schreckte er nicht davor zurück, sich mit den ihm unterstellten Staatsanwälten anzulegen. Mit dem mittlerweile legendären Satz „Setzts euch z'samm und daschlogts es, aber das hättet ihr vor drei Jahren machen können“ hatte er etwa Anklagevertreter aufgefordert, sich in der Eurofighter-Causa nicht mit keinen Erfolg versprechenden Ermittlungssträngen aufzuhalten und diese Teile einzustellen.
Reizfigur im Justizministerium
Justizintern galt Pilnacek stets als Reizfigur, die nicht mit ihrer Meinung hinter dem Berg hielt. Die von den Staatsanwälten der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) mitgeschnittene Aussage zu dem Eurofighter-Verfahren führte zu einer letztlich folgenlos gebliebenen Anzeige wegen Amtsmissbrauchs. Speziell mit der WKStA focht der Sektionschef seine Sträuße aus.
Eine neue Dimension erreichten die Auseinandersetzungen, als Pilnacek im Zuge von Ermittlungen rund um das Heumarkt-Projekt von der Staatsanwaltschaft Wien das Handy abgenommen wurde. Vorwurf: Er soll interne Informationen aus der Behörde verraten haben - in dieser Causa wird nach wie vor ermittelt. In einem anderen Verfahren wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses wurde er dagegen rechtskräftig freigesprochen.
Suspendierung hatte juristisches Nachspiel
Die diversen Vorwürfe führten schließlich zu einer Suspendierung Pilnaceks, die dieser vor Gericht bekämpfte. Zuletzt wurde ihm von der Disziplinarbehörde eine (nicht rechtskräftige) Geldstrafe aufgebrummt, weil er in einem Chat mit dem damaligen Kabinettschef im Finanzministerium diesem zu einem Rechtsmittel gegen eine Hausdurchsuchung geraten hatte. In diesem Zusammenhang fiel auch die auf Ex-Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) gemünzte Aussage „Wer vorbereitet Gernot auf seine Vernehmung?“. Der Steirer hinterlässt eine Ehefrau und drei Kinder. (APA, TT.com)