Antritt bei EU-Wahl geplant

Ex-Linken Chefin Wagenknecht plant Parteigründung für Jänner

Sahra Wagenknecht (r.) und die Co-Fraktionschefin der Linken Amira Mohamed Ali bei der Bundespressekonferenz zur Gründung des neuen Vereins „Bündnis Sahra Wagenknecht“.
© IMAGO/Frederic Kern

Zum Jahreswechsel 2024 plant Sahra Wagenknecht die Gründung einer neuen Partei. Erste Prognosen sagen der neuen Partei gute Ergebnisse voraus – Wagenknecht könnte auch im Teich der AfD-Wähler fischen.

Berlin – Sahra Wagenknecht will mit einem kleinen Team zum Jahreswechsel 2024 eine eigene Partei gründen. Die Partei soll bei der Europawahl im Juni antreten. Die bisherige Co-Fraktionschefin der Linken, Amira Mohamed Ali, sagte, die Gruppe sei bereits aus der Linkspartei ausgetreten. „Diese Entscheidung ist uns nicht leichtgefallen.“ Der Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Dietmar Bartsch, bestätigte, dass zehn der 38 Abgeordnete aus der Partei ausgetreten sind.

Die Abgeordneten wollen zugleich Mitglied der Fraktion bleiben. „Unsere Fraktion wird souverän und in großer Ruhe darüber entscheiden“, erklärte Bartsch am Montag in Berlin. Den Schritt der zehn Abgeordneten nannte er „unverantwortlich und inakzeptabel“.

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Die Ampel-Regierung sei trotz zahlreicher Krisen in der Welt planlos, und Deutschland habe eine absurd schlechte Infrastruktur. „So wie es derzeit läuft, darf es nicht weitergehen“, hatte Wagenknecht zuvor am Montag in Berlin gesagt. Deutschland drohe ein Wohlstandsverlust. Das Land müsse weg von einem blinden Öko-Kurs, der Mindestlohn müsse deutlich angehoben werden.

Gaza für Wagenknecht „Freiluftgefängnis“

Zur Lösung des Nahost-Konflikts forderte Wagenknecht, Interessen der Palästinenser zu berücksichtigen und von einer Bodenoffensive gegen den Gaza-Streifen abzusehen. Israel habe selbstverständlich das Recht, sich gegen die Angriffe der Terrormiliz Hamas zu verteidigen, sagte Wagenknecht am Montag in Berlin. Zugleich fügte sie hinzu: „Gaza ist ein Freiluftgefängnis seit vielen Jahren.“ Auf Nachfrage erläuterte sie die Aussage zum "Freiluftgefängnis" so: Die Menschen könnten den Gaza-Streifen nicht verlassen und dieser sei wirtschaftlich nicht überlebensfähig, sondern auf Hilfe von außen angewiesen.

Wagenknecht hat zusammen mit den Bundestagsabgeordneten Amira Mohamed Ali und Christian Leye sowie dem Unternehmer Ralph Suikat und dem ehemaligen Geschäftsführer der Linken in Nordrhein-Westfalen, Lukas Schön, einen Verein ins Leben gerufen, um eine Parteigründung vorzubereiten. Experten trauen ihr zu, einen größeren Teil an Nicht- und Protestwählern auf sich zu vereinen.

Wagenknecht & Co riefen mehrfach zu Spenden auf, um die Parteigründung finanzieren zu können. Die Partei wolle langsam wachsen, keine Bühne für Karrieristen werden, so Leye.

Antritt bei Landtagswahlen noch unklar

Offen ist noch, ob die Partei auch an allen drei Landtagswahlen im September 2024 – in Sachsen, Thüringen und Brandenburg – teilnehmen wird. Experten trauen ihr zu, einen größeren Teil an Nicht- und Protestwählern auf sich zu vereinen. Im Osten Deutschlands werden bisher vor allem der AfD große Zuwächse vorausgesagt. Für die Linke könnte die neue Partei der Todesstoß sein.

Einer Insa-Umfrage für "Bild am Sonntag" zufolge könnten sich 27 Prozent der Befragten in Deutschland vorstellen, eine Wagenknecht-Partei zu wählen. Wahlumfragen sind aber generell mit Unsicherheiten behaftet. Die Linke-Parteispitze will gegen die Wagenknecht-Mitstreiter vorgehen. Gegen die Beteiligten des Vereins "Bündnis Sahra Wagenknecht – Für Vernunft und Gerechtigkeit" (BSW) sollen Parteiausschlussverfahren eingeleitet werden. (APA, Reuters, dpa)