„Mehrere Terroristen getötet“

Israels Armee greift von Hamas benutzte Krankenwagen in Gaza an

Israelische Luftangriffe im Gazastreifen.
© APA/AFP/SAID KHATIB

Laut Hamas-Sender gab es einen Israelischen Raketenangriff auf das Haus des Hamas-Chefs. Die USA erwarten eine Intensivierung der israelischen Bodenoperationen. Erneut gab es Raketenalarm in Israel.

Washington, Gaza – Israels Armee hat im Gazastreifen nach eigenen Angaben einen von der islamistischen Hamas benutzten Krankenwagen angegriffen. Dabei seien mehrere Terroristen getötet worden, teilte sie mit. Das Hamas-Gesundheitsministerium gab dagegen an, es seien Verwundete zum Grenzübergang transportiert worden, damit diese in Ägypten behandelt werden können. Extremistische Palästinenser im Gazastreifen feuerten indes erneut Raketen auf den Süden Israels ab.

Der Angriff auf den Krankenwagen geschah nach palästinensischen Angaben vor dem Eingang des Shifa-Krankenhauses in der Stadt Gaza. 13 Menschen seien dabei getötet und 26 weitere verletzt worden.

📽️ Video | UN und WHO schockiert über Angriffe auf Krankenwagen

USA: Verletzte Hamas-Mitglieder nach Ägypten

US-Medien berichteten dagegen, die Hamas versuche, verletzte Mitglieder ihres militärischen Arms über den Grenzübergang Rafah nach Ägypten herauszuschmuggeln. Damit habe sie die Evakuierung von Ausländern aus dem Gaza-Streifen verzögert, schrieb die "New York Times" unter Berufung auf einen hohen amerikanischen Regierungsbeamten. Der US-Offizielle sagte, dass die Hamas zuvor Israel, den Vereinigten Staaten und Ägypten wiederholt Listen verwundeter Palästinenser vorgelegt habe, die zusammen mit US-Bürgern und anderen Ausländern ausreisen sollten. Nachprüfungen hätten aber ergeben, dass es sich bei vielen dieser Personen um Hamas-Kämpfer handelte. Dies sei für die Vertreter Ägyptens, der USA und Israels inakzeptabel gewesen. Die Verhandlungen mit der Hamas seien laut US-Regierungsangaben indirekt geführt worden, nämlich mit Hilfe von Regierungsvertretern Katars. Schließlich habe die Hamas nachgegeben.

UNO-Generalsekretär António Guterres und der Chef der Weltgesundheitsorganisation WHO, Tedros Adhanom Ghebreyesus, zeigten sich vom Beschuss des Krankenwagens "entsetzt". Beide forderten eine Waffenruhe. Guterres erklärte, die Bilder von auf der Straße liegenden Leichen seien "erschütternd". Er habe die von der Hamas in Israel verübten Terroranschläge "nicht vergessen", hieß es in einer Stellungnahme von Guterres vom Freitagabend. Zugleich fügte Guterres an, die Zivilbevölkerung in Gaza, darunter auch Kinder und Frauen, werde "seit fast einem Monat belagert, Hilfe verwehrt, getötet und aus ihren Häusern gebombt". Zivilisten dürften nicht als menschliche Schutzschilde missbraucht werden.

Erdogan: Netanyahu für uns kein Gesprächspartner mehr

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat im Zuge des Gaza-Kriegs nach eigenen Worten den Kontakt zu Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu abgebrochen. "Netanyahu ist für uns keine Art von Gesprächspartner mehr. Wir haben ihn gelöscht, wir haben ihn durchgestrichen", sagte Erdogan laut einer Mitteilung seines Pressebüros vom Samstag auf dem Rückflug aus Kasachstan. Ankara beabsichtige allerdings nicht, die diplomatischen Beziehungen zu Israel abzubrechen.

Netanyahu habe "die Unterstützung seiner Bürger" verloren und wolle nun Unterstützung für die "Massaker" gewinnen, indem er "religiöse Terminologie" verwende, sagte Erdogan weiter. Die Türkei nutze alle diplomatischen Optionen, um "das Blutvergießen zu stoppen", sagte Erdogan. Dazu zählte er Gespräche mit israelischen Geheimdienstvertretern, dem Außenministerium sowie mit der Hamas und den palästinensischen Behörden.

Erdogan will Ende des Monats auch mit dem Iran über den Gaza-Krieg beraten. Dazu werde der iranische Präsident Ebrahim Raisi in die Türkei kommen, teilte Erdogan. Erdogan kündigt auch an, dass der Gipfel der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC) in Riad ebenfalls Ende November die Voraussetzungen für eine Waffenruhe diskutieren werde. Erdogan erklärte nach einem Bericht des Senders Haberturk, wenn Israel nicht gestoppt und für Kriegsverbrechen zur Rechenschaft gezogen werde, werde es kein Vertrauen in das globale System mehr geben.

Vor Beginn des Gaza-Krieges am 7. Oktober hatten sich Erdogan und Netanyahu am Rande der UNO-Vollversammlung im September persönlich getroffen und vereinbart, einander zu besuchen. Im Zuge eines Normalisierungsprozesses war der israelischen Regierungschef ursprünglich für Anfang November zu einem Türkei-Besuch erwartet worden.

Israel: Hamas verstecken sich hinter zivilen Einrichtungen

Israel wirft der Hamas seit langem vor, ihre Kommandozentren, Waffenlager und Raketenabschussrampen gezielt in zivilen Einrichtungen wie Krankenhäusern und Schulen zu platzieren oder in Tunneln darunter - damit sie nicht aus der Luft bombardiert werden. Die USA, die Europäische Union und Israel stufen die Hamas als terroristische Gruppe ein.

Laut Hamas wurden bei einem israelischen Angriff auf eine von der UNO betriebene Schule im Gazastreifen mindestens zwölf Menschen getötet. Mehr als 54 weitere Menschen seien verletzt worden, erklärte das von der Hamas geleitete Gesundheitsministerium am Samstag. Es warf Israel einen "gezielten" Angriff auf die Al-Fakhoura-Schule im Flüchtlingslager Jabalia vor. Von israelischer Seite lag zunächst keine Stellungnahme dazu vor.

Mehr zum Thema:

undefined

🔴 Live-Updates

Gewaltspirale in Nahost: Die aktuellen Entwicklungen im Gazastreifen und Israel

Israels Armee ihrerseits berichtete am Samstag von Raketenalarm in einem Kibbuz nahe dem Gazastreifen. Zudem sei Raketenalarm auch im Norden ausgelöst worden. Es war zunächst unklar, woher der dortige Beschuss kam. Zuvor hatte die Armee aber Gefechte an der Grenze zum Libanon gemeldet. Israels Armee attackierte eigenen Angaben zufolge Terrorzellen im Libanon, die versucht hätten, Ziele in Israel anzugreifen. Das Militär habe zudem mehrere Raketenstarts aus dem Nachbarland registriert und die Orte des Beschusses angegriffen, wie die Armee auf Telegram mitteilte. Berichte über Verletzte gab es den Angaben nach zunächst nicht.

„Dutzende Terroristen“ bei Bodeneinsatz getötet

Im Gazastreifen tötete die israelische Armee nach eigenen Angaben bei einem weiteren Bodeneinsatz gegen die radikal-islamistische Palästinenser-Organisation Hamas "Dutzende Terroristen". Es habe am Vortag zahlreiche Versuche gegeben, die israelischen Truppen aus Tunnelschächten und militärischen Einrichtungen im nördlichen Gazastreifen anzugreifen, teilte die Armee am Samstagmorgen mit. Die Soldaten hätten Terroristen getötet, Waffen der Hamas gefunden und Tunnelschächte freigelegt, die für Terrorzwecke genutzt würden.

In der Nacht führte die israelische Armee zudem im südlichen Gazastreifen eine gezielte Razzia durch und sei auf eine Terrorzelle gestoßen. Das israelische Militär beschoss nach Angaben des Hamas-Radiosenders Al-Aksa darüber hinaus das Haus von Hamas-Chef Ismail Haniyeh. Dieser lebt seit 2019 nicht mehr im Gazastreifen und hält sich seitdem in der Türkei und in Katar auf.

Die US-Regierung rechnet einem Medienbericht zufolge in den nächsten Tagen mit einer neuen Phase in Israels Vorgehen gegen die Hamas-Terroristen im Gazastreifen. Der US-Sender CNN berichtete in der Nacht auf Samstag unter Berufung auf einen ranghohen Regierungsbeamten in Washington, man rechne mit einer Reduzierung der Luftangriffe und einem stärkeren "taktischen Fokus auf die Bodenkampagne". Dabei dürfte es dem zitierten Beamten zufolge darum gehen, das riesige Netz unterirdischer Tunnelkomplexe zu räumen, von denen aus die Hamas operiere.

Seit den groß angelegten Terrorangriffen der im Gazastreifen herrschenden Hamas Anfang Oktober mit 1400 Toten griff Israel eigenen Angaben zufolge mehr als 12.000 Ziele im Gazastreifen an. Inzwischen rücken auch Bodentruppen gegen Hamas-Terroristen und militärische Ziele vor. (APA/dpa/Reuters/AFP)