Innenpolitik

Zweiter Prozess gegen jungen IS-Anhänger im heurigen Jahr

Im Jänner in Wien zu teilbedingter Haft verurteilt
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Die Staatsanwaltschaft Wien hat beim Landesgericht für Strafsachen gegen einen 17-jährigen IS-Anhänger eine Anklage wegen terroristischer Vereinigung und versuchter schwerer Körperverletzung eingebracht. Ab 27. November wird gegen ihn verhandelt. Dabei war der Bursch erst Ende Jänner 2023 vom selben Gericht zu 21 Monaten teilbedingter Haft verurteilt worden. Er hatte sich als Propagandist für die radikal-islamistische Terror-Miliz "Islamischer Staat" (IS) betätigt.

Seit Oktober 2021 hatte der Bursch an seiner Schule Mitschülerinnen und Mitschülern IS-Videos mit Hinrichtungs- und Kampfszenen gezeigt. Einem Klassenkameraden ritzte er mit einem Messer den IS-Schriftzug auf ein Schulbuch. Er teilte über sein Handy einschlägiges Propagandamaterial und hieß den Terror-Anschlag von Wien gut, indem er in einer einschlägigen Chat-Gruppe erklärte, er hoffe, der Attentäter werde "von Allah angenommen". Gegen "Ungläubige" wetterte er: "Entweder wir schlachten sie oder wir werden Shuhada (Märtyrer, Anm.)."

Selbst einigen IS-Sympathisanten, mit denen der damals 15-Jährige im Austausch stand, war er zu radikal. Es kam immer wieder zu Spannungen in der Chat-Gruppe, weil der Schüler für einige Teilnehmer zu extreme Ansichten vertrat. Am 12. November 2021 kam es dann sogar zu einem Polizeieinsatz in der Schule des Burschen. Er war mit einem 24 Zentimeter langen Butterfly-Messer in die Klasse marschiert, hatte das Messer aufgeklappt und den Mitschülerinnen und Mitschülern präsentiert.

Kurze Zeit nach dem Prozess zu Jahresbeginn, bei der mit sieben Monaten ein Drittel der über ihn verhängten Strafe unbedingt ausgesprochen wurde, kam der Bursch unter Anrechnung der U-Haft auf freien Fuß. Er hatte sich immerhin seit Anfang August 2022 wegen Tatbegehungsgefahr im Gefängnis befunden, nachdem er in den Wochen vor seiner Festnahme immer wieder mit einer Machete spazieren gegangen war, an der deutlich sichtbar der IS-Schriftzug angebracht war. Außerdem hatte er in riesigen Lettern "Islamischer Staat" und das IS-Banner auf einen Pfeiler der Brigittenauer Brücke gesprüht.

Das Gericht erteilte dem jugendlichen IS-Anhänger im Urteilsausspruch die Weisungen, sich einem Deradikalisierungsprogramm zu unterziehen und jedweden Kontakt zu IS-Kreisen zu unterlassen. Der 17-Jährige erklärte sich damit zwar einverstanden, hielt aber offenkundig nicht sein Wort. Der mittlerweile rechtskräftigen neuen Anklageschrift zufolge tat er sich nämlich bereits im April - und damit gerade einmal drei Monate nach seiner Verurteilung - mit einem um ein Jahr älteren IS-Anhänger zusammen, um erneut einschlägiges Propagandamaterial, darunter Werbebroschüren für den IS und Rekrutierungsvideos zu verbreiten.

Am 19. Mai suchten die beiden die Wohnung der Freundin des 18-Jährigen in Wien-Favoriten auf - der Bursch war mit dem Mädchen offenbar bereits nach islamischem Recht verheiratet. Mit einem Luftdruckgewehr gingen sie ans Fenster und nahmen einen MA48-Mitarbeiter ins Visier, der auf einer Parkbank saß. Die Jugendlichen schossen auf den Mann, ein Projektil traf diesen am Oberschenkel. Neben terroristischer Vereinigung (§278b StGB) müssen die zwei daher im bevorstehenden, auf zwei Tage anberaumten Prozess, in dem sich der 18-Jährige vor einem Schöffensenat mitzuverantworten haben wird, auch wegen versuchter schwerer Körperverletzung gerade stehen.

Während der Ältere der beiden in U-Haft auf den Verhandlungsbeginn wartet, befindet sich der 17-Jährige in vorläufiger Anhaltung in einem forensisch-therapeutischen Zentrum. Grund dafür ist ein Kinder- und jugendpsychiatrisches Gutachten, das die Staatsanwaltschaft einholen hat lassen. Die beigezogene Sachverständige kommt zum Schluss, dass der Jugendliche zwar zurechnungsfähig ist, aber eine manifeste, schwere Persönlichkeitsstörung mit dissozialen Zügen aufweist. Was seine Einstellung zur Religion und zum IS betrifft, liege eine "fortgeschrittene Radikalisierung" vor. Nach Ansicht des Sachverständigen sind in diesem Fall aufgrund der Gefährlichkeit des 17-Jährigen die Voraussetzungen erfüllt, um diesen im Fall einer Verurteilung gemäß §21 Absatz 2 StGB zusätzlich in ein forensisch-therapeutisches Zentrum einzuweisen. Ohne die im Maßnahmenvollzug gewährleisteten haftbegleitenden therapeutischen Behandlungen sei die Wahrscheinlichkeit, dass der einschlägig Vorbestrafte neuerlich terroristische Straftaten begehen wird, "sehr hoch", warnt die Sachverständige in ihrem Gutachten.

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