Meisterkonzert

Ein höllisch guter Weckruf im November-Grau

Eine umwerfende Paarung. Solistin Christiane Karg und die „Kammerakademie Potsdam“ unter Chefdirigent Antonello Manacorda.
© Maria Scheunpflug

Bezaubernder Gesang, feuriger Beethoven: Das Meisterkonzert mit Sopranistin Christiane Karg und der „Kammerakademie Potsdam“.

Innsbruck – Wer mächtig Lust verspürt auf den Klang eines internationalen Spitzenorchesters, muss dafür als TirolerIn nicht zu Österreichs Promiadressen pilgern. Die Meisterkonzerte im Innsbrucker Congress brauchen den Vergleich nicht zu scheuen. Kühne These? Aber nein!

Die Kammerakademie Potsdam gastierte mit der umwerfenden Sopranistin Christiane Karg am Dienstagabend an besagter Konzertadresse am Inn. Exakt dieselbe Paarung konzertierte tags darauf 500 Kilometer weiter östlich im Großen Saal des Wiener Musikvereins (ja, das ist der goldene, der Hort des Neujahrskonzerts). Die (Musik-)Hauptstadt Wien segelte somit zumindest einen Tag lang im Windschatten des kleinen Innsbruck. Hurra!

Sein Kommen braucht niemand zu bereuen, weder hier vor Ort (und wohl auch nicht dort). Denn Orchester und Solistin beglücken das Publikum im Saal Tirol mit einem herausragenden Konzert.

Erster Höhepunkt ist der Liederzyklus „Les nuits d’été“ von Hector Berlióz. Hier nimmt Frau Karg mit ihrer bezaubernden Stimme die Zuhörerschaft binnen weniger Takte in Beschlag. Das schmerzlich Schöne des Lebens, die Pein eines Verlusts, einer verlorenen Liebe, das Himmelhochjauchzende: Selten kann man erleben, wie all diese (unsere) Empfindungen gesanglich dermaßen spürbar werden. Nach sechs Liedern ist dieser Zyklus leider aus. Noch viel länger hätte man der Interpretin gerne beide Ohren geliehen.

Aber auch ohne solistische Begleitung ist die Kammerakademie Potsdam natürlich ein formidables Kollektiv. Vorne steht Orchesterchef und Dirigent Antonello Manacorda. Wobei – er steht selten still. Mit großen Posen und weit ausholenden Bewegungen treibt er sein Team an. Vor lauter Verve kracht des Maestros Taktstab einmal gar auf ein Notenpult in Reihe 1.

Zum Aufwärmen erklingt Mendelssohn Bartholdys Ouvertüre zu „Ein Sommernachtstraum“ – ein herrlicher Weckruf an diesem grau-nassen Novemberabend.

Nach der Pause demonstrieren Chef und Orchester ihre außergewöhnliche Klasse. Beethovens 4. Sinfonie in B-Dur wird mit einer Leidenschaft vermittelt, die ihresgleichen sucht.

Manacorda hat die Partitur gar nicht erst dabei. Ohne jedes Back-up in Notenform dirigiert er das gesamte Werk auswendig, die Musik scheint durch ihn zu pulsieren. Einem Matador nicht ganz unähnlich, versetzt er der Luft so manchen energetischen Hieb (Blut fließt keines, hier enden die Parallelen). Die Potsdamer Gäste wirbeln durch die Vierte, deren Sätze 3 und 4 sie ohne jedes Innehalten zum großen Finale vereinen. Ein Höllentempo, höllisch gut.

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