Nicht jeder Delfin braucht Wasser
Mit harmlos anmutenden Tierbezeichnungen schickt sich der chinesische Autohersteller BYD an, zum weltgrößten Elektroautohersteller zu werden. Der kompakte Dolphin hat das Zeug zum Volumenmodell.
Innsbruck – Mit Rekordzahlen kann Build Your Dreams (BYD) aufwarten: Im Oktober verzeichnete der aufstrebende chinesische Autokonzern einen weltweiten Absatz von 301.833 Neufahrzeugen (vollelektrische Fahrzeuge und Plug-in-Hybride). Das entspricht einem Wachstum von 38,57 Prozent gegenüber dem Oktober 2022; nebenbei ist es BYD gelungen, zum ersten Mal mehr als 300.000 Autos innerhalb eines Monats zu verkaufen. Es werden noch mehr werden, denn BYD, bisher vor allem auf dem chinesischen Heimatmarkt rührig, hat die Fühler nach Europa ausgestreckt. Händler und Importeure sind gewonnen, dazu gibt es Überlegungen, eine eigene Produktionsstätte in Europa zu errichten – womöglich in Ungarn, wie die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung kürzlich berichtete.
Zunächst aber geht es BYD darum, dem Publikum die Marke vertraut zu machen und das hiesige Straßenbild mit entsprechenden Produkten zu bereichern. Gute Chancen, dies umzusetzen, hat der kürzlich am österreichischen Markt gestartete Dolphin – den 4,29 Meter langen Kompaktwagen verschlug es in den TT-Testwagen-Fuhrpark, bestückt mit einem 60,4-kWh-Lithium-Ionen-Akku, einem 204 PS starken Elektromotor (310 Nm Drehmoment) und der höherwertigen Design-Ausstattung.
Die Technik
Motor: Elektromotor
Reichweite (Test): ca. 330 km
Drehmoment: 310 Nm bei 0000 U/min
Leistung: 150 kW/204 PS
L/B/H: 4290/1770/1570 mm
Gewicht: 1658 kg
Kofferraumvolumen: 345–1310 l
Kapazität: 60,4 kWh
Höchstgeschwindigkeit: 160 km/h
0–100 km/h: 7,3 Sekunden
Verbrauch: 19 kWh
Kraftübertragung: Vorderradantrieb
Preis (inkl. Förderung): ab 25.980 Euro
CO2-Emission: 0 g/km
Überzeugt im Test
Der Ersteindruck im Stand war ein positiver: ein gefälliges Design mit auffälligen Felgen, ein gut verarbeitetes Interieur, hochwertige Bildschirme und ein Bordcomputer, der ganz stolz eine elektrische Reichweite von gut 430 Kilometern in Aussicht stellte. Dem stellten sich jedoch eher niedrige Herbsttemperaturen und die für E-Fahrzeuge nicht ganz so vorteilhafte Topograhie Tirols entgegen. Gleichwohl konnte sich der Dolphin mit einer Testreichweite von gut 330 Kilometern behaupten, darüber hinaus mit einem fair austarierten Fahrwerk. Mit dem Strom schwimmen, etwa auf der Autobahn (und ein wärmeres Umfeld), hätte dem Kompakten geholfen, mehr als 400 Kilometer zu schaffen.
Überaus kräftig agierte der Dolphin mit seinem Aggregat, gelegentlich waren die Vorderräder mit dem Kraftschluss sogar überfordert – etwa in der Steigung, verbunden mit Kurveneinschlag, Asphaltaufriss und Nässe. Zu dominant wirkte die Fahrerassistenz mit einem Übermaß an Gepiepse, Lenkrad-Gegenbewegungen und unpassenden Raser-Warnungen. Doch, so ist zu hören, BYD schaffe derzeit Abhilfe mit einem System-Update, das dem Dolphin einen wohldosierten Einsatz an Fahrerassistenz bescherte. Jedenfalls hat BYD mit dem Dolphin das vollelektrische Kompaktwagensegment bereichert – auch hinsichtlich des relativ günstigen Einstiegspreises von 25.980 Euro inklusive aller Förderungen – auch wenn es dafür einen schwächeren E-Motor und eine kleinere Batterie gibt. (hösch)