6. Runde der KV-Verhandlungen

Keine Einigung bei Metallern: Streiks haben begonnen, Gewerkschafter drohen mit Ausweitung

Der Chefverhandler Karl Dürtscher (GPA, li.) und Chefverhandler Reinhold Binder (PRO-GE, re.) nach erfolgloser 6. Runde der Metaller-KV-Verhandlungen.
© APA

Nach elf Stunden ist die sechste Runde der Lohnverhandlungen für die Metaller am Montagabend ohne Ergebnis zu Ende gegangen. Die Gewerkschaften wollen nun die Streiks deutlich ausweiten.

Wien – Nach dem Scheitern der sechsten Runde haben die ersten Frühschichten am Dienstag mit Streiks begonnen. Es sind die ersten Metallerstreiks seit 2018. Eine Ausweitung könnte etappenweise erfolgen, sagte der Arbeitnehmerverhandler von der Gewerkschaft PRO-GE, Reinhold Binder, im Ö1-„Morgenjournal". Ab Samstag sei man aber wieder verhandlungsbereit.

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„Ein Teuerungsausgleich ist das Mindeste", sagte Binder. In den Verhandlungen wird von einer rollierenden Inflation von 9,6 Prozent ausgegangen - das ist die durchschnittliche Inflation von September 2022 bis zum selben Monat heuer. Insgesamt lautet die Forderung der Arbeitnehmervertreter auf 11,6 Prozent. Binder betonte mehrmals, dass die Geschäfte in der Vergangenheit gut gelaufen sind. Wir kämpfen um das Geld, das bereits am Konto der Firmen angekommen ist."

Die Arbeitgeberseite wurde und wird hingegen nicht müde, auf die eingetrübte aktuelle Situation und die vorerst schwachen weiteren Aussichten in einer herrschenden Rezession hinzuweisen. Ihr nachgebessertes Angebot für Lohn- und Gehaltserhöhungen fiel den Arbeitnehmervertretern mit durchschnittlich sechs Prozent weiter deutlich zu gering aus, erklärten die Gewerkschaften am Montagabend.

Die Arbeitgeber würden mit dem Angebot „Sand in die Augen streuen", so Binder Dienstagfrüh. Diese sprechen von sechs Prozent plus einer Einmalzahlung von 1200 Euro netto. Das mache im Durchschnitt plus 8,2 Prozent und bei den untersten Einkommen bis zu 12 Prozent.

Weitere Streiks angedroht

Nun soll es bis 17. November vorerst in rund 200 Betrieben zu eintägigen Streiks kommen. Binder sagte, man schaue sich heute und am Mittwoch auch die KV-Gespräche weiterer Metallersparten – anderer Fachverbände, das „Hauptmatch" findet quasi in der Metalltechnischen Industrie mit 130.000 Mitarbeitenden statt – an. Das dortige Fortkommen wird das Vorgehen der Gewerkschaften mit beeinflussen.

Bei der deutschen Maschinenbaufirma Trumpf in Pasching in Oberösterreich mit dort insgesamt 830 Mitarbeitenden meldeten sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Frühschicht dienstbereit, traten aber in den Streik. Am Firmeneingang waren zwei Streikposten stationiert. Arbeiterbetriebsratschef Alfred Sacher sagte dem ORF-Radio: „Die Stimmung ist sehr verärgert. Die Leute haben sich von den gestrigen Verhandlungen einiges erwartet, sind mit den Aufbesserungen der Arbeitgeber nicht einverstanden. Sie werden die Arbeit heute nicht aufnehmen. Der Streik geht bis 22 Uhr."

Es ist absolut unfair der Arbeitgeber, Einmalzahlungen bei den Prozent anzurechnen. Das tun wir nicht.
Reinhold Binder, Chefverhandler (PRO-GE)

Dass die Zeichen gestern von vornherein auf Streik gestanden seien, stellte Binder im Ö1-Gespräch in Abrede. „Wir haben sehr intensiv verhandelt, versucht ein akzeptables Angebot zu bekommen." Dass dieses dann „3,6 Prozent(punkte, Anm.) unter der Teuerungsrate" ausgefallen sei, sei „unmöglich, unakzeptabel". „Es ist absolut unfair der Arbeitgeber, Einmalzahlungen bei den Prozent anzurechnen. Das tun wir nicht." Einmal mehr wiederholte Binder, dass Einmalzahlungen „nur der Schnittlauch aufs Butterbrot" sein könnten.

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Selber beharre man nicht auf 11,6 Prozent. Das sei eine faire Forderung aus rollierender Inflation und der guten wirtschaftlichen Phase der Vergangenheit.

Die Vertreter der Metalltechnische Industrie bezeichneten die Vorgangsweise der Gewerkschaften schon in der Nacht zum Dienstag als „verantwortungslos und unverhältnismäßig".

Experte: Arbeitgebervertreter müssten in „Nachleistung" gehen

Wifo-Experte Benjamin Bittschi hatte zuletzt erklärt, dass die Metaller-Arbeitgeber mit der Anwendung der Benya-Formel eigentlich gut bedient seien. Hier wird die rollierende Inflation plus eines Teils des gesamtwirtschaftlichen Produktivitätsanstiegs angewandt. Da der Produktivitätsfortschritt in der Herstellung von Waren größer ist als in der Gesamtwirtschaft, sei das potenziell ein Vorteil für die Wettbewerbssicherung.

Voriges Jahr hätte die Arbeitgeberseite von der Inflationsentwicklung profitiert. „Eigentlich müssten die Arbeitgeber jetzt zahlen, was sie letztes Jahr als Vorteil gehabt haben", sagte Bittschi kürzlich im APA-Gespräch. Die Arbeitnehmervertreter seien vor einem Jahr in „Vorleistung" gegangen, jetzt müssten die Arbeitgebervertreter in „Nachleistung" gehen, so der Wifo-Experte.

Immer wieder betont der Ökonom auch, dass ein Abschluss unter der Inflation den im kommenden Jahr erhofften Aufschwung abwürgen könnte. Denn bei den Aufschwunghoffnungen, spielt der private Konsum eine große Rolle. (TT.com, APA)

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