Über Playback-Affäre

Ex-Milli-Vanilli-Star: „Wir wurden den Wölfen vorgeworfen"

Fabrice „Fab" Morvan sieht sich als Sündenbock.
© BERTRAND GUAY

Über Playback-Affäre gestolperter Musiker Fabrice Morvan: „Wir waren die Sündenböcke und alle anderen haben sich vor ihrer Verantwortung gedrückt."

München – Mehr als 30 Jahre nach Bekanntwerden des Betrugsskandals um Milli Vanilli sieht der frühere Superstar Fabrice „Fab" Morvan sich als Sündenbock. „Wir wurden den Wölfen vorgeworfen. Wir waren gewissermaßen die Sündenböcke und alle anderen haben sich vor ihrer Verantwortung gedrückt", sagte der 57-Jährige im Interview der Deutschen Presse-Agentur.

„Als die Geschichte rauskam, haben alle ihren Mund gehalten – und konnten einfach weitermachen. Sie konnten die College-Gebühren für ihre Kinder bezahlen, ihre Hypotheken und sie sind die Karriereleiter hochgeklettert, weil sie mit einem sehr, sehr erfolgreichen Projekt verbunden waren. Aber Rob und Fab? Die wurden einfach vergessen und man hat schlecht über sie geredet. Sie wurden zur Pointe, sie wurden nicht mehr respektiert."

Einer der größten Musikskandale

Die Jugendfreunde Morvan und Robert „Rob" Pilatus hatten sich in München kennengelernt und ihre Anfänge als Clubtänzer in Discos wie dem P1. Als von Frank Farian produziertes Pop-Duo Milli Vanilli wurden sie Ende der 1980er-Jahre Superstars, ihr Discopop-Hit „Girl You Know It's True" verkaufte sich weltweit mehr als 30 Millionen Mal.

Ihr 1990 gewonnener Grammy wurde den beiden aberkannt, nachdem bekannt geworden war, dass sie nie selbst gesungen, sondern die Lippen zu den Stimmen anderer bewegt hatten. Der Skandal um die Band gilt als einer der größten Betrugsskandale in der Musikgeschichte.

Zum 35. Gründungs-Jahrestag der Band bringt Sony am Freitag ein Best-of-Album heraus, außerdem kommt im Dezember der Film „Girl You Know It's True" von Regisseur Simon Verhoeven ins Kino – mit Matthias Schweighöfer als Frank Farian.

🎬 Trailer | Girl You Know It's True

Die Leute, die mit ihnen gearbeitet haben, müssen Bescheid gewusst haben, meint Morvan heute. Farian, der Produzent, der andere singen und die beiden Burschen tanzen ließ, als Initiator sowieso. Aber auch Plattenfirma und Management in den USA, wo man nach Bekanntwerden des Skandals besonders hart mit den beiden jungen Männern ins Gericht gegangen sei.

„Ich habe heute noch einen Akzent, ich bin kein Amerikaner. Das ist offensichtlich. Und damals hatte ich ganz sicher einen französischen Akzent und Rob hatte einen bayerischen Akzent, was sogar noch krasser ist. Als wir damals in New York City landeten und uns mit den Führungsleuten zusammengesetzt haben, wussten sie Bescheid", so die Einschätzung Morvans.

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Wir haben einen Pakt mit dem Teufel geschlossen.
Robert „Rob" Pilatus

Dass das damals niemand hinterfragte – auch in den Medien nicht, das wundere ihn heute noch, sagt Morvan. „Wir haben einen Pakt mit dem Teufel geschlossen", sagte sein Freund Rob bei der viel beachteten Pressekonferenz des Duos nach Bekanntwerden des Skandals – wohl auch in Anlehnung an das ebenfalls nicht von ihnen gesungene Lied „Dance With The Devil". Morvan spricht heute von einer Liebe der Fans, Anerkennung und Aufmerksamkeit, nach denen beide junge Männer süchtig wurden, weil sie daheim nicht viel davon erfahren hatten.

Morvan arbeitet inzwischen als Sänger und Songschreiber und hat vier Kinder. Sein Freund Rob wurde nur 33 Jahre alt. Er starb 1998 und wurde auf dem Waldfriedhof in seiner Heimatstadt München beigesetzt. (APA/dpa)

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