Kultur Österreich

Jubel trotz Längen: Turrini-Uraufführung in der Josefstadt

Erwin Steinhauer und Herbert Föttinger in "Bis nächsten Freitag"
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"Männerschmerzen" hieß 1986 ein Kabarettstück von Uli Brée, das Männer in ihrer Selbstherrlichkeit und Erbärmlichkeit vorführte. Dieser Coup von einst kommt einem in den Sinn, wenn man im Theater in der Josefstadt Prinzipal Herbert Föttinger gemeinsam mit Erwin Steinhauer als zwei alt gewordene einstige Schulkameraden über das Leben und erlittene Schicksalsschläge räsonieren sieht. "Bis nächsten Freitag" heißt das Stück von Peter Turrini, das am Donnerstag uraufgeführt wurde.

Der Buchhändler Richard, von der Kellnerin liebevoll "Richie" genannt, hat Kontakt zu einem Internatskollegen von einst aufgenommen und wartet in seinem Stammlokal namens "Zur tschechischen Botschaft" auf ihn. Romanistik-Dozent Werner kommt tatsächlich, wenngleich mit drei akademischen Vierteln Verspätung. Die Wiederbegegnung verläuft in den ersten Minuten recht steif, denn Freunde waren die beiden heutigen Mittsechziger eigentlich nie, im Gegenteil: Der eine wurde als "dicker Jesus" verspottet und war lieber in der Bibliothek als am Sportplatz, der andere rühmt sich noch heute, die Frauen damals nicht verstanden, sondern gevögelt zu haben.

Zwei Rollen, in denen sich Steinhauer (als Richard) und Föttinger (als Werner) sehr wohl fühlen - zumal hinter den Fassaden bald Lebensdramen zum Vorschein kommen, in denen die tiefen ideologischen Gräben, die die beiden eigentlich trennen, kaum mehr eine Rolle spielen. Werners Krebsdiagnose und Richards Bekenntnis, seine Freundin habe ihn verlassen, bringt die beiden ganz nahe zusammen. Die Angst vor Krankheit und Alleinsein ist stärker als das Unverständnis zwischen Flüchtlingshelfer und Verschwörungstheoretiker.

Peter Turrini zeigt in "Bis nächsten Freitag" das, was ihn seit seinen ersten Stücken auszeichnete: seine tiefe Zuneigung zu den Menschen und seine umfassende Kenntnis ihrer Schwächen. Aber er gibt auch jenen, die ihn seit Jahrzehnten lieben und am Ende der Uraufführung beim Verbeugen bejubelten, einiges mit, das diese Liebe etwas erschwert. So hat das Stück, das nur Entwicklung, aber keine eigentliche Handlung hat, beim zweiten Treffen arge Durchhänger. Von Orban bis zur "Flinten-Uschi" wird vieles an kontroversen politischen Haltungen durchdekliniert, ohne Mehrwert zu schaffen. Die inklusive Pause zweieinhalbstündige Aufführung hätte so manchen Strich vertragen.

Regisseur Alexander Kubelka konzentrierte sich mehr darauf, jene Teile, die dem Stück über einen simplen Altmänner-Dialog hinaus eine metaphysische Dimension verschaffen, zu verstärken. Das beginnt beim Gasthaus-Setting, dessen interessant designte Deckenlampe zwischen Ufo, Pendel und Ringelspiel verschiedenste Funktionen und Assoziationen bedienen kann, und endet bei den Nebenfiguren, die im Gegensatz zu den sich immer mehr entäußernden Hauptfiguren allesamt Geheimnisse haben.

Da gibt es die schnippische Kellnerin Jana (Silvia Meisterle), die vom Leben und dem Ex-Gatten blau geschlagen wurde und dennoch etwas sehr Schönes entdeckt hat, das sie nicht preisgibt; das aus dem Waisenhaus abgehaute taubstumme Peterchen (Marcello De Nardo), das im Gastraum ständig präsent ist und dem Herrn Dozent von Anfang an sehr merkwürdig vorkommt, und schließlich ein kleinwüchsiges Brautpaar (Andrea Mühlbacher und Sascha Schicht), das im Gasthaus seine Liebe feiert und damit ein Chaos heraufbeschwört, das den Anfang vom Ende markiert.

Nein, es wird nichts wieder gut, da kann man noch so viel Leberknödelsuppe essen und Kozel-Bier trinken. Frohbotschaften hat Turrini weder der heutigen Gesellschaft noch den älteren und alten Männern im Publikum zu verkünden. Während der Buchhändler am Ende dem Freund und dem Stück abhanden kommt, lässt sich der Dozent widerwillig auf einen Tanz mit Peterchen ein. Dessen geschminktes Gesicht verrät: Es ist ein Totentanz.

(Von Wolfgang Huber-Lang/APA)

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