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Netanyahu bestätigte Fund einer Hamas-Zentrale unter Klinik

Netanyahu bestätigt Fund einer Hamas-Zentrale unter Klinik
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Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu hat US-Medien gegenüber den Fund einer unterirdischen Hamas-Kommandozentrale in der größten Klinik des Gazastreifens bestätigt. Die Armee habe im zweiten Untergeschoss des Shifa-Krankenhauses eine Kommando- und Kontrollzentrale gefunden, sagte er dem Radiosender NPR am Freitag. Terroristen seien vor der Ankunft der Soldaten aus der Klinik geflüchtet. Die Armee habe dort auch Waffen und Bomben entdeckt.

Israels Armee hatte zuvor mitgeteilt, bei ihrem Einsatz in dem Krankenhaus auch Kommando- und Kontrollzentren gefunden zu haben. Unklar war zunächst, ob es sich dabei auch um die unter dem Krankenhaus vermutete Hamas-Kommandozentrale handelte. Die Hamas bestreitet die Existenz eines solchen Stützpunkts unter der Klinik. Israel verbreite Lügen.

Das israelische Militär begründete sein umstrittenes Vorgehen im Gazastreifen mit vielen palästinensischen Opfern mit der Struktur der Hamas und ihren "kleinen Terrorzentralen" in zivilen Einrichtungen. So würden zum Beispiel in einem Krankenhauskomplex von mehreren Dutzend Gebäuden zwei oder drei als Terrorzentralen genutzt, dabei über mehrere Stockwerke verteilt "und dann natürlich unterirdisch" - und das "nicht in einem Krankenhaus, sondern in vielen Krankenhäusern", schilderte Armeesprecher Arye Shalicar die Lage im ZDF-"heute journal".

In den vergangenen Wochen seien aus dem Küstengebiet rund 10.000 Raketen auf Israel abgefeuert - und zwar nach wie vor aus zivilen Infrastrukturen wie Krankenhäusern, Moscheen und Schulen. Denn es gebe "im Gazastreifen nicht eine einzige Militärkaserne", sagte Shalicar. "Würden sie Raketen aus Militärkasernen schießen, dann wäre die Hamas an einem Tag schon zerstört." Die Verantwortung für zivile Opfer trage daher allein die Terrororganisation, so Shalicar.

Die israelischen Streitkräfte fanden eigenen Angaben zufolge in einem Kindergarten und einer Grundschule im Gazastreifen Waffen und Munition. Bei dem Einsatz im Norden des abgeriegelten Küstenstreifens seien Panzerbüchsen, Mörsergranaten und andere Waffen sichergestellt worden, teilte das Militär am Samstag auf X, ehemals Twitter, mit. "In Kindergärten sollten Spielsachen aufbewahrt werden, keine tödlichen Waffen", hieß es in der Mitteilung. In einem Video war ein Stapel Mörsergranaten zu sehen, auf einem Foto mehrere Panzerbüchsen, Sturmgewehre, Munition und Handgranaten.

Um ein Wiedererstarken von Terroristen zu verhindern, müsse nach dem Krieg im Gazastreifen auf absehbare Zeit die "militärische Gesamtverantwortung" für das palästinensische Küstengebiet bei Israel liegen, sagte Netanyahu dem Sender weiter. Er halte es dennoch nicht unbedingt für notwendig, Soldaten dort zu behalten. Es brauche im Gazastreifen zudem eine zivile Regierung. Diese müsse aber Terrorismus bekämpfen und dürfe sich nicht für die Zerstörung Israels aussprechen.

Der Golfstaat Bahrain forderte Israel und die islamistische Hamas zu einem Gefangenenaustausch auf. Die Hamas solle sofort die aus Israel entführten Kinder und Frauen freilassen, verlangte Kronprinz und Ministerpräsident Salman bin Hamad al-Chalifaam. Er glaube nicht, dass irgendeine arabische Führungspersönlichkeit die Hamas dazu bereits aufgefordert habe. Es sei deshalb Zeit für klare Worte.

Zugleich verlangte der Kronprinz von Israel, weibliche und minderjährige palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen zu entlassen. Dies sei notwendig, um den Konflikt und die "untragbare Situation" im Gazastreifen zu beenden. Bahrains Ministerpräsident verurteilte zugleich aufs Schärfste die "barbarischen" Anschläge vom 7. Oktober sowie die Luftangriffe auf den Gazastreifen, die zum Tod Tausender geführt hätten.

Die seit dem Großangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober andauernden Gefechte gingen auch in der Nacht auf Samstag weiter. Nach Angaben des palästinensischen Rettungsdienstes sind bei einem israelischen Angriff auf ein Gebäude in einem Flüchtlingslager in der Stadt Nablus im Westjordanland mindestens fünf Palästinenser getötet worden. Zwei weitere Menschen seien verletzt worden, teilt der Rote Halbmond mit.

Die palästinensische Nachrichtenagentur WAFA meldete, dass 26 Palästinenser - die Mehrheit Kinder - bei einem Bombardement der Stadt Chan Junis durch Israel getötet worden seien. Die israelischen Streitkräfte hatten die Einwohner der Stadt im Süden des Gazastreifens und die aus dem umkämpften Norden dorthin geflüchteten Palästinenser zuvor aufgefordert, Chan Junis in Richtung Westen zu verlassen.

Israels Generalstabschef Herzi Halevi hatte am Freitag eine Ausweitung der Einsätze im Gazastreifen angekündigt. "Wir sind kurz davor, das militärische System im nördlichen Gazastreifen zu zerschlagen (...) wir werden in anderen Gebieten weitermachen", sagte er bei einem Truppenbesuch.

Bisher konzentrierten sich Israels Bodentruppen in den vergangenen Wochen auf den nördlichen Teil des Gazastreifens. Experten gehen aber von einer möglichen Ausweitung der Einsätze auch im Süden aus. Dort kam es bereits immer wieder zu Luftangriffen.

Eine mögliche Bodenoffensive könnte die ohnehin verheerende humanitäre Situation noch weiter verschärfen. Knapp 1,6 der rund 2,2 Millionen Einwohner des Küstengebiets sind nach UNO-Angaben infolge der Kämpfe auf der Flucht. Ein Großteil der Vertriebenen hält sich im Süden des Küstengebiets auf. Israels Militär hatte Zivilisten zur Evakuierung des Nordens aufgerufen.

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