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Virtueller G20-Gipfel: Putin beklagt "Tragödie" in Ukraine

Der russische Machthaber Wladimir Putin hat beim virtuellen G20-Gipfel seine Bereitschaft zu einem Friedensschluss in seinem Eroberungskrieg gegen das Nachbarland Ukraine signalisiert. Es sei notwendig darüber nachzudenken, wie die "Tragödie" des Konflikts in der Ukraine beendet werden könnte, sagte Putin am Mittwoch. Russland habe sich jedenfalls nie geweigert, an Friedensverhandlungen teilzunehmen.

Immer wieder inszeniert der Kreml die Ukraine als ein angeblich von "Neonazis" geführtes Land und stellt den Machtwechsel, der 2014 auf proeuropäische Proteste in Kiew folgte, als vermeintlichen Auslöser für den Krieg dar. "Russland hat Friedensgesprächen mit der Ukraine nie eine Absage erteilt", behauptete Putin nun zudem. Die Ukraine hingegen verweigere sich Verhandlungen.

Tatsächlich hält Russland inklusive der bereits 2014 annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim derzeit rund ein Fünftel des ukrainischen Staatsgebietes besetzt. Für Kiew ist ein Rückzug der russischen Truppen eine Bedingung für dauerhaften Frieden. Das wiederum lehnt Moskau ab.

Putin lenkte bei seinem G20-Auftritt dann auf den Gaza-Konflikt über. Ob die Kollegen nicht erschüttert seien über die Ermordung der Zivilbevölkerung im Gazastreifen, fragte er etwa. Terroristen der Islamistenorganisation Hamas hatten am 7. Oktober Massaker in Israel verübt. Israels Militär flog daraufhin zahlreiche Luftangriffe auf den Gazastreifen und rückte mit Bodentruppen in das abgeriegelte Küstengebiet ein, um die Terrororganisation zu vernichten.

Putin machte die führenden westlichen Mächte für Teuerung und andere Probleme der Weltwirtschaft verantwortlich. Es seien Billionen US-Dollar und Euro in die Wirtschaft geflossen, teilweise auch zur Bekämpfung der Corona-Epidemie, sagte Putin laut Kreml-Mitschrift seiner Rede. Dies führe aber zu globaler Inflation, zu gestiegenen Preisen für Lebensmittel und Energie, unter denen vor allem die armen Länder litten. "Es sind nicht unsere Handlungen und unsere Versuche, Gerechtigkeit in der Ukraine zu erreichen, nein, es sind die Handlungen der größten Volkswirtschaften der Welt", sagte Putin.

Der wirtschaftliche Konkurrenzkampf werde mit unfairen Mitteln ausgetragen, beklagte der Kremlchef. Als solche nannte er die Unterbrechung von Verkehrs- und Logistikverbindungen, Sperren im Zahlungsverkehr - wohl mit Blick auf westliche Sanktionen. Obwohl diese eine Reaktion auf Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine sind, stellt Moskau sie stets als ungerechtfertigt dar.

Bei seinem G20-Auftritt verwies Putin zudem einmal mehr auf kostenlose russische Getreidelieferungen an die ärmsten Länder der Welt. Er ging jedoch nicht darauf ein, dass Russland insbesondere in den ersten Kriegsmonaten ukrainische Getreideexporte in großem Maße blockiert hatte. Zudem hat Moskau ein im Sommer 2022 geschlossenes Abkommen zur Ausfuhr von ukrainischem Getreide mittlerweile trotz internationalem Protest wieder ausgesetzt.

Putin sprach auch über verschiedene andere Themen und bezeichnete etwa die bisher ungeklärte Sprengung der Ostseepipeline Nord Stream 2022 als Staatsterrorismus. Zu den Beratungen der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer hatte das aktuelle Vorsitzland Indien geladen. Putins Sprecher Dmitri Peskow hatte im Vorfeld angekündigt, dass der Machthaber die russische Sicht auf den Stand der Welt darlegen werde.

Bei dem virtuellen Treffen sollen Themen des G20-Gipfels im September in der indischen Hauptstadt Neu-Delhi weiter vertieft werden, hieß es aus dem indischen Außenministerium. Auch der Konflikt in Gaza wird eine Rolle spielen. Wie die russische Invasion in der Ukraine zur Sprache kommen wird, schien zunächst unklar. Indien hat noch bis Monatsende den Vorsitz der führenden Industrie- und Schwellenländer. Anschließend übernimmt Brasilien die Präsidentschaft.

Bei dem G20-Gipfel im September hatte sich Putin noch durch Außenminister Sergej Lawrow vertreten lassen. Auch Chinas Präsident Xi Jinping war damals ferngeblieben - und wird am Mittwoch ebenfalls nicht teilnehmen. Dafür werde Ministerpräsident Li Qiang dabei sein, sagte eine Außenamtssprecherin in Peking. Die Weltlage sei turbulent und die Treiber für die Erholung der globalen Wirtschaft seien unzureichend. Die G20-Staaten sollten ihre Zusammenarbeit stärken. Eine gemeinsame Erklärung wird nicht erwartet, wie indische Medien berichteten.

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