Dementiert Vorwürfe: Forderungen nach Rücktritt prallen an Sobotka ab
Nach der am Mittwochabend abgehaltenen Sonderpräsidiale gibt es in Sobotkas Augen keine Notwendigkeit, zurückzutreten. Anders sieht das die Opposition. Auch Johannes Rauch (Grüne) legt ihm indirekt einen Rücktritt nahe.
Wien – Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) hat am Mittwochabend nach den Rücktrittsaufforderungen der Oppositionsfraktionen wegen der jüngst bekannt gewordenen Vorwürfe gegen ihn zu einer Sonderpräsidiale geladen. In der Sitzung habe Sobotka erklärt, dass die Vorwürfe nicht der Wahrheit entsprechen, sagte im Anschluss FPÖ-Abgeordnete Dagmar Belakowitsch. Sobotka verwies lediglich auf seinen Sprecher, der bereits zuvor die Darstellungen zurückgewiesen hatte.
Bei den Vorwürfen geht es darum, dass der vor kurzem aus dem Leben geschiedene Ex-Sektionschef Christian Pilnacek in privater Runde in einem Lokal darüber sprach, dass Sobotka ihm vorgeworfen habe, Ermittlungen nie abgedreht zu haben. Das Gespräch vom vergangenen Sommer wurde heimlich aufgenommen und in den vergangenen Tagen mehreren Medien zur Verfügung gestellt. Der Sprecher des Präsidenten hatte schon am Dienstag die Darstellung Pilnaceks zurückgewiesen.
📽️ Video | Statements nach der Sonderpräsidiale
Die Oppositionsfraktionen forderten dann Sobotka Mittwochfrüh in der Nationalratssitzung zum Rücktritt auf: Der Präsident müsste wissen, was zu tun sei, um Schaden von der Republik abzuwenden, sagte etwa der geschäftsführende SPÖ-Klubobmann Philip Kucher in der von ihm gestarteten Geschäftsordnungsdebatte am Vormittag. Während die ÖVP von einem „unwürdigen Schauspiel“ sprach, meldeten sich die Grünen nicht zu Wort. Zuvor hatte ÖVP-Chef Karl Nehammer Sobotka verteidigt: dieser habe sein „Vertrauen“. Am Abend legte Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) dann dem Präsidenten gegenüber der Kleinen Zeitung den Rücktritt zumindest indirekt nahe.
Ähnlich äußerte sich vor und nach der abendlichen Sonderpräsidiale die Grüne Generalsekretärin Olga Voglauer: „Wenn Sie mich fragen, ich würde zurücktreten“. Voglauer hatte schon zuvor erklärt, sie hätte an Stelle Sobotkas auch angesichts früherer Vorwürfe „schon längst den Hut genommen, um das Ansehen dieses hohen Amtes zu schützen“.
Sobotka verwies auf Sprecher
Sobotka selbst verwies nach der Präsidialsitzung lediglich auf seien Sprecher, der „alles gesagt“ habe. Dieser ließ bereits am Dienstag ausrichten, man werde sich „an einem solch pietätlosen Akt nicht beteiligen“, „wenn ein erst kürzlich, unter tragischen Umständen, verstorbener Mensch nun in die Öffentlichkeit gezerrt werden soll, um politisches Kleingeld zu schlagen“. Er hielt fest, „dass der Nationalratspräsident niemals mit Christian Pilnacek zu laufenden Verfahren, Ermittlungen oder Sicherstellungsanordnungen gesprochen hat“, sagte der Sprecher. Sobotka bleibe dementsprechend „natürlich bei dem, was er im Untersuchungsausschuss unter Wahrheitspflicht gesagt hat“. Pilnacek selbst habe das ja im Untersuchungsausschuss „und unter Wahrheitspflicht“ bestätigt.
Die Oppositionsfraktionen blieben nach der Sitzung bei ihrer Rücktrittsaufforderung. Kucher erklärte danach, Sobotka werde am Donnerstag eine „persönliche Erklärung“ abgeben. Aus Sobotkas Büro hieß es dazu, der Präsident werde lediglich im Plenum seine Sicht der Dinge noch einmal unterstreichen. Auch der stellvertretende NEOS-Klubchef Nikolaus Scherak gab neuerlich zu verstehen, dass die Opposition das Amt des Nationalratspräsidenten durch die Causa beschädigt sieht.
ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker unterstrich nach der Präsidiale die schon zuvor geäußerte Linie der Volkspartei. Zu einer von Justizministerin Alma Zadic (Grüne) angekündigten Untersuchungskommission äußerte er sich zurückhaltend: Auf die Koalition werde die Sache keine Auswirkungen haben, sagt er. (APA)
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