Krieg in Nahost

Gaza-Kämpfe halten an: Geiselfreilassung verzögert sich

Angehörige der Geiseln protestieren und bitten um deren Freilassung.
© AFP

US-Präsident Joe Biden hat Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu versichert, sich für die Freilassung aller von der islamistischen Hamas festgehaltenen Geiseln stark zu machen. Biden sprach außerdem mit Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi und dem katarischen Emir Tamim bin Hamad Al Thani.

Jerusalem – Angesichts einer Verzögerung bei der vereinbarten Waffenruhe und der Geiselfreilassung haben die Kämpfe im Gaza-Krieg angehalten. Palästinensische Medien berichteten von mindestens 15 Toten bei israelischen Luftangriffen auf die Stadt Khan Younis im Süden des Gazastreifens. Israel erklärte, die für Donnerstag erwartete Freilassung von Geiseln aus der Gewalt der radikal-islamischen Hamas, die mit der Feuerpause einhergehen sollte, werde sich mindestens bis Freitag verzögern.

Es müssten offenbar noch einige Details geklärt werden, sagte Energieminister Israel Katz, Mitglied des Sicherheitskabinetts, dem Armeerundfunk. Die Feuerpause sei aufgrund von Diskussionen „in letzter Minute" über die „Namen von israelischen Geiseln und die Modalitäten ihrer Übergabe" an eine dritte Partei verschoben worden, sagte der den Verhandlungen nahestehende Palästinenser-Vertreter, der anonym bleiben wollte, am Donnerstag der Nachrichtenagentur AFP.

📽️ Video | Gaza: Geiselfreilassung verzögert sich

Der genaue Zeitpunkt für den Beginn der Feuerpause in Gaza soll nach Angaben aus Katar in Kürze bekanntgegeben werden. „Die Uhrzeit für das Inkrafttreten der Feuerpause wird in ein paar Stunden bekanntgegeben", teilte Majid al-Ansari, Sprecher des katarischen Außenministeriums, am Donnerstag in der Früh mit. Die Gespräche unter Vermittlung Katars und Ägyptens würden „auf positive Weise" fortgesetzt, sagte Ansari. Katar arbeite mit Ägypten und den USA daran, dass die Feuerpause „schnell beginnt und dass alles ermöglicht wird, um sicherzustellen, dass sich beide Seiten der Vereinbarung verpflichten".

Die Verhandlungen über die Freilassung von Geiseln dauerten an, erklärte Sicherheitsberater Tzachi Hanegbi Mittwochabend. „Der Beginn der Freilassung wird gemäß der ursprünglichen Vereinbarung zwischen den beiden Seiten erfolgen, jedoch nicht vor Freitag." Das israelische Nachrichtenportal Ynet berichtete, die Regierung habe noch nicht die Namen der Geiseln erhalten, die von der Hamas freigelassen werden sollen. Die USA sprachen von letzten logistischen Details für die Freilassung, die noch ausgearbeitet würden. „Das läuft nach Plan, und wir hoffen, dass die Umsetzung am Freitagmorgen beginnen kann", sagte Präsidialamtssprecherin Adrienne Watson.

📽️ Video | Wildner (ORF) zur Lage der Geiseln in Gaza

Möglicherweise zweite Runde an Geiselfreilassungen

Die Vereinbarung, die angesichts der prekären Lage der Zivilbevölkerung im dicht besiedelten Gazastreifen auch Hilfslieferungen ermöglichen soll, war von Katar mit der Unterstützung Ägyptens und der USA vermittelt und am Mittwoch bekanntgegeben worden. Sie sieht eine viertägige Waffenruhe vor, in der 50 Frauen und Kinder freikommen sollen, die zu den rund 240 Geiseln gehören, die beim Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober in den Gazastreifen verschleppt worden waren. Unter den Geiseln sind auch zahlreiche Menschen mit ausländischer Staatsbürgerschaft. Im Austausch soll Israel 150 palästinensische Häftlinge freilassen. Israel zufolge kann die Waffenruhe verlängert werden, solange die Gaza-Extremisten mindestens zehn Geiseln pro Tag freilassen. Aus Palästinenser-Kreisen verlautete, dass in einer zweiten Runde bis zum Monatsende die Freilassung von bis zu 100 Geiseln möglich sei.

Die Kämpfe dauerten indes an. Auch aus anderen Teilen des Gazastreifens wie etwa Jabalia bei Gaza-Stadt im Norden und dem weiter südlich gelegenen Nuseirat wurden Angriffe gemeldet. Israel erklärte, seine Streitkräfte hätten im Laufe des vergangenen Tages mehr als 300 Hamas-Ziele aus der Luft angegriffen. In Israel gab es nahe der Grenze wieder Luftalarm, der vor Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen warnte. Berichte über Opfer oder Schäden gab es nicht.

Der Leiter des Al-Shifa-Krankenhauses im Gazastreifen wurde nach Angaben eines Arztes der Klinik am Donnerstag von israelischen Soldaten festgenommen. „Doktor Muhammad Abu Salmiya wurde zusammen mit mehreren anderen leitenden Ärzten festgenommen", sagte der Arzt und Abteilungsleiter Khalid Abu Samra. Seit rund einer Woche befindet sich die israelische Armee auf dem Gelände des Al-Shifa-Krankenhauses, unter dem sie eine Einsatzzentrale der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas vermutet. Am Sonntag erklärte die Armee, einen 55 Meter langen Tunnel in zehn Metern Tiefe unter der Klinik sowie ein Waffenlager gefunden zu haben.

Evakuierungen aus Shifa-Krankenhaus

Aus dem umkämpften Shifa-Krankenhaus wurden nach Angaben des Palästinensischen Roten Halbmonds weitere Patienten evakuiert. 14 Krankenwagen sowie zwei UNO-Busse hätten 190 Verletzte und Kranke, deren Begleiter und einige medizinische Mitarbeiter in Krankenhäuser in Khan Younis und Rafah im Süden des Gazastreifens gebracht, teilte die Hilfsorganisation am späten Mittwochabend mit. „Viele andere Verletzte und ihre Begleiter sind samt medizinischen Mitarbeitern noch im Krankenhaus."

Israel bekräftigte, nach der Waffenruhe an seinem Ziel einer Zerstörung der Hamas festzuhalten. „Wir werden den Krieg nicht beenden. Wir werden weitermachen, bis wir siegreich sind", sagte Generalstabschef Herzi Halevi in einem am Donnerstag vom Militär veröffentlichten Video vor Kommandanten. Auch die Hamas hatte angekündigt, weiter gegen Israel zu kämpfen. (APA/AFP/dpa)

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