Wifo-Chef fordert Pensionsreform ohne Tabus und Schnellschüsse
Gabriel Felbermayer will eine tabulose Diskussion über das Pensionssystem. Die Ausfallhaftung des Staates steigt.
Wien – Wie sicher ist das Pensionssystem? Und braucht es Reformen, um tragfähig zu bleiben? Diese Frage stellt sich nicht zuletzt angesichts jüngster Zahlen: In den kommenden Jahren steigen die Kosten stark an. Allein für das Budget 2024, das der Nationalrat vorige Woche beschlossen hat, rechnet Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) mit einem Anstieg der Pensionsausgaben – inklusive der für die Beamten – um vier Milliarden Euro auf 29,5 Milliarden Euro.
Gabriel Felbermayer, Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts Wifo, drängt angesichts dieser Zahlen auf ein Nachdenken über Reformen. Andernfalls drohe der finanzielle Spielraum für andere Vorhaben kleiner zu werden, warnte er am Sonntag in der ORF-„Pressestunde“. Felbermayer: „Je mehr uns die Pensionsdynamik davonläuft, desto weniger haben wir die Chance, die Abgabenlast runterzubringen.“
Die Pensionen finanzieren sich zum größten Teil aus den Beiträgen der aktiven Erwerbstätigen. Die Ausfallhaftung übernimmt der Bund. Aktuell beträgt der Beitrag aus dem Budget für die gesetzliche Pensionsversicherung knapp ein Viertel der gesamten Aufwendungen.
📽️ Video | Felbermayr (Wifo) zu Pensionsreform
Dieser Bedarf wird steigen. Zumindest erwartet das die sozialpartnerschaftlich besetzte Alterssicherungskommission. Das Gremium hat vorige Woche seine aktuelle Mittelfrist-Prognose vorgelegt. Inhalt ist der Zeitraum bis zum Jahr 2028. Vor allem in den Jahren bis 2025 ist ein starkes Plus zu erwarten. Ein Grund dafür sind die wegen der Inflation vergleichsweise hohen Pensionsanpassungen. Außerdem gehen derzeit viele „Babyboomer“ in Pension.
Ab 2025 sollte sich die Steigerungsrate auf ein „moderates Niveau“ einpendeln, wie es heißt. Das System profitiere dann davon, dass Frauen später in Pension gehen können. Deren Antrittsalter steigt bis 2033 von jetzt 60 auf dann 65 Jahre.
„Es wäre jetzt tatsächlich Zeit, grundlegend nachzudenken“, schlussfolgert Felbermayer. Ohne Tabus, angesichts der Komplexität und der existenziellen Bedeutung des Pensionssystems aber auch ohne „halbbackene Schnellschüsse“.
Einen Vorschlag macht der Experte auch selbst: Wenn die Lebenserwartung steigt, könnte sich das zum Teil auch im Pensionsalter niederschlagen. Viel gewonnen wäre auch schon, wenn man die Information über bestimmte Modelle verbessere, betonte Felbermayr. Als Beispiel nannte er die Korridorpension. (APA, sabl)